Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.Kunstsammlungen, ihre Geschichte und ihre Bestimmung. Friedrich den Großen nach dem sogenannten Antikentempel inPotsdam und bald erfolgte durch denselben König eine gro߬ artige Vermehrung, namentlich durch Ankauf der Polignac'schen Sammlung, welche aus der Fundstätte des Neronischen Pa¬ lastes und aus Tusculum stammte. Diese Stiftungen und Erwerbungen standen sämmtlich Nach Winckelmann ist es anders geworden. Rom ist nicht In Rom, wo man zum größten Theile nur heimathlose In Deutschland war man auf einen bescheidneren Ma߬ Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung. Friedrich den Großen nach dem ſogenannten Antikentempel inPotsdam und bald erfolgte durch denſelben König eine gro߬ artige Vermehrung, namentlich durch Ankauf der Polignac'ſchen Sammlung, welche aus der Fundſtätte des Neroniſchen Pa¬ laſtes und aus Tusculum ſtammte. Dieſe Stiftungen und Erwerbungen ſtanden ſämmtlich Nach Winckelmann iſt es anders geworden. Rom iſt nicht In Rom, wo man zum größten Theile nur heimathloſe In Deutſchland war man auf einen beſcheidneren Ma߬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="109"/><fw place="top" type="header">Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung.<lb/></fw> Friedrich den Großen nach dem ſogenannten Antikentempel in<lb/> Potsdam und bald erfolgte durch denſelben König eine gro߬<lb/> artige Vermehrung, namentlich durch Ankauf der Polignac'ſchen<lb/> Sammlung, welche aus der Fundſtätte des Neroniſchen Pa¬<lb/> laſtes und aus Tusculum ſtammte.</p><lb/> <p>Dieſe Stiftungen und Erwerbungen ſtanden ſämmtlich<lb/> unter römiſchem Einfluſſe; es waren Broſamen, welche von<lb/> den vollen Tiſchen der Römer gelegentlich abfielen.</p><lb/> <p>Nach Winckelmann iſt es anders geworden. Rom iſt nicht<lb/> das Centrum geblieben, weder als Fundort noch als Sitz der<lb/> Autorität. Die großgriechiſche Kunſtwelt wurde unter Lava<lb/> und Aſche hervorgezogen; Hellas und Kleinaſien, die Heimath<lb/> der Antike, wurden wieder entdeckt, und ſeit dieſer Epoche<lb/> haben die Kunſtmuſeen eine ganz andere Bedeutung erlangt.</p><lb/> <p>In Rom, wo man zum größten Theile nur heimathloſe<lb/> Bildwerke hatte, mußte der äſthetiſche Geſichtspunkt vorherrſchen.<lb/> Nur eine Auswahl erkannte der Vatikan als hoffähig an;<lb/> tadelloſe Schauſtücke ſo glänzend wie möglich aufzuſtellen war<lb/> der maßgebende Geſichtspunkt. Jetzt empfing man die Kunſt¬<lb/> werke aus dem mütterlichen Boden und nun trat <hi rendition="#g">der</hi> Staat<lb/> in Vortheil, welcher mit allen anderen Küſten auch die des<lb/> Mittelmeers beherrſchte. Darum hat ſich in der von Rom<lb/> unabhängigen Richtung kein Muſeum ſo raſch und glänzend<lb/> entwickelt wie das 1753 geſtiftete und 1759 eröffnete britiſche<lb/> Muſeum. Da ſind Aegypten und Meſopotamien, Attika, Karien<lb/> und Ionien, Rhodos, Kyrene durch ganze Gruppen einheimi¬<lb/> ſcher Kunſt- und Schriftdenkmäler vertreten. Man geht in<lb/> ſeinen Sälen von einer Landſchaft, von einer Stadt zur an¬<lb/> dern; man ſchaut der Vergangenheit klar in das Auge. Es<lb/> iſt das großartigſte hiſtoriſche Muſeum der Welt.</p><lb/> <p>In Deutſchland war man auf einen beſcheidneren Ma߬<lb/> ſtab angewieſen. Was aber durch kluge Benutzung der Um¬<lb/> ſtände im vorigen Jahrhundert noch geleiſtet werden konnte,<lb/> zeigen die Dresdener Sammlungen, und in ihrer Art noch<lb/> bewunderungswürdiger iſt diejenige Sammlung, deren Grün¬<lb/> dung ſich an den erſten römiſchen Aufenthalt des Königs<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0125]
Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung.
Friedrich den Großen nach dem ſogenannten Antikentempel in
Potsdam und bald erfolgte durch denſelben König eine gro߬
artige Vermehrung, namentlich durch Ankauf der Polignac'ſchen
Sammlung, welche aus der Fundſtätte des Neroniſchen Pa¬
laſtes und aus Tusculum ſtammte.
Dieſe Stiftungen und Erwerbungen ſtanden ſämmtlich
unter römiſchem Einfluſſe; es waren Broſamen, welche von
den vollen Tiſchen der Römer gelegentlich abfielen.
Nach Winckelmann iſt es anders geworden. Rom iſt nicht
das Centrum geblieben, weder als Fundort noch als Sitz der
Autorität. Die großgriechiſche Kunſtwelt wurde unter Lava
und Aſche hervorgezogen; Hellas und Kleinaſien, die Heimath
der Antike, wurden wieder entdeckt, und ſeit dieſer Epoche
haben die Kunſtmuſeen eine ganz andere Bedeutung erlangt.
In Rom, wo man zum größten Theile nur heimathloſe
Bildwerke hatte, mußte der äſthetiſche Geſichtspunkt vorherrſchen.
Nur eine Auswahl erkannte der Vatikan als hoffähig an;
tadelloſe Schauſtücke ſo glänzend wie möglich aufzuſtellen war
der maßgebende Geſichtspunkt. Jetzt empfing man die Kunſt¬
werke aus dem mütterlichen Boden und nun trat der Staat
in Vortheil, welcher mit allen anderen Küſten auch die des
Mittelmeers beherrſchte. Darum hat ſich in der von Rom
unabhängigen Richtung kein Muſeum ſo raſch und glänzend
entwickelt wie das 1753 geſtiftete und 1759 eröffnete britiſche
Muſeum. Da ſind Aegypten und Meſopotamien, Attika, Karien
und Ionien, Rhodos, Kyrene durch ganze Gruppen einheimi¬
ſcher Kunſt- und Schriftdenkmäler vertreten. Man geht in
ſeinen Sälen von einer Landſchaft, von einer Stadt zur an¬
dern; man ſchaut der Vergangenheit klar in das Auge. Es
iſt das großartigſte hiſtoriſche Muſeum der Welt.
In Deutſchland war man auf einen beſcheidneren Ma߬
ſtab angewieſen. Was aber durch kluge Benutzung der Um¬
ſtände im vorigen Jahrhundert noch geleiſtet werden konnte,
zeigen die Dresdener Sammlungen, und in ihrer Art noch
bewunderungswürdiger iſt diejenige Sammlung, deren Grün¬
dung ſich an den erſten römiſchen Aufenthalt des Königs
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