Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LXIV. Betrachtung. ihn für deinen Sohn, und sey versichert, daß er dichbis an dein Ende versorgen wird. Und zum Johan- nes sprach der Sterbende: siehe, das ist deine Mut- ter. Du wirst für ihren Unterhalt sorgen, und sie bis an ihr Ende verpflegen, eben als ob sie deine Mut- ter wäre. Welch ein ehrenvoller Auftrag für den Johannes! denn was konnte ihm wichtiger seyn, als dieses letzte Vermächtniß seines besten sterbenden Freundes? Wäre auch Petrus oder Jacobus neben der Maria, bey dem Kreuze Jesu zugegen gewesen; so würde er doch weit eher dem Johannes, als jedem andern, diesen Auftrag gegeben haben; denn zu kei- nem konnte er mehr Zutrauen haben, weil keiner ihn so innig und zärtlich liebte als Johannes. Diesem war ein Wort, ein Blick des Sterbenden genug; denn er nahm sie von Stund an zu sich, und versorg- te sie aller Wahrscheinlichkeit nach, bis an ihr Ende. So liebreich sorgte Jesus für seine Mutter noch im Tode. Denn wie er geliebt hatte die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.*) Heilig sey mir, o Jesu, dies Andenken an deine genau- *) Joh 13, 1.
LXIV. Betrachtung. ihn für deinen Sohn, und ſey verſichert, daß er dichbis an dein Ende verſorgen wird. Und zum Johan- nes ſprach der Sterbende: ſiehe, das iſt deine Mut- ter. Du wirſt für ihren Unterhalt ſorgen, und ſie bis an ihr Ende verpflegen, eben als ob ſie deine Mut- ter wäre. Welch ein ehrenvoller Auftrag für den Johannes! denn was konnte ihm wichtiger ſeyn, als dieſes letzte Vermächtniß ſeines beſten ſterbenden Freundes? Wäre auch Petrus oder Jacobus neben der Maria, bey dem Kreuze Jeſu zugegen geweſen; ſo würde er doch weit eher dem Johannes, als jedem andern, dieſen Auftrag gegeben haben; denn zu kei- nem konnte er mehr Zutrauen haben, weil keiner ihn ſo innig und zärtlich liebte als Johannes. Dieſem war ein Wort, ein Blick des Sterbenden genug; denn er nahm ſie von Stund an zu ſich, und verſorg- te ſie aller Wahrſcheinlichkeit nach, bis an ihr Ende. So liebreich ſorgte Jeſus für ſeine Mutter noch im Tode. Denn wie er geliebt hatte die Seinen, die in der Welt waren, ſo liebte er ſie bis ans Ende.*) Heilig ſey mir, o Jeſu, dies Andenken an deine genau- *) Joh 13, 1.
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LXIV. Betrachtung.
ihn für deinen Sohn, und ſey verſichert, daß er dich
bis an dein Ende verſorgen wird. Und zum Johan-
nes ſprach der Sterbende: ſiehe, das iſt deine Mut-
ter. Du wirſt für ihren Unterhalt ſorgen, und ſie
bis an ihr Ende verpflegen, eben als ob ſie deine Mut-
ter wäre. Welch ein ehrenvoller Auftrag für den
Johannes! denn was konnte ihm wichtiger ſeyn, als
dieſes letzte Vermächtniß ſeines beſten ſterbenden
Freundes? Wäre auch Petrus oder Jacobus neben
der Maria, bey dem Kreuze Jeſu zugegen geweſen;
ſo würde er doch weit eher dem Johannes, als jedem
andern, dieſen Auftrag gegeben haben; denn zu kei-
nem konnte er mehr Zutrauen haben, weil keiner ihn
ſo innig und zärtlich liebte als Johannes. Dieſem
war ein Wort, ein Blick des Sterbenden genug;
denn er nahm ſie von Stund an zu ſich, und verſorg-
te ſie aller Wahrſcheinlichkeit nach, bis an ihr Ende.
So liebreich ſorgte Jeſus für ſeine Mutter noch im
Tode. Denn wie er geliebt hatte die Seinen, die
in der Welt waren, ſo liebte er ſie bis ans Ende. *)
Heilig ſey mir, o Jeſu, dies Andenken an deine
letzte liebevolle Fürſorge, wo ſelbſt der nahe Tod dei-
ne Zärtlichkeit nicht ſchwächte, wo ſelbſt unter dem
Gefühle des Leidens, noch Wohlthun deine Luſt
war. Jch will auch hierinne in deine Fußtapfen
treten; von dir will ich lernen, die bis in den Tod
treu zu lieben und zu beglücken, die mit mir in der
genau-
*) Joh 13, 1.
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