Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699.Gebet in Kriegs-Zeiten. habe ich sie aufferzogen/ mit Weinen aber und Her-tzeleid habe ich sie sehen wegführen. Ich seufftze/ daß mir die Lenden wehe thun/ ja bitterlich seufftze ich um des neuen Kriegs-Geschreys willen/ das da kommet/ für welchen alle Hertzen verzagen/ und alle Hände sincken/ aller Muth fället/ und alle Knie wie Wasser zergehen werden. Wie ist mir so hertzlich wehe/ mein Hertz pochet mir im Leibe/ und habe keine Ruhe. Denn meine Seele höret der Posaunen Schall und eine Feldschlacht/ und ein Mordgeschrey über das an- dere/ wie lange sol ich doch das Panier sehen/ und der Posaunen Hall hören? Es ist mir so angst und we- he als einer Gebärerin/ als einer/ die in ersten Kin- desnöthen ist/ die da klaget/ und die Hände auswirfft. Ach wehe mir! ich muß schier vergehen für dem Würgen. Forschet doch und sehet/ ob ein Mannsbild gebären möge? Wie gehets denn zu/ daß ich alle Männer sehe ihre Hände auff ihren Hüfften haben/ wie Weiber in Kindesnöthen/ und alle Angesicht so bleich sind/ auch der Helden Hertzen so verzagt und ängstig? Wie gehets zu/ daß alles Volck in mir zu Weibern worden? Ach wie heulen sie/ schändlich hängen sie die Köpffe: Wie gehets zu/ daß meine Gewaltige so zu Boden fallen/ und nicht bestehen mögen? Der HErr hat sie so gestürtzet. Er macht/ daß ihr viel fallen/ daß einer mit dem andern darnie- der liegt. Es ist ja eine Zeit grosser Angst/ dergleichen nicht gewest. Wehe mir/ denn der Tag ist kommen/ die Zeit meiner Heimsuchung. O wehe des Tages/ denn er ist nahe/ ja des HErrn Tag ist nahe/ ein finster Tag/ ein dunckler Tag/ ein wölckiger Tag/ ein neblichter Tag/ ein Tag der Noth. Ist denn kein Rath noch Weißheit/ noch Stärcke mehr ü- brig? Ach HErr/ warum bistu also über mich ent- brant? Z z z 5
Gebet in Kriegs-Zeiten. habe ich ſie aufferzogen/ mit Weinen aber und Her-tzeleid habe ich ſie ſehen wegführen. Ich ſeufftze/ daß mir die Lenden wehe thun/ ja bitterlich ſeufftze ich um des neuen Kriegs-Geſchreys willen/ das da kommet/ für welchen alle Hertzen verzagen/ und alle Hände ſincken/ aller Muth fället/ und alle Knie wie Waſſer zergehen werden. Wie iſt mir ſo hertzlich wehe/ mein Hertz pochet mir im Leibe/ und habe keine Ruhe. Denn meine Seele höret der Poſaunen Schall und eine Feldſchlacht/ und ein Mordgeſchrey über das an- dere/ wie lange ſol ich doch das Panier ſehen/ und der Poſaunen Hall hören? Es iſt mir ſo angſt und we- he als einer Gebärerin/ als einer/ die in erſten Kin- desnöthen iſt/ die da klaget/ und die Hände auswirfft. Ach wehe mir! ich muß ſchier vergehen für dem Würgen. Forſchet doch und ſehet/ ob ein Mannsbild gebären möge? Wie gehets denn zu/ daß ich alle Männer ſehe ihre Hände auff ihren Hüfften haben/ wie Weiber in Kindesnöthen/ und alle Angeſicht ſo bleich ſind/ auch der Helden Hertzen ſo verzagt und ängſtig? Wie gehets zu/ daß alles Volck in mir zu Weibern worden? Ach wie heulen ſie/ ſchändlich hängen ſie die Köpffe: Wie gehets zu/ daß meine Gewaltige ſo zu Boden fallen/ und nicht beſtehen mögen? Der HErr hat ſie ſo geſtürtzet. Er macht/ daß ihr viel fallen/ daß einer mit dem andern darnie- der liegt. Es iſt ja eine Zeit groſſer Angſt/ dergleichen nicht geweſt. Wehe mir/ denn der Tag iſt kommen/ die Zeit meiner Heimſuchung. O wehe des Tages/ denn er iſt nahe/ ja des HErrn Tag iſt nahe/ ein finſter Tag/ ein dunckler Tag/ ein wölckiger Tag/ ein neblichter Tag/ ein Tag der Noth. Iſt denn kein Rath noch Weißheit/ noch Stärcke mehr ü- brig? Ach HErr/ warum biſtu alſo über mich ent- brant? Z z z 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1139" n="1097"/><fw place="top" type="header">Gebet in Kriegs-Zeiten.</fw><lb/> habe ich ſie aufferzogen/ mit Weinen aber und Her-<lb/> tzeleid habe ich ſie ſehen wegführen. Ich ſeufftze/ daß<lb/> mir die Lenden wehe thun/ ja bitterlich ſeufftze ich um<lb/> des neuen Kriegs-Geſchreys willen/ das da kommet/<lb/> für welchen alle Hertzen verzagen/ und alle Hände<lb/> ſincken/ aller Muth fället/ und alle Knie wie Waſſer<lb/> zergehen werden. Wie iſt mir ſo hertzlich wehe/ mein<lb/> Hertz pochet mir im Leibe/ und habe keine Ruhe.<lb/> Denn meine Seele höret der Poſaunen Schall und<lb/> eine Feldſchlacht/ und ein Mordgeſchrey über das an-<lb/> dere/ wie lange ſol ich doch das Panier ſehen/ und der<lb/> Poſaunen Hall hören? Es iſt mir ſo angſt und we-<lb/> he als einer Gebärerin/ als einer/ die in erſten Kin-<lb/> desnöthen iſt/ die da klaget/ und die Hände auswirfft.<lb/> Ach wehe mir! ich muß ſchier vergehen für dem<lb/> Würgen. Forſchet doch und ſehet/ ob ein Mannsbild<lb/> gebären möge? Wie gehets denn zu/ daß ich alle<lb/> Männer ſehe ihre Hände auff ihren Hüfften haben/<lb/> wie Weiber in Kindesnöthen/ und alle Angeſicht ſo<lb/> bleich ſind/ auch der Helden Hertzen ſo verzagt und<lb/> ängſtig? Wie gehets zu/ daß alles Volck in mir zu<lb/> Weibern worden? Ach wie heulen ſie/ ſchändlich<lb/> hängen ſie die Köpffe: Wie gehets zu/ daß meine<lb/> Gewaltige ſo zu Boden fallen/ und nicht beſtehen<lb/> mögen? Der HErr hat ſie ſo geſtürtzet. Er macht/<lb/> daß ihr viel fallen/ daß einer mit dem andern darnie-<lb/> der liegt. Es iſt ja eine Zeit groſſer Angſt/ dergleichen<lb/> nicht geweſt. Wehe mir/ denn der Tag iſt kommen/<lb/> die Zeit meiner Heimſuchung. O wehe des Tages/<lb/> denn er iſt nahe/ ja des HErrn Tag iſt nahe/ ein<lb/> finſter Tag/ ein dunckler Tag/ ein wölckiger Tag/<lb/> ein neblichter Tag/ ein Tag der Noth. Iſt denn<lb/> kein Rath noch Weißheit/ noch Stärcke mehr ü-<lb/> brig? Ach HErr/ warum biſtu alſo über mich ent-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Z z z 5</fw><fw place="bottom" type="catch">brant?</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1097/1139]
Gebet in Kriegs-Zeiten.
habe ich ſie aufferzogen/ mit Weinen aber und Her-
tzeleid habe ich ſie ſehen wegführen. Ich ſeufftze/ daß
mir die Lenden wehe thun/ ja bitterlich ſeufftze ich um
des neuen Kriegs-Geſchreys willen/ das da kommet/
für welchen alle Hertzen verzagen/ und alle Hände
ſincken/ aller Muth fället/ und alle Knie wie Waſſer
zergehen werden. Wie iſt mir ſo hertzlich wehe/ mein
Hertz pochet mir im Leibe/ und habe keine Ruhe.
Denn meine Seele höret der Poſaunen Schall und
eine Feldſchlacht/ und ein Mordgeſchrey über das an-
dere/ wie lange ſol ich doch das Panier ſehen/ und der
Poſaunen Hall hören? Es iſt mir ſo angſt und we-
he als einer Gebärerin/ als einer/ die in erſten Kin-
desnöthen iſt/ die da klaget/ und die Hände auswirfft.
Ach wehe mir! ich muß ſchier vergehen für dem
Würgen. Forſchet doch und ſehet/ ob ein Mannsbild
gebären möge? Wie gehets denn zu/ daß ich alle
Männer ſehe ihre Hände auff ihren Hüfften haben/
wie Weiber in Kindesnöthen/ und alle Angeſicht ſo
bleich ſind/ auch der Helden Hertzen ſo verzagt und
ängſtig? Wie gehets zu/ daß alles Volck in mir zu
Weibern worden? Ach wie heulen ſie/ ſchändlich
hängen ſie die Köpffe: Wie gehets zu/ daß meine
Gewaltige ſo zu Boden fallen/ und nicht beſtehen
mögen? Der HErr hat ſie ſo geſtürtzet. Er macht/
daß ihr viel fallen/ daß einer mit dem andern darnie-
der liegt. Es iſt ja eine Zeit groſſer Angſt/ dergleichen
nicht geweſt. Wehe mir/ denn der Tag iſt kommen/
die Zeit meiner Heimſuchung. O wehe des Tages/
denn er iſt nahe/ ja des HErrn Tag iſt nahe/ ein
finſter Tag/ ein dunckler Tag/ ein wölckiger Tag/
ein neblichter Tag/ ein Tag der Noth. Iſt denn
kein Rath noch Weißheit/ noch Stärcke mehr ü-
brig? Ach HErr/ warum biſtu alſo über mich ent-
brant?
Z z z 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |