Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LVIII. Betrachtung. chen, die sie nicht einmal verstehen und beurtheilenkönnen, auf ihre vorgesetzte Obrigkeit schmähen, und den Saamen der Empörung unter ihren Mitbür- gern ausstreuen? sind sie wohl Schüler und Nach- folger Jesu, der selbst die gottesvergessenste Obrig- keit ehrte, und ihren Anordnungen sich unterwarf, ohne sich im geringsten darüber zu beschweren? Nein, sie sind es nicht! denn der wahre Christ ist gewiß der würdigste, der treueste Unterthan. Er ehrt seine rechtmäsige Obrigkeit als einen Stellvertreter Got- tes, der Gesetze geben, über die Ausübung dersel- ben halten, und auf die Art Ruhe, Ordnung und Glückseligkeit in der menschlichen Gesellschaft beför- dern soll. Gerne wird er die Gewalt der Obrigkeit, in so ferne sie dem Gewissen nicht zuwider ist, aner- kennen, und sich in allen Stücken darnach bequemen, denn er ist unterthan aller menschlichen Ordnung, um des Herrn willen.*) Er wird zwar über die Schrit- te und Forderungen der Regierung urtheilen, aber immer mit Vorsichtigkeit und Bescheidenheit, und das um desto mehr, da man schon über die Handlun- gen seiner Mitbürger mit Behutsamkeit urtheilen muß. Denn wenn es gar nicht erlaubt wäre, über das Verfahren der Obrigkeit zu urtheilen, so würde Jesus die, welche ihn über das Recht des Römischen Kaisers, Abgaben zu fordern, befragten, abgewie- sen und gesagt haben, es gebühre ihm nicht, von sol- chen *) 1 Petr. 2, 13.
LVIII. Betrachtung. chen, die ſie nicht einmal verſtehen und beurtheilenkönnen, auf ihre vorgeſetzte Obrigkeit ſchmähen, und den Saamen der Empörung unter ihren Mitbür- gern ausſtreuen? ſind ſie wohl Schüler und Nach- folger Jeſu, der ſelbſt die gottesvergeſſenſte Obrig- keit ehrte, und ihren Anordnungen ſich unterwarf, ohne ſich im geringſten darüber zu beſchweren? Nein, ſie ſind es nicht! denn der wahre Chriſt iſt gewiß der würdigſte, der treueſte Unterthan. Er ehrt ſeine rechtmäſige Obrigkeit als einen Stellvertreter Got- tes, der Geſetze geben, über die Ausübung derſel- ben halten, und auf die Art Ruhe, Ordnung und Glückſeligkeit in der menſchlichen Geſellſchaft beför- dern ſoll. Gerne wird er die Gewalt der Obrigkeit, in ſo ferne ſie dem Gewiſſen nicht zuwider iſt, aner- kennen, und ſich in allen Stücken darnach bequemen, denn er iſt unterthan aller menſchlichen Ordnung, um des Herrn willen.*) Er wird zwar über die Schrit- te und Forderungen der Regierung urtheilen, aber immer mit Vorſichtigkeit und Beſcheidenheit, und das um deſto mehr, da man ſchon über die Handlun- gen ſeiner Mitbürger mit Behutſamkeit urtheilen muß. Denn wenn es gar nicht erlaubt wäre, über das Verfahren der Obrigkeit zu urtheilen, ſo würde Jeſus die, welche ihn über das Recht des Römiſchen Kaiſers, Abgaben zu fordern, befragten, abgewie- ſen und geſagt haben, es gebühre ihm nicht, von ſol- chen *) 1 Petr. 2, 13.
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LVIII. Betrachtung.
chen, die ſie nicht einmal verſtehen und beurtheilen
können, auf ihre vorgeſetzte Obrigkeit ſchmähen, und
den Saamen der Empörung unter ihren Mitbür-
gern ausſtreuen? ſind ſie wohl Schüler und Nach-
folger Jeſu, der ſelbſt die gottesvergeſſenſte Obrig-
keit ehrte, und ihren Anordnungen ſich unterwarf,
ohne ſich im geringſten darüber zu beſchweren? Nein,
ſie ſind es nicht! denn der wahre Chriſt iſt gewiß der
würdigſte, der treueſte Unterthan. Er ehrt ſeine
rechtmäſige Obrigkeit als einen Stellvertreter Got-
tes, der Geſetze geben, über die Ausübung derſel-
ben halten, und auf die Art Ruhe, Ordnung und
Glückſeligkeit in der menſchlichen Geſellſchaft beför-
dern ſoll. Gerne wird er die Gewalt der Obrigkeit,
in ſo ferne ſie dem Gewiſſen nicht zuwider iſt, aner-
kennen, und ſich in allen Stücken darnach bequemen,
denn er iſt unterthan aller menſchlichen Ordnung, um
des Herrn willen. *) Er wird zwar über die Schrit-
te und Forderungen der Regierung urtheilen, aber
immer mit Vorſichtigkeit und Beſcheidenheit, und
das um deſto mehr, da man ſchon über die Handlun-
gen ſeiner Mitbürger mit Behutſamkeit urtheilen
muß. Denn wenn es gar nicht erlaubt wäre, über
das Verfahren der Obrigkeit zu urtheilen, ſo würde
Jeſus die, welche ihn über das Recht des Römiſchen
Kaiſers, Abgaben zu fordern, befragten, abgewie-
ſen und geſagt haben, es gebühre ihm nicht, von ſol-
chen
*) 1 Petr. 2, 13.
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