Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.Gebrauchs, klonos dagegen ist ein rein poetisches, also dem Der kretische Dialekt bietet uns die merkwürdigen Accu Gebrauchs, κλόνος dagegen ist ein rein poetisches, also dem Der kretische Dialekt bietet uns die merkwürdigen Accu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0060" n="52"/> Gebrauchs, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">κλόνος</foreign></hi> dagegen ist ein rein poetisches, also dem<lb/> Volke, das hier etymologisirt haben soll, gänzlich fremdes<lb/> Wort, das nur bei Homer häufiger, später aber gänzlich ver-<lb/> schollen ist. Das eine Wort liegt also dem andern so fern<lb/> wie möglich. Wollte man an Analogiebildung denken, so läge<lb/> z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">κόνις</foreign></hi> und <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">φρόνις</foreign></hi> viel näher. Ich möchte das indess<lb/> durchaus nicht vertreten, halte vielmehr den Ausfall des <hi rendition="#i">ϝ</hi><lb/> so gut wie in <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἔκομεν</foreign></hi> für <hi rendition="#i">ἔκοϝμεν</hi> (W. <hi rendition="#i">κοϝ</hi>) für einen rein laut-<lb/> lichen, was Grundz.⁵ 150 weiter erörtert ist. Die vereinzelte<lb/> Schreibung <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Ναϝπακτίον</foreign></hi> auf der altlokr. Inschrift (Cauer<hi rendition="#sup">2</hi> 229<lb/> Z. 40) neben dem regelmässigen <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Ναύπακτος</foreign></hi> zeigt, dass selbst<lb/> vor Consonanten zwischen <hi rendition="#i">υ</hi> und <hi rendition="#i">ϝ</hi> nach vorhergehendem Vocal<lb/> kein allzugrosser Unterschied war. Es scheint mir daher keine<lb/> allzukühne Annahme, dass aus dem vorauszusetzenden *<hi rendition="#i">κλοῦνις</hi><lb/> durch *<hi rendition="#i">κλόϝνις</hi> hindurch in derselben Weise <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">κλόνις</foreign></hi> wurde,<lb/> wie im hellenistischen Griechisch <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἀτοῦ</foreign></hi> aus <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">αὐτοῦ</foreign></hi>. Für <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἄλοξ</foreign></hi><lb/> neben <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">αὖλαξ</foreign></hi> bleibt dieselbe Deutung (Grundz.⁵ 566) mir noch<lb/> immer die wahrscheinlichste. Auch für absterbende und all-<lb/> mählich sich umgestaltende Laute unverbrüchliche Gesetze<lb/> heischen, heisst, glaube ich, das Wesen und die Biegsamkeit<lb/> der Sprache verkennen. Die Geschichte des <hi rendition="#i">ϝ</hi> liefert dazu<lb/> auch sonst reichliche Beispiele.</p><lb/> <p>Der kretische Dialekt bietet uns die merkwürdigen Accu<lb/> sative Plur. auf <hi rendition="#i">-νς</hi>. G. Meyer § 362 erkennt von diesen zwar<lb/> Formen wie <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">πρειγευτάνς</foreign></hi> aus der A-Declination als alterthüm-<lb/> liche Bildungen an, behauptet aber nach dem Vorgange von<lb/> Osthoff und andern mit einer den eignen Zweifel verrathenden<lb/> Emphase, dass die Formen der sogenannten 3. Declination,<lb/> z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">φοινίκανς</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἐμβαλλόντανς</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">στατήρανς</foreign></hi>, „nichts irgendwie<lb/> ursprüngliches“, sondern Analogiebildungen nach den eben er-<lb/> wähnten Accusativen der A-Declination wären. Man kann aber<lb/> schwerlich behaupten, dass die Feminina der A-Declination<lb/> den Masculinen der consonantischen irgendwie nahe stehen.<lb/> Es möchte sich überhaupt kaum ein entsprechender Fall nach-<lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0060]
Gebrauchs, κλόνος dagegen ist ein rein poetisches, also dem
Volke, das hier etymologisirt haben soll, gänzlich fremdes
Wort, das nur bei Homer häufiger, später aber gänzlich ver-
schollen ist. Das eine Wort liegt also dem andern so fern
wie möglich. Wollte man an Analogiebildung denken, so läge
z. B. κόνις und φρόνις viel näher. Ich möchte das indess
durchaus nicht vertreten, halte vielmehr den Ausfall des ϝ
so gut wie in ἔκομεν für ἔκοϝμεν (W. κοϝ) für einen rein laut-
lichen, was Grundz.⁵ 150 weiter erörtert ist. Die vereinzelte
Schreibung Ναϝπακτίον auf der altlokr. Inschrift (Cauer2 229
Z. 40) neben dem regelmässigen Ναύπακτος zeigt, dass selbst
vor Consonanten zwischen υ und ϝ nach vorhergehendem Vocal
kein allzugrosser Unterschied war. Es scheint mir daher keine
allzukühne Annahme, dass aus dem vorauszusetzenden *κλοῦνις
durch *κλόϝνις hindurch in derselben Weise κλόνις wurde,
wie im hellenistischen Griechisch ἀτοῦ aus αὐτοῦ. Für ἄλοξ
neben αὖλαξ bleibt dieselbe Deutung (Grundz.⁵ 566) mir noch
immer die wahrscheinlichste. Auch für absterbende und all-
mählich sich umgestaltende Laute unverbrüchliche Gesetze
heischen, heisst, glaube ich, das Wesen und die Biegsamkeit
der Sprache verkennen. Die Geschichte des ϝ liefert dazu
auch sonst reichliche Beispiele.
Der kretische Dialekt bietet uns die merkwürdigen Accu
sative Plur. auf -νς. G. Meyer § 362 erkennt von diesen zwar
Formen wie πρειγευτάνς aus der A-Declination als alterthüm-
liche Bildungen an, behauptet aber nach dem Vorgange von
Osthoff und andern mit einer den eignen Zweifel verrathenden
Emphase, dass die Formen der sogenannten 3. Declination,
z. B. φοινίκανς, ἐμβαλλόντανς, στατήρανς, „nichts irgendwie
ursprüngliches“, sondern Analogiebildungen nach den eben er-
wähnten Accusativen der A-Declination wären. Man kann aber
schwerlich behaupten, dass die Feminina der A-Declination
den Masculinen der consonantischen irgendwie nahe stehen.
Es möchte sich überhaupt kaum ein entsprechender Fall nach-
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