Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LXVI. Betrachtung. gehen zu Gottes Ruhe, und die Früchte meiner Tha-ten, als einen Gnadenlohn, um Jesu Verdienstes wil- len, genießen. Frömmigkeit, Tugend, Gottes- und Menschenliebe, sollen meine herrschenden Neigungen und Gesinnungen seyn, dann werden weder Haß noch Feindschaft, noch Gewissensbisse, die letzten Stunden meines Lebens verbittern; dann werde ich die stär- kende, tröstende Kraft des Verdienstes Jesu, doppelt empfinden, und mit einer ruhigen Fassung meiner Seele sterben. Stets will ich hinsehen auf jenes bes- sre Leben, ich will mich im Glauben an die Unsterb- lichkeit der Seele, im Glauben an die Auferstehung des Leibes, recht befestigen, damit ich alsdann weis, was ich zu hoffen habe. Und belebt mich diese Hof- nung recht stark, so werd ich auch einmal, so wie Je- sus, sprechen: Vater, in deine Hände befehle ich mei- nen Geist! Kommt aber auf ein tugendhaftes Leben, kommt auf ein Gott gewidmetes Herz so viel an: so will ich meine Vorbereitung zum Tode nicht bis auf die letzten Stunden sparen, sondern das soll stets mei- ne Hauptbeschäftigung seyn, mich auf meinen Ab- schied aus der Welt geschickt zu machen. Nie will ich den Gedanken an Tod und Ewigkeit scheuen, ich will oft im Geist zum Grabe hintreten, und so die Weis- heit lernen, recht zu leben und einst freudig zu sterben. Jmmerhin mag die Stunde meines Todes mir verborgen seyn, Gott mag mich frühe oder spät aus
LXVI. Betrachtung. gehen zu Gottes Ruhe, und die Früchte meiner Tha-ten, als einen Gnadenlohn, um Jeſu Verdienſtes wil- len, genießen. Frömmigkeit, Tugend, Gottes- und Menſchenliebe, ſollen meine herrſchenden Neigungen und Geſinnungen ſeyn, dann werden weder Haß noch Feindſchaft, noch Gewiſſensbiſſe, die letzten Stunden meines Lebens verbittern; dann werde ich die ſtär- kende, tröſtende Kraft des Verdienſtes Jeſu, doppelt empfinden, und mit einer ruhigen Faſſung meiner Seele ſterben. Stets will ich hinſehen auf jenes beſ- ſre Leben, ich will mich im Glauben an die Unſterb- lichkeit der Seele, im Glauben an die Auferſtehung des Leibes, recht befeſtigen, damit ich alsdann weis, was ich zu hoffen habe. Und belebt mich dieſe Hof- nung recht ſtark, ſo werd ich auch einmal, ſo wie Je- ſus, ſprechen: Vater, in deine Hände befehle ich mei- nen Geiſt! Kommt aber auf ein tugendhaftes Leben, kommt auf ein Gott gewidmetes Herz ſo viel an: ſo will ich meine Vorbereitung zum Tode nicht bis auf die letzten Stunden ſparen, ſondern das ſoll ſtets mei- ne Hauptbeſchäftigung ſeyn, mich auf meinen Ab- ſchied aus der Welt geſchickt zu machen. Nie will ich den Gedanken an Tod und Ewigkeit ſcheuen, ich will oft im Geiſt zum Grabe hintreten, und ſo die Weis- heit lernen, recht zu leben und einſt freudig zu ſterben. Jmmerhin mag die Stunde meines Todes mir verborgen ſeyn, Gott mag mich frühe oder ſpät aus
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LXVI. Betrachtung.
gehen zu Gottes Ruhe, und die Früchte meiner Tha-
ten, als einen Gnadenlohn, um Jeſu Verdienſtes wil-
len, genießen. Frömmigkeit, Tugend, Gottes- und
Menſchenliebe, ſollen meine herrſchenden Neigungen
und Geſinnungen ſeyn, dann werden weder Haß noch
Feindſchaft, noch Gewiſſensbiſſe, die letzten Stunden
meines Lebens verbittern; dann werde ich die ſtär-
kende, tröſtende Kraft des Verdienſtes Jeſu, doppelt
empfinden, und mit einer ruhigen Faſſung meiner
Seele ſterben. Stets will ich hinſehen auf jenes beſ-
ſre Leben, ich will mich im Glauben an die Unſterb-
lichkeit der Seele, im Glauben an die Auferſtehung
des Leibes, recht befeſtigen, damit ich alsdann weis,
was ich zu hoffen habe. Und belebt mich dieſe Hof-
nung recht ſtark, ſo werd ich auch einmal, ſo wie Je-
ſus, ſprechen: Vater, in deine Hände befehle ich mei-
nen Geiſt! Kommt aber auf ein tugendhaftes Leben,
kommt auf ein Gott gewidmetes Herz ſo viel an: ſo
will ich meine Vorbereitung zum Tode nicht bis auf
die letzten Stunden ſparen, ſondern das ſoll ſtets mei-
ne Hauptbeſchäftigung ſeyn, mich auf meinen Ab-
ſchied aus der Welt geſchickt zu machen. Nie will ich
den Gedanken an Tod und Ewigkeit ſcheuen, ich will
oft im Geiſt zum Grabe hintreten, und ſo die Weis-
heit lernen, recht zu leben und einſt freudig zu
ſterben. Jmmerhin mag die Stunde meines Todes
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