Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.Kunstsammlungen, ihre Geschichte und ihre Bestimmung. zählt vom Cardinal Albani, daß er sich, wenn er von einerneuen Fundstätte gehört, rasch in vollen Ornat geworfen und an den Platz begeben habe, wo die Leute, von seiner Er¬ scheinung verwirrt, ihm dies oder jenes überlassen hätten, für das er ihnen in den nächsten Tagen so viel, als ihm gut dünkte, gegeben habe. Unerschöpflich erwies sich der Boden, und wenn Poggio seiner Zeit sechs Statuen kannte, die sich in Rom erhalten hätten, glaubte man 1787 daselbst ebensoviel Statuen als Menschen zählen zu dürfen. Man betrachtete das Sammeln von Kunstwerken, in wel¬ Als das erste Breve dieses Inhalts 1524 erlassen wurde, Im Berliner Schlosse hatte der Große Kurfürst die erste Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung. zählt vom Cardinal Albani, daß er ſich, wenn er von einerneuen Fundſtätte gehört, raſch in vollen Ornat geworfen und an den Platz begeben habe, wo die Leute, von ſeiner Er¬ ſcheinung verwirrt, ihm dies oder jenes überlaſſen hätten, für das er ihnen in den nächſten Tagen ſo viel, als ihm gut dünkte, gegeben habe. Unerſchöpflich erwies ſich der Boden, und wenn Poggio ſeiner Zeit ſechs Statuen kannte, die ſich in Rom erhalten hätten, glaubte man 1787 daſelbſt ebenſoviel Statuen als Menſchen zählen zu dürfen. Man betrachtete das Sammeln von Kunſtwerken, in wel¬ Als das erſte Breve dieſes Inhalts 1524 erlaſſen wurde, Im Berliner Schloſſe hatte der Große Kurfürſt die erſte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124" n="108"/><fw place="top" type="header">Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung.<lb/></fw>zählt vom Cardinal Albani, daß er ſich, wenn er von einer<lb/> neuen Fundſtätte gehört, raſch in vollen Ornat geworfen und<lb/> an den Platz begeben habe, wo die Leute, von ſeiner Er¬<lb/> ſcheinung verwirrt, ihm dies oder jenes überlaſſen hätten, für<lb/> das er ihnen in den nächſten Tagen ſo viel, als ihm gut<lb/> dünkte, gegeben habe. Unerſchöpflich erwies ſich der Boden,<lb/> und wenn Poggio ſeiner Zeit ſechs Statuen kannte, die ſich<lb/> in Rom erhalten hätten, glaubte man 1787 daſelbſt ebenſoviel<lb/> Statuen als Menſchen zählen zu dürfen.</p><lb/> <p>Man betrachtete das Sammeln von Kunſtwerken, in wel¬<lb/> chem nun das Staatsoberhaupt mit den reichen Bürgern wett¬<lb/> eiferte, als eine rein römiſche Angelegenheit, die Betheiligung<lb/> Fremder als eine Anmaßung; ja es galt für Hochverrath,<lb/> wenn Jemand daran denken ſollte, antike Bildwerke in das<lb/> Rebelland nordiſcher Barbaren zu ſchleppen oder zu verhandeln.</p><lb/> <p>Als das erſte Breve dieſes Inhalts 1524 erlaſſen wurde,<lb/> hatte das Beiſpiel der Mediceer ſchon jenſeit der Alpen ge¬<lb/> wirkt, zunächſt bei den romaniſchen Fürſten, welche am we¬<lb/> nigſten als Barbaren zurückſtehen wollten. Franz <hi rendition="#aq">I</hi>. benutzte<lb/> Primaticcio und Benvenuto Cellini zu großartigen Ankäufen;<lb/> Heinrich <hi rendition="#aq">II</hi>. folgte. Als Vaſari nach Fontainebleau kam,<lb/> glaubte er ſich nach Rom verſetzt. In Spanien begann man<lb/> unter Carl <hi rendition="#aq">V</hi>., beſonders aber war es Philipp <hi rendition="#aq">IV</hi>., der Aran¬<lb/> juez ausſtattete. Zu Winckelmann's Zeit wurden die Nord¬<lb/> länder mehr und mehr in das Kunſtintereſſe hereingezogen<lb/> und von den deutſchen Fürſten benutzten nicht wenige einen<lb/> römiſchen Aufenthalt zu Erwerbungen. So entſtanden die<lb/> Muſeen in den Schlöſſern von Gotha, Caſſel, Wörlitz, Arolſen.</p><lb/> <p>Im Berliner Schloſſe hatte der Große Kurfürſt die erſte<lb/> namhafte Sammlung zu Stande gebracht und mitten unter<lb/> den harten Sorgen für des Staats ungefährdeten Beſtand<lb/> dieſelbe ſeiner beſonderen Aufmerkſamkeit würdig gehalten.<lb/> Er nahm zu ihrer Verwaltung und Bearbeitung den pfälziſchen<lb/> Bibliothekar Lorenz Beger in ſeine Dienſte, durch den die<lb/> erſte wiſſenſchaftliche Veröffentlichung eines deutſchen Kunſt¬<lb/> muſeums zu Stande kam. 1776 kamen die Alterthümer durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0124]
Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung.
zählt vom Cardinal Albani, daß er ſich, wenn er von einer
neuen Fundſtätte gehört, raſch in vollen Ornat geworfen und
an den Platz begeben habe, wo die Leute, von ſeiner Er¬
ſcheinung verwirrt, ihm dies oder jenes überlaſſen hätten, für
das er ihnen in den nächſten Tagen ſo viel, als ihm gut
dünkte, gegeben habe. Unerſchöpflich erwies ſich der Boden,
und wenn Poggio ſeiner Zeit ſechs Statuen kannte, die ſich
in Rom erhalten hätten, glaubte man 1787 daſelbſt ebenſoviel
Statuen als Menſchen zählen zu dürfen.
Man betrachtete das Sammeln von Kunſtwerken, in wel¬
chem nun das Staatsoberhaupt mit den reichen Bürgern wett¬
eiferte, als eine rein römiſche Angelegenheit, die Betheiligung
Fremder als eine Anmaßung; ja es galt für Hochverrath,
wenn Jemand daran denken ſollte, antike Bildwerke in das
Rebelland nordiſcher Barbaren zu ſchleppen oder zu verhandeln.
Als das erſte Breve dieſes Inhalts 1524 erlaſſen wurde,
hatte das Beiſpiel der Mediceer ſchon jenſeit der Alpen ge¬
wirkt, zunächſt bei den romaniſchen Fürſten, welche am we¬
nigſten als Barbaren zurückſtehen wollten. Franz I. benutzte
Primaticcio und Benvenuto Cellini zu großartigen Ankäufen;
Heinrich II. folgte. Als Vaſari nach Fontainebleau kam,
glaubte er ſich nach Rom verſetzt. In Spanien begann man
unter Carl V., beſonders aber war es Philipp IV., der Aran¬
juez ausſtattete. Zu Winckelmann's Zeit wurden die Nord¬
länder mehr und mehr in das Kunſtintereſſe hereingezogen
und von den deutſchen Fürſten benutzten nicht wenige einen
römiſchen Aufenthalt zu Erwerbungen. So entſtanden die
Muſeen in den Schlöſſern von Gotha, Caſſel, Wörlitz, Arolſen.
Im Berliner Schloſſe hatte der Große Kurfürſt die erſte
namhafte Sammlung zu Stande gebracht und mitten unter
den harten Sorgen für des Staats ungefährdeten Beſtand
dieſelbe ſeiner beſonderen Aufmerkſamkeit würdig gehalten.
Er nahm zu ihrer Verwaltung und Bearbeitung den pfälziſchen
Bibliothekar Lorenz Beger in ſeine Dienſte, durch den die
erſte wiſſenſchaftliche Veröffentlichung eines deutſchen Kunſt¬
muſeums zu Stande kam. 1776 kamen die Alterthümer durch
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