beruf aufgefaßt, galt schon für Unfreiheit, für eine "begränzte Sklaverei".
Die Pflege der Muße war eine öffentliche Angelegenheit. Für die Muße des Volks hat die Architektur die großartigsten Werke errichtet, die Theater, Stadien und Hippodrome, die parkartigen Gymnasien und die Marmorhallen an den Märkten, wo die Bürger zwischen Statuen und historischen Wandgemäl¬ den in traulichem Gespräche auf und nieder wandelten.
Auch die bildende Kunst konnte nichts Anmuthenderes dar¬ stellen, als den Genuß der Muße, sei es in den Gestalten der Olympier, der "leicht lebenden", welche in seliger Ruhe neben einander lagern, oder in der Gemeinschaft der Bürger an ihren großen Jahresfesten. In Satyrgestalten stellte sie die niedrige Art der Muße dar, das gedankenlose Hinträumen im Waldesschatten oder am plätschernden Brunnen, das dolce far niente des südlichen Naturmenschen, und die höhere Muße in der angelehnten Gestalt des Apollon, dessen Ausruhen nur die geistige Sammlung ist, welcher neue Lieder entkeimen.
Ja, die Muße ist der gesegnete Mutterschoß alles dessen, wodurch die Hellenen vorbildlich geworden sind; sie ist die nothwendige Voraussetzung ihrer Geistescultur, wie der Mar¬ mor für ihre Tempel. Aber auch in Griechenland war ein großer Unterschied nach Zeiten und Orten.
Viele Stämme sind immer auf dem Standpunkte eigen¬ händiger Landwirthschaft geblieben, wie die binnenländischen Peloponnesier. Bei Anderen machte sich der semitische Er¬ werbstrieb in vorherrschender Weise geltend; so namentlich in Korinth und Aigina. Die richtige Ausgleichung ist nur in Athen ernstlich erstrebt und eine Zeitlang einzig gelungen. Das zeigt schon Solon, der Kaufmann, Dichter, Philosoph und Gesetzgeber.
Im Leben der Athener ist aber keine größere Epoche ein¬ getreten, als die siegreiche Beendigung der Perserkriege, und zwar deshalb, weil sie, wie Aristoteles sagt, nach denselben "mehr Muße gewannen". Von dem Maß der Muße macht also der große Geschichtskenner die eigenthümliche Entwickelung
Arbeit und Muße.
beruf aufgefaßt, galt ſchon für Unfreiheit, für eine »begränzte Sklaverei«.
Die Pflege der Muße war eine öffentliche Angelegenheit. Für die Muße des Volks hat die Architektur die großartigſten Werke errichtet, die Theater, Stadien und Hippodrome, die parkartigen Gymnaſien und die Marmorhallen an den Märkten, wo die Bürger zwiſchen Statuen und hiſtoriſchen Wandgemäl¬ den in traulichem Geſpräche auf und nieder wandelten.
Auch die bildende Kunſt konnte nichts Anmuthenderes dar¬ ſtellen, als den Genuß der Muße, ſei es in den Geſtalten der Olympier, der »leicht lebenden«, welche in ſeliger Ruhe neben einander lagern, oder in der Gemeinſchaft der Bürger an ihren großen Jahresfeſten. In Satyrgeſtalten ſtellte ſie die niedrige Art der Muße dar, das gedankenloſe Hinträumen im Waldesſchatten oder am plätſchernden Brunnen, das dolce far niente des ſüdlichen Naturmenſchen, und die höhere Muße in der angelehnten Geſtalt des Apollon, deſſen Ausruhen nur die geiſtige Sammlung iſt, welcher neue Lieder entkeimen.
Ja, die Muße iſt der geſegnete Mutterſchoß alles deſſen, wodurch die Hellenen vorbildlich geworden ſind; ſie iſt die nothwendige Vorausſetzung ihrer Geiſtescultur, wie der Mar¬ mor für ihre Tempel. Aber auch in Griechenland war ein großer Unterſchied nach Zeiten und Orten.
Viele Stämme ſind immer auf dem Standpunkte eigen¬ händiger Landwirthſchaft geblieben, wie die binnenländiſchen Peloponneſier. Bei Anderen machte ſich der ſemitiſche Er¬ werbstrieb in vorherrſchender Weiſe geltend; ſo namentlich in Korinth und Aigina. Die richtige Ausgleichung iſt nur in Athen ernſtlich erſtrebt und eine Zeitlang einzig gelungen. Das zeigt ſchon Solon, der Kaufmann, Dichter, Philoſoph und Geſetzgeber.
Im Leben der Athener iſt aber keine größere Epoche ein¬ getreten, als die ſiegreiche Beendigung der Perſerkriege, und zwar deshalb, weil ſie, wie Ariſtoteles ſagt, nach denſelben »mehr Muße gewannen«. Von dem Maß der Muße macht alſo der große Geſchichtskenner die eigenthümliche Entwickelung
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Arbeit und Muße.
beruf aufgefaßt, galt ſchon für Unfreiheit, für eine »begränzte
Sklaverei«.
Die Pflege der Muße war eine öffentliche Angelegenheit.
Für die Muße des Volks hat die Architektur die großartigſten
Werke errichtet, die Theater, Stadien und Hippodrome, die
parkartigen Gymnaſien und die Marmorhallen an den Märkten,
wo die Bürger zwiſchen Statuen und hiſtoriſchen Wandgemäl¬
den in traulichem Geſpräche auf und nieder wandelten.
Auch die bildende Kunſt konnte nichts Anmuthenderes dar¬
ſtellen, als den Genuß der Muße, ſei es in den Geſtalten der
Olympier, der »leicht lebenden«, welche in ſeliger Ruhe neben
einander lagern, oder in der Gemeinſchaft der Bürger an
ihren großen Jahresfeſten. In Satyrgeſtalten ſtellte ſie die
niedrige Art der Muße dar, das gedankenloſe Hinträumen im
Waldesſchatten oder am plätſchernden Brunnen, das dolce far
niente des ſüdlichen Naturmenſchen, und die höhere Muße in
der angelehnten Geſtalt des Apollon, deſſen Ausruhen nur die
geiſtige Sammlung iſt, welcher neue Lieder entkeimen.
Ja, die Muße iſt der geſegnete Mutterſchoß alles deſſen,
wodurch die Hellenen vorbildlich geworden ſind; ſie iſt die
nothwendige Vorausſetzung ihrer Geiſtescultur, wie der Mar¬
mor für ihre Tempel. Aber auch in Griechenland war ein
großer Unterſchied nach Zeiten und Orten.
Viele Stämme ſind immer auf dem Standpunkte eigen¬
händiger Landwirthſchaft geblieben, wie die binnenländiſchen
Peloponneſier. Bei Anderen machte ſich der ſemitiſche Er¬
werbstrieb in vorherrſchender Weiſe geltend; ſo namentlich in
Korinth und Aigina. Die richtige Ausgleichung iſt nur in
Athen ernſtlich erſtrebt und eine Zeitlang einzig gelungen.
Das zeigt ſchon Solon, der Kaufmann, Dichter, Philoſoph
und Geſetzgeber.
Im Leben der Athener iſt aber keine größere Epoche ein¬
getreten, als die ſiegreiche Beendigung der Perſerkriege, und
zwar deshalb, weil ſie, wie Ariſtoteles ſagt, nach denſelben
»mehr Muße gewannen«. Von dem Maß der Muße macht
alſo der große Geſchichtskenner die eigenthümliche Entwickelung
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Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_alterthum01_1875/170>, abgerufen am 22.07.2024.
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