Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
leutert sind/ wie die von GOtt eingegebene Schrifft/ die
den Grund des Glaubens legt. Jn Betrachtung dessen/
stehen die jenigen nicht auff breitem Fusse/ die denen Schriff-
ten der Väter allzuviel trawen/ und sie gar zu hoch heben/
denn niemand leicht so gantz unbelesen/ und unerfahren ist/ der
nicht wisse/ daß in etzlichen unter denselbigen hin und wieder
handgreiffliche Jrrthüme zu finden sind/ die nimmermehr
können vertheidiget werden. Demnach auch der Satan
das helle Liecht des Göttlichen Worts gerne auslöschen/
hingegen seine falsche/ triegliche/ und mörderische Lügen in
die Kirche bringen/ und mit List einschieben wolte/ als ver-
mischt und vermenget ers mit Kobalt/ und Wißmuthen/
und setzet Menschentand darunter/ wie man im Babstthum
wol siehet/ da Menschen-Lehren in vollem Schwang ge-
hen/ und grosses Hertzleid anrichten. Folgends so berichtet
Agur/ daß Gottes Wort ein Schild sey denen/ die auff
Jhntrawen.
Mit Schilden verwahrete man vorzeiten
den Leib/ daß er nicht von Geschoß getroffen/ oder durch die
Waffen verletzet würde. Servius in seinen Annotationibus in
lib. 2. & 7. AEneidos Virgilianae
gedencket/ daß zweyerley
Schilde weren/ grosse und kleine. Die Grossen/ welche
clypei heissen/ verbergen den gantzen Menschen/ wer-
den also genennet apo tou~ kleptein tosoma, das ist/ da-
her/ daß sie den Leib decken und verstecken. Plinius füh-
ret ihren Namen her apo tou~ gluphein, i. e. a Sculpendo, von
Stechen/ weil man allerhand Bildnüsse in die Schilde
zu graben pflegte/ wiewol am sichersten und füglichsten
zu seyn scheinet/ wenn gesagt wird/ es komme diß
Wort her apo tou~ kaluptein, von Verbergen/ denn man
zur Notthurfft/ und zu Rettung seines Lebens/ nicht eben

zur

Vorrede.
leutert ſind/ wie die von GOtt eingegebene Schrifft/ die
den Grund des Glaubens legt. Jn Betrachtung deſſen/
ſtehen die jenigen nicht auff breitem Fuſſe/ die denen Schriff-
ten der Vaͤter allzuviel trawen/ und ſie gar zu hoch heben/
deñ niemand leicht ſo gantz unbeleſen/ und unerfahren iſt/ der
nicht wiſſe/ daß in etzlichen unter denſelbigen hin und wieder
handgreiffliche Jrrthuͤme zu finden ſind/ die nimmermehr
koͤnnen vertheidiget werden. Demnach auch der Satan
das helle Liecht des Goͤttlichen Worts gerne ausloͤſchen/
hingegen ſeine falſche/ triegliche/ und moͤrderiſche Luͤgen in
die Kirche bringen/ und mit Liſt einſchieben wolte/ als ver-
miſcht und vermenget ers mit Kobalt/ und Wißmuthen/
und ſetzet Menſchentand darunter/ wie man im Babſtthum
wol ſiehet/ da Menſchen-Lehren in vollem Schwang ge-
hen/ und groſſes Hertzleid anrichten. Folgends ſo berichtet
Agur/ daß Gottes Wort ein Schild ſey denen/ die auff
Jhntrawen.
Mit Schilden verwahrete man vorzeiten
den Leib/ daß er nicht von Geſchoß getroffen/ oder durch die
Waffen verletzet wuͤrde. Servius in ſeinen Annotationibus in
lib. 2. & 7. Æneidos Virgilianæ
gedencket/ daß zweyerley
Schilde weren/ groſſe und kleine. Die Groſſen/ welche
clypei heiſſen/ verbergen den gantzen Menſchen/ wer-
den alſo genennet ἀπὸ του῀ κλέπτειν τὸσῶμα, das iſt/ da-
her/ daß ſie den Leib decken und verſtecken. Plinius fuͤh-
ret ihren Namen her ἀπὸ του῀ γλὺφειν, i. e. à Sculpendo, von
Stechen/ weil man allerhand Bildnuͤſſe in die Schilde
zu graben pflegte/ wiewol am ſicherſten und fuͤglichſten
zu ſeyn ſcheinet/ wenn geſagt wird/ es komme diß
Wort her ἀπὸ του῀ καλὺπτειν, von Verbergen/ denn man
zur Notthurfft/ und zu Rettung ſeines Lebens/ nicht eben

zur
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="dedication">
        <p><pb facs="#f0010"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
leutert &#x017F;ind/ wie die von GOtt eingegebene Schrifft/ die<lb/>
den Grund des Glaubens legt. Jn Betrachtung de&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
&#x017F;tehen die jenigen nicht auff breitem Fu&#x017F;&#x017F;e/ die denen Schriff-<lb/>
ten der Va&#x0364;ter allzuviel trawen/ und &#x017F;ie gar zu hoch heben/<lb/>
den&#x0303; niemand leicht &#x017F;o gantz unbele&#x017F;en/ und unerfahren i&#x017F;t/ der<lb/>
nicht wi&#x017F;&#x017F;e/ daß in etzlichen unter den&#x017F;elbigen hin und wieder<lb/>
handgreiffliche Jrrthu&#x0364;me zu finden &#x017F;ind/ die nimmermehr<lb/>
ko&#x0364;nnen vertheidiget werden. Demnach auch der Satan<lb/>
das helle Liecht des Go&#x0364;ttlichen Worts gerne auslo&#x0364;&#x017F;chen/<lb/>
hingegen &#x017F;eine fal&#x017F;che/ triegliche/ und mo&#x0364;rderi&#x017F;che Lu&#x0364;gen in<lb/>
die Kirche bringen/ und mit Li&#x017F;t ein&#x017F;chieben wolte/ als ver-<lb/>
mi&#x017F;cht und vermenget ers mit Kobalt/ und Wißmuthen/<lb/>
und &#x017F;etzet Men&#x017F;chentand darunter/ wie man im Bab&#x017F;tthum<lb/>
wol &#x017F;iehet/ da Men&#x017F;chen-Lehren in vollem Schwang ge-<lb/>
hen/ und gro&#x017F;&#x017F;es Hertzleid anrichten. Folgends &#x017F;o berichtet<lb/>
Agur/ daß Gottes Wort ein <hi rendition="#fr">Schild &#x017F;ey denen/ die auff<lb/>
Jhntrawen.</hi> Mit Schilden verwahrete man vorzeiten<lb/>
den Leib/ daß er nicht von Ge&#x017F;choß getroffen/ oder durch die<lb/>
Waffen verletzet wu&#x0364;rde. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Servius</hi></hi> in &#x017F;einen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Annotationibus in<lb/>
lib. 2. &amp; 7. Æneidos Virgilianæ</hi></hi> gedencket/ daß zweyerley<lb/><hi rendition="#fr">Schilde</hi> weren/ gro&#x017F;&#x017F;e und kleine. Die Gro&#x017F;&#x017F;en/ welche<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">clypei</hi></hi> hei&#x017F;&#x017F;en/ verbergen den gantzen Men&#x017F;chen/ wer-<lb/>
den al&#x017F;o genennet &#x1F00;&#x03C0;&#x1F78; &#x03C4;&#x03BF;&#x03C5;&#x1FC0; &#x03BA;&#x03BB;&#x03AD;&#x03C0;&#x03C4;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; &#x03C4;&#x1F78;&#x03C3;&#x1FF6;&#x03BC;&#x03B1;, das i&#x017F;t/ da-<lb/>
her/ daß &#x017F;ie den Leib decken und ver&#x017F;tecken. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Plinius</hi></hi> fu&#x0364;h-<lb/>
ret ihren Namen her &#x1F00;&#x03C0;&#x1F78; &#x03C4;&#x03BF;&#x03C5;&#x1FC0; &#x03B3;&#x03BB;&#x1F7A;&#x03C6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD;, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">i. e. à Sculpendo</hi>,</hi> von<lb/>
Stechen/ weil man allerhand Bildnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e in die Schilde<lb/>
zu graben pflegte/ wiewol am &#x017F;icher&#x017F;ten und fu&#x0364;glich&#x017F;ten<lb/>
zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet/ wenn ge&#x017F;agt wird/ es komme diß<lb/>
Wort her &#x1F00;&#x03C0;&#x1F78; &#x03C4;&#x03BF;&#x03C5;&#x1FC0; &#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x1F7A;&#x03C0;&#x03C4;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD;, von Verbergen/ denn man<lb/>
zur Notthurfft/ und zu Rettung &#x017F;eines Lebens/ nicht eben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zur</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0010] Vorrede. leutert ſind/ wie die von GOtt eingegebene Schrifft/ die den Grund des Glaubens legt. Jn Betrachtung deſſen/ ſtehen die jenigen nicht auff breitem Fuſſe/ die denen Schriff- ten der Vaͤter allzuviel trawen/ und ſie gar zu hoch heben/ deñ niemand leicht ſo gantz unbeleſen/ und unerfahren iſt/ der nicht wiſſe/ daß in etzlichen unter denſelbigen hin und wieder handgreiffliche Jrrthuͤme zu finden ſind/ die nimmermehr koͤnnen vertheidiget werden. Demnach auch der Satan das helle Liecht des Goͤttlichen Worts gerne ausloͤſchen/ hingegen ſeine falſche/ triegliche/ und moͤrderiſche Luͤgen in die Kirche bringen/ und mit Liſt einſchieben wolte/ als ver- miſcht und vermenget ers mit Kobalt/ und Wißmuthen/ und ſetzet Menſchentand darunter/ wie man im Babſtthum wol ſiehet/ da Menſchen-Lehren in vollem Schwang ge- hen/ und groſſes Hertzleid anrichten. Folgends ſo berichtet Agur/ daß Gottes Wort ein Schild ſey denen/ die auff Jhntrawen. Mit Schilden verwahrete man vorzeiten den Leib/ daß er nicht von Geſchoß getroffen/ oder durch die Waffen verletzet wuͤrde. Servius in ſeinen Annotationibus in lib. 2. & 7. Æneidos Virgilianæ gedencket/ daß zweyerley Schilde weren/ groſſe und kleine. Die Groſſen/ welche clypei heiſſen/ verbergen den gantzen Menſchen/ wer- den alſo genennet ἀπὸ του῀ κλέπτειν τὸσῶμα, das iſt/ da- her/ daß ſie den Leib decken und verſtecken. Plinius fuͤh- ret ihren Namen her ἀπὸ του῀ γλὺφειν, i. e. à Sculpendo, von Stechen/ weil man allerhand Bildnuͤſſe in die Schilde zu graben pflegte/ wiewol am ſicherſten und fuͤglichſten zu ſeyn ſcheinet/ wenn geſagt wird/ es komme diß Wort her ἀπὸ του῀ καλὺπτειν, von Verbergen/ denn man zur Notthurfft/ und zu Rettung ſeines Lebens/ nicht eben zur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/10
Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/10>, abgerufen am 21.11.2024.