Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LXI. Betrachtung. wohnten Zärtlichkeit. Geriethen sie nun hernachbey seinem Leiden und Tode in die größte Bestürzung, wurden sie da gleich von vielen Zweifeln bestürmt; so mußten sie doch auch bald hernach einsehen, daß ih- nen das alles nicht unerwartet käme. Sie mußten doch denken: er hats uns ja voraus gesagt, daß es so kommen würde; und eben diese Zurückerinnerung an seine Reden, mußte sie alsdenn gar sehr beruhi- gen, ihre Zweifel und ängstlichen Besorgnisse heben. Möchten wir doch auch diesen edlen liebevollen se C c 4
LXI. Betrachtung. wohnten Zärtlichkeit. Geriethen ſie nun hernachbey ſeinem Leiden und Tode in die größte Beſtürzung, wurden ſie da gleich von vielen Zweifeln beſtürmt; ſo mußten ſie doch auch bald hernach einſehen, daß ih- nen das alles nicht unerwartet käme. Sie mußten doch denken: er hats uns ja voraus geſagt, daß es ſo kommen würde; und eben dieſe Zurückerinnerung an ſeine Reden, mußte ſie alsdenn gar ſehr beruhi- gen, ihre Zweifel und ängſtlichen Beſorgniſſe heben. Möchten wir doch auch dieſen edlen liebevollen ſe C c 4
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LXI. Betrachtung.
wohnten Zärtlichkeit. Geriethen ſie nun hernach
bey ſeinem Leiden und Tode in die größte Beſtürzung,
wurden ſie da gleich von vielen Zweifeln beſtürmt; ſo
mußten ſie doch auch bald hernach einſehen, daß ih-
nen das alles nicht unerwartet käme. Sie mußten
doch denken: er hats uns ja voraus geſagt, daß es
ſo kommen würde; und eben dieſe Zurückerinnerung
an ſeine Reden, mußte ſie alsdenn gar ſehr beruhi-
gen, ihre Zweifel und ängſtlichen Beſorgniſſe heben.
Möchten wir doch auch dieſen edlen liebevollen
Sinn Jeſu haben und nachahmen, da wir oft in Fäl-
le kommen, wo wir den Unſrigen etwas Unangeneh-
mes ſagen müſſen. Es iſt immer gut, wenn wir
in Zeiten mit ihnen von den traurigen Schickſalen
ſprechen, die ſie und uns treffen können; wenn wir
in Zeiten mit ihnen von der Trennung reden, die uns
im Tode bevorſteht. Jndeſſen wollen wir ohne Noth
nie etwas ſagen, was ihnen Betrübniß verurſachen,
und ihre Gemüther der Zukunft wegen mit Furcht
und Bangigkeit erfüllen könnte. Denn der iſt kein
guter Menſch, der die Seinigen gerne mißvergnügt
ſieht, oder der ſie ohne allen Nutzen traurig macht.
Jſt es aber ſchlechterdings nöthig, daß wir den Un-
ſrigen oder andern Perſonen etwas Unangenehmes
ſagen, einen ſchmerzhaften Verluſt, oder ſonſt etwas
Trauriges entdecken müſſen, das ihnen wahrſchein-
lich bevorſteht: ſo wollen wir es auf eine eben ſo wei-
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