Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699.Gebet so iemand unfreundliche etc. bist dennoch meine Zuversicht und mein Heil. Wennauch gleich Vater und Mutter/ und alle meine Freunde mich verliessen/ so nimmest du mich doch auff/ ja du bist meines Hertzens Trost und mein Theil. So bitte ich dich nun/ O HErr/ vergib mei- nen Freunden/ denn sie wissen nicht/ was sie thun. Behüte sie/ daß sie in solch Elend/ wie ich bin/ nimmer- mehr gerathen. Lencke ihnen aber auch ihr Hertz/ daß sie bedencken und thun/ was Christlich ist. Er- barme dich auch meiner/ O HErr! und verlaß mich nicht in meinem Elend/ denn ich ja sonsten gar ver- lassen wäre. Höre doch mein Gebet/ und laß mein Schreyen zu dir kommen/ verbirge dein Antlitz nicht für mir/ in der Noth neige deine Ohren zu mir/ wenn ich dich anruffe/ so erhöre mich bald. Denn meine Tage sind ver gangen wie ein Rauch und meine Ge- beine sind verbrand/ wie ein Brand. Mein Hertz ist geschlagen/ und verdorret wie Gras/ daß ich auch vergesse mein Brod zu essen. Mein Gebeine klebet an meinem Fleisch für Heulen und Seufftzen. Ich bin gleich wie ein Rohrdommel in der Wüsten. Ich bin wie ein Käutzlein in den zerstörten Städten. Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auff dem Da- che. Niemand will mich kennen/ niemand nimmet sich meiner Seelen an. HErr/ zu dir schreye ich/ und sage: Du bist meine Zuversicht/ mein Theil im Lan- de der Lebendigen. Verlaß mich nicht mein GOtt/ stärcke in mir den wahren Glauben/ und erhalte die Gedult in meinem Hertzen durch die Krafft deines Heil. Geistes. Du siehest mein Hertz/ wie schwer- müthig und betrübet ich mannich mal bin/ wie ich mit der Ungedult streiten muß/ ja wie groß mein E- lend ist/ daß/ wenn ich nur darauff sehen wolte/ ich wol in Verzweiffelung fallen möchte. Ach GOtt verlaß
Gebet ſo iemand unfreundliche ꝛc. biſt dennoch meine Zuverſicht und mein Heil. Wennauch gleich Vater und Mutter/ und alle meine Freunde mich verlieſſen/ ſo nimmeſt du mich doch auff/ ja du biſt meines Hertzens Troſt und mein Theil. So bitte ich dich nun/ O HErr/ vergib mei- nen Freunden/ denn ſie wiſſen nicht/ was ſie thun. Behüte ſie/ daß ſie in ſolch Elend/ wie ich bin/ nim̃er- mehr gerathen. Lencke ihnen aber auch ihr Hertz/ daß ſie bedencken und thun/ was Chriſtlich iſt. Er- barme dich auch meiner/ O HErr! und verlaß mich nicht in meinem Elend/ denn ich ja ſonſten gar ver- laſſen wäre. Höre doch mein Gebet/ und laß mein Schreyen zu dir kommen/ verbirge dein Antlitz nicht für mir/ in der Noth neige deine Ohren zu mir/ weñ ich dich anruffe/ ſo erhöre mich bald. Denn meine Tage ſind ver gangen wie ein Rauch und meine Ge- beine ſind verbrand/ wie ein Brand. Mein Hertz iſt geſchlagen/ und verdorret wie Gras/ daß ich auch vergeſſe mein Brod zu eſſen. Mein Gebeine klebet an meinem Fleiſch für Heulen und Seufftzen. Ich bin gleich wie ein Rohrdommel in der Wüſten. Ich bin wie ein Käutzlein in den zerſtörten Städten. Ich wache und bin wie ein einſamer Vogel auff dem Da- che. Niemand will mich kennen/ niemand nimmet ſich meiner Seelen an. HErr/ zu dir ſchreye ich/ und ſage: Du biſt meine Zuverſicht/ mein Theil im Lan- de der Lebendigen. Verlaß mich nicht mein GOtt/ ſtärcke in mir den wahren Glauben/ und erhalte die Gedult in meinem Hertzen durch die Krafft deines Heil. Geiſtes. Du ſieheſt mein Hertz/ wie ſchwer- müthig und betꝛübet ich mannich mal bin/ wie ich mit der Ungedult ſtreiten muß/ ja wie groß mein E- lend iſt/ daß/ wenn ich nur darauff ſehen wolte/ ich wol in Verzweiffelung fallen möchte. Ach GOtt verlaß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0938" n="900"/><fw place="top" type="header">Gebet ſo iemand unfreundliche ꝛc.</fw><lb/> biſt dennoch meine Zuverſicht und mein Heil. Wenn<lb/> auch gleich Vater und Mutter/ und alle meine<lb/> Freunde mich verlieſſen/ ſo nimmeſt du mich doch<lb/> auff/ ja du biſt meines Hertzens Troſt und mein<lb/> Theil. So bitte ich dich nun/ O HErr/ vergib mei-<lb/> nen Freunden/ denn ſie wiſſen nicht/ was ſie thun.<lb/> Behüte ſie/ daß ſie in ſolch Elend/ wie ich bin/ nim̃er-<lb/> mehr gerathen. Lencke ihnen aber auch ihr Hertz/<lb/> daß ſie bedencken und thun/ was Chriſtlich iſt. Er-<lb/> barme dich auch meiner/ O HErr! und verlaß mich<lb/> nicht in meinem Elend/ denn ich ja ſonſten gar ver-<lb/> laſſen wäre. Höre doch mein Gebet/ und laß mein<lb/> Schreyen zu dir kommen/ verbirge dein Antlitz nicht<lb/> für mir/ in der Noth neige deine Ohren zu mir/ weñ<lb/> ich dich anruffe/ ſo erhöre mich bald. Denn meine<lb/> Tage ſind ver gangen wie ein Rauch und meine Ge-<lb/> beine ſind verbrand/ wie ein Brand. Mein Hertz<lb/> iſt geſchlagen/ und verdorret wie Gras/ daß ich auch<lb/> vergeſſe mein Brod zu eſſen. Mein Gebeine klebet<lb/> an meinem Fleiſch für Heulen und Seufftzen. Ich<lb/> bin gleich wie ein Rohrdommel in der Wüſten. Ich<lb/> bin wie ein Käutzlein in den zerſtörten Städten. Ich<lb/> wache und bin wie ein einſamer Vogel auff dem Da-<lb/> che. Niemand will mich kennen/ niemand nimmet<lb/> ſich meiner Seelen an. HErr/ zu dir ſchreye ich/ und<lb/> ſage: Du biſt meine Zuverſicht/ mein Theil im Lan-<lb/> de der Lebendigen. Verlaß mich nicht mein GOtt/<lb/> ſtärcke in mir den wahren Glauben/ und erhalte die<lb/> Gedult in meinem Hertzen durch die Krafft deines<lb/> Heil. Geiſtes. Du ſieheſt mein Hertz/ wie ſchwer-<lb/> müthig und betꝛübet ich mannich mal bin/ wie ich mit<lb/> der Ungedult ſtreiten muß/ ja wie groß mein E-<lb/> lend iſt/ daß/ wenn ich nur darauff ſehen wolte/ ich<lb/> wol in Verzweiffelung fallen möchte. Ach GOtt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">verlaß</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [900/0938]
Gebet ſo iemand unfreundliche ꝛc.
biſt dennoch meine Zuverſicht und mein Heil. Wenn
auch gleich Vater und Mutter/ und alle meine
Freunde mich verlieſſen/ ſo nimmeſt du mich doch
auff/ ja du biſt meines Hertzens Troſt und mein
Theil. So bitte ich dich nun/ O HErr/ vergib mei-
nen Freunden/ denn ſie wiſſen nicht/ was ſie thun.
Behüte ſie/ daß ſie in ſolch Elend/ wie ich bin/ nim̃er-
mehr gerathen. Lencke ihnen aber auch ihr Hertz/
daß ſie bedencken und thun/ was Chriſtlich iſt. Er-
barme dich auch meiner/ O HErr! und verlaß mich
nicht in meinem Elend/ denn ich ja ſonſten gar ver-
laſſen wäre. Höre doch mein Gebet/ und laß mein
Schreyen zu dir kommen/ verbirge dein Antlitz nicht
für mir/ in der Noth neige deine Ohren zu mir/ weñ
ich dich anruffe/ ſo erhöre mich bald. Denn meine
Tage ſind ver gangen wie ein Rauch und meine Ge-
beine ſind verbrand/ wie ein Brand. Mein Hertz
iſt geſchlagen/ und verdorret wie Gras/ daß ich auch
vergeſſe mein Brod zu eſſen. Mein Gebeine klebet
an meinem Fleiſch für Heulen und Seufftzen. Ich
bin gleich wie ein Rohrdommel in der Wüſten. Ich
bin wie ein Käutzlein in den zerſtörten Städten. Ich
wache und bin wie ein einſamer Vogel auff dem Da-
che. Niemand will mich kennen/ niemand nimmet
ſich meiner Seelen an. HErr/ zu dir ſchreye ich/ und
ſage: Du biſt meine Zuverſicht/ mein Theil im Lan-
de der Lebendigen. Verlaß mich nicht mein GOtt/
ſtärcke in mir den wahren Glauben/ und erhalte die
Gedult in meinem Hertzen durch die Krafft deines
Heil. Geiſtes. Du ſieheſt mein Hertz/ wie ſchwer-
müthig und betꝛübet ich mannich mal bin/ wie ich mit
der Ungedult ſtreiten muß/ ja wie groß mein E-
lend iſt/ daß/ wenn ich nur darauff ſehen wolte/ ich
wol in Verzweiffelung fallen möchte. Ach GOtt
verlaß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |