Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LVIII. Betrachtung. dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gotte, wasGottes ist.*) Aeußerst unverschämt war es daher, wenn seine Ankläger ihn in der Folge beschuldigten, er habe das Volk vom Gehorsam gegen die Obrigkeit abwendig gemacht.**) Denn in seinem ganzen Le- ben hatte er nichts gethan und gesagt, woraus man hätte schlüssen können, als wenn er die Unterwerfung der Juden unter die Oberherrschaft der Römer für unrecht hielte; nie hatte er verboten, dem Kaiser die Abgaben zu entrichten, und nie hatte er in der äußern Verfassung seines Vaterlandes etwas geändert. Selbst bey seiner Gefangennehmung, wo alles in der größten Verwirrung war, wo seine Schüler aus treuer Liebe, aus rühmlichem, aber nicht überleg- tem Eifer, ihn vertheidigen, und Gewalt mit Gewalt vertreiben wollten; da verwies er sie mit großer Ge- genwart des Geistes zur Ruhe, da empfahl er ihnen Unterwürfigkeit gegen eine höchst ungerechte Obrig- keit, und erklärte ihre Gegenwehr für strafbar. Stek- ke dein Schwerd, sprach er zum Petrus, an seinen Ort; denn wer das Schwerd nimmt, der soll durchs Schwerd umkommen!***) Er selbst widersetzte sich also der Gewalt nicht, und verstattete auch seinen Freunden keine Gewaltthätigkeiten. Was ist nun wohl von solchen Unterthanen zu chen, *) Matth. 22, 21. **) Luc. 23, 2. ***) Matth. 26, 52. B b 2
LVIII. Betrachtung. dem Kaiſer, was des Kaiſers iſt, und Gotte, wasGottes iſt.*) Aeußerſt unverſchämt war es daher, wenn ſeine Ankläger ihn in der Folge beſchuldigten, er habe das Volk vom Gehorſam gegen die Obrigkeit abwendig gemacht.**) Denn in ſeinem ganzen Le- ben hatte er nichts gethan und geſagt, woraus man hätte ſchlüſſen können, als wenn er die Unterwerfung der Juden unter die Oberherrſchaft der Römer für unrecht hielte; nie hatte er verboten, dem Kaiſer die Abgaben zu entrichten, und nie hatte er in der äußern Verfaſſung ſeines Vaterlandes etwas geändert. Selbſt bey ſeiner Gefangennehmung, wo alles in der größten Verwirrung war, wo ſeine Schüler aus treuer Liebe, aus rühmlichem, aber nicht überleg- tem Eifer, ihn vertheidigen, und Gewalt mit Gewalt vertreiben wollten; da verwies er ſie mit großer Ge- genwart des Geiſtes zur Ruhe, da empfahl er ihnen Unterwürfigkeit gegen eine höchſt ungerechte Obrig- keit, und erklärte ihre Gegenwehr für ſtrafbar. Stek- ke dein Schwerd, ſprach er zum Petrus, an ſeinen Ort; denn wer das Schwerd nimmt, der ſoll durchs Schwerd umkommen!***) Er ſelbſt widerſetzte ſich alſo der Gewalt nicht, und verſtattete auch ſeinen Freunden keine Gewaltthätigkeiten. Was iſt nun wohl von ſolchen Unterthanen zu chen, *) Matth. 22, 21. **) Luc. 23, 2. ***) Matth. 26, 52. B b 2
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LVIII. Betrachtung.
dem Kaiſer, was des Kaiſers iſt, und Gotte, was
Gottes iſt. *) Aeußerſt unverſchämt war es daher,
wenn ſeine Ankläger ihn in der Folge beſchuldigten,
er habe das Volk vom Gehorſam gegen die Obrigkeit
abwendig gemacht. **) Denn in ſeinem ganzen Le-
ben hatte er nichts gethan und geſagt, woraus man
hätte ſchlüſſen können, als wenn er die Unterwerfung
der Juden unter die Oberherrſchaft der Römer für
unrecht hielte; nie hatte er verboten, dem Kaiſer die
Abgaben zu entrichten, und nie hatte er in der äußern
Verfaſſung ſeines Vaterlandes etwas geändert.
Selbſt bey ſeiner Gefangennehmung, wo alles in
der größten Verwirrung war, wo ſeine Schüler aus
treuer Liebe, aus rühmlichem, aber nicht überleg-
tem Eifer, ihn vertheidigen, und Gewalt mit Gewalt
vertreiben wollten; da verwies er ſie mit großer Ge-
genwart des Geiſtes zur Ruhe, da empfahl er ihnen
Unterwürfigkeit gegen eine höchſt ungerechte Obrig-
keit, und erklärte ihre Gegenwehr für ſtrafbar. Stek-
ke dein Schwerd, ſprach er zum Petrus, an ſeinen
Ort; denn wer das Schwerd nimmt, der ſoll durchs
Schwerd umkommen! ***) Er ſelbſt widerſetzte ſich
alſo der Gewalt nicht, und verſtattete auch ſeinen
Freunden keine Gewaltthätigkeiten.
Was iſt nun wohl von ſolchen Unterthanen zu
halten, die bey der geringſten Veranlaſſung in Sa-
chen,
*) Matth. 22, 21.
**) Luc. 23, 2.
***) Matth. 26, 52.
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