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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die funffzehende Predigt/
mir aber keinen Zweifel/ es werden hin und wieder auch noch man-
che ehrliebende und gewissenhaffte Prediger gefunden werden/ die
es am Gebet und schuldigem Amifleisse nicht ermangeln lassen/ wel-
che gewiß/ wenn erscheinen wird der Ertzhirte/ die unver-

1. Petr. 5, 4.welckliche Krone der Ehren empfahen werden/ 1. Petr. 5. v. 4.
Aber wenn es geht an ein Klagen über die lieben Pr[e]diger/ so saget
man gemeiniglich von einem/ und dem andern nicht. Haben
sie irgend aus menschlicher Schwachheit gestrauchelt/ oder etwas in
ihrem Ampte versehen/ (wie denn alles in diesem gebrechlichen Le-
ben/ so gar schnurgleich nicht kan daher gehen) so weiß es fast ieder-
man hoch auffzumutzen: Da pflegen die Leute davon zu singen und
zusagen/ da muß der Pfarrer einem ieglichen Splitterrichter über
die Zunge springen/ und sich von ihnen durch die praedicamenta zie-
hen lassen. Davon sagt iederman gerne. Wie denn ohne das/ an
ma[n]chem Orte selten ein Gastmahl gehalten/ oder vollbracht wird/
bey welchem nicht eine und die andere Geschicht/ oder etzliche Mähr-
lein von den Predigern erzehlet werden/ damit man die Gäste pflegt
frölich zu machen/ auch sich selbst über die massen wol zubekützeln:
Welches itzo an seinen Orth gestellet wird/ wiewohl es GOtt nicht
will ungestrafft lassen. Was ist aber das Andert/ welches die
listigen Welt Füchse übergehen? Antwort; Es ist der Punct von Er-
nehrung der Prediger. Sie hören offt/ daß ein Arbeiter seines
Luc. 10, 7.
1. Tim. 5, 18.
Gal. 6, 6.
Sir.
7, 33.
Lohns werth ist/ Luc. 10. v. 7. 1. Tim. 5. v 18. und daß der jenige/
der unterrichtet wird mit dem Wort/ allerley Guts soll mit-
theilen dem/ der ihn unterrichtet/
Gal. 6. v. 6. Ja daß man dem
Priester soll sein Theil geben/
Sir. 7. v. 33. Aber sie schweigen
davon gantz stille/ bedencken auch nicht/ daß die meisten Prediger itzi-
ger Zeit keine Besoldung kriegen/ welche ihnen zuweilen wol gar
vorsetzlich wird vorgehalten/ und von manchem Vnmenschen ver-
schwendet/ der seinem Seelsorger das Seinige heimlich abzwacket/
und solches/ (will dißmahl nicht sagen/ in was für einem garstigen
Winckel) verpancketiret. Noch wollen etzliche bey solchem Zustan-

de im-

Die funffzehende Predigt/
mir aber keinen Zweifel/ es werden hin und wieder auch noch man-
che ehrliebende und gewiſſenhaffte Prediger gefunden werden/ die
es am Gebet und ſchuldigem Amifleiſſe nicht ermangeln laſſen/ wel-
che gewiß/ wenn erſcheinen wird der Ertzhirte/ die unver-

1. Petr. 5, 4.welckliche Krone der Ehren empfahen werden/ 1. Petr. 5. v. 4.
Aber wenn es geht an ein Klagen uͤber die lieben Pr[e]diger/ ſo ſaget
man gemeiniglich von einem/ und dem andern nicht. Haben
ſie irgend aus menſchlicher Schwachheit geſtrauchelt/ oder etwas in
ihrem Ampte verſehen/ (wie denn alles in dieſem gebrechlichen Le-
ben/ ſo gar ſchnurgleich nicht kan daher gehen) ſo weiß es faſt ieder-
man hoch auffzumutzen: Da pflegen die Leute davon zu ſingen und
zuſagen/ da muß der Pfarrer einem ieglichen Splitterrichter uͤber
die Zunge ſpringen/ und ſich von ihnen durch die prædicamenta zie-
hen laſſen. Davon ſagt iederman gerne. Wie denn ohne das/ an
ma[n]chem Orte ſelten ein Gaſtmahl gehalten/ oder vollbracht wird/
bey welchem nicht eine und die andere Geſchicht/ oder etzliche Maͤhr-
lein von den Predigern erzehlet werden/ damit man die Gaͤſte pflegt
froͤlich zu machen/ auch ſich ſelbſt uͤber die maſſen wol zubekuͤtzeln:
Welches itzo an ſeinen Orth geſtellet wird/ wiewohl es GOtt nicht
will ungeſtrafft laſſen. Was iſt aber das Andert/ welches die
liſtigen Welt Fuͤchſe uͤbergehen? Antwort; Es iſt der Punct von Er-
nehrung der Prediger. Sie hoͤren offt/ daß ein Arbeiter ſeines
Luc. 10, 7.
1. Tim. 5, 18.
Gal. 6, 6.
Sir.
7, 33.
Lohns werth iſt/ Luc. 10. v. 7. 1. Tim. 5. v 18. und daß der jenige/
der unterrichtet wird mit dem Wort/ allerley Guts ſoll mit-
theilen dem/ der ihn unterrichtet/
Gal. 6. v. 6. Ja daß man dem
Prieſter ſoll ſein Theil geben/
Sir. 7. v. 33. Aber ſie ſchweigen
davon gantz ſtille/ bedencken auch nicht/ daß die meiſten Prediger itzi-
ger Zeit keine Beſoldung kriegen/ welche ihnen zuweilen wol gar
vorſetzlich wird vorgehalten/ und von manchem Vnmenſchen ver-
ſchwendet/ der ſeinem Seelſorger das Seinige heimlich abzwacket/
und ſolches/ (will dißmahl nicht ſagen/ in was fuͤr einem garſtigen
Winckel) verpancketiret. Noch wollen etzliche bey ſolchem Zuſtan-

de im-
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[268/0288] Die funffzehende Predigt/ mir aber keinen Zweifel/ es werden hin und wieder auch noch man- che ehrliebende und gewiſſenhaffte Prediger gefunden werden/ die es am Gebet und ſchuldigem Amifleiſſe nicht ermangeln laſſen/ wel- che gewiß/ wenn erſcheinen wird der Ertzhirte/ die unver- welckliche Krone der Ehren empfahen werden/ 1. Petr. 5. v. 4. Aber wenn es geht an ein Klagen uͤber die lieben Prediger/ ſo ſaget man gemeiniglich von einem/ und dem andern nicht. Haben ſie irgend aus menſchlicher Schwachheit geſtrauchelt/ oder etwas in ihrem Ampte verſehen/ (wie denn alles in dieſem gebrechlichen Le- ben/ ſo gar ſchnurgleich nicht kan daher gehen) ſo weiß es faſt ieder- man hoch auffzumutzen: Da pflegen die Leute davon zu ſingen und zuſagen/ da muß der Pfarrer einem ieglichen Splitterrichter uͤber die Zunge ſpringen/ und ſich von ihnen durch die prædicamenta zie- hen laſſen. Davon ſagt iederman gerne. Wie denn ohne das/ an manchem Orte ſelten ein Gaſtmahl gehalten/ oder vollbracht wird/ bey welchem nicht eine und die andere Geſchicht/ oder etzliche Maͤhr- lein von den Predigern erzehlet werden/ damit man die Gaͤſte pflegt froͤlich zu machen/ auch ſich ſelbſt uͤber die maſſen wol zubekuͤtzeln: Welches itzo an ſeinen Orth geſtellet wird/ wiewohl es GOtt nicht will ungeſtrafft laſſen. Was iſt aber das Andert/ welches die liſtigen Welt Fuͤchſe uͤbergehen? Antwort; Es iſt der Punct von Er- nehrung der Prediger. Sie hoͤren offt/ daß ein Arbeiter ſeines Lohns werth iſt/ Luc. 10. v. 7. 1. Tim. 5. v 18. und daß der jenige/ der unterrichtet wird mit dem Wort/ allerley Guts ſoll mit- theilen dem/ der ihn unterrichtet/ Gal. 6. v. 6. Ja daß man dem Prieſter ſoll ſein Theil geben/ Sir. 7. v. 33. Aber ſie ſchweigen davon gantz ſtille/ bedencken auch nicht/ daß die meiſten Prediger itzi- ger Zeit keine Beſoldung kriegen/ welche ihnen zuweilen wol gar vorſetzlich wird vorgehalten/ und von manchem Vnmenſchen ver- ſchwendet/ der ſeinem Seelſorger das Seinige heimlich abzwacket/ und ſolches/ (will dißmahl nicht ſagen/ in was fuͤr einem garſtigen Winckel) verpancketiret. Noch wollen etzliche bey ſolchem Zuſtan- de im- 1. Petr. 5, 4. Luc. 10, 7. 1. Tim. 5, 18. Gal. 6, 6. Sir. 7, 33.

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/288>, abgerufen am 22.11.2024.