Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LVI. Betrachtung. sagte er auch selbst mehrmals, daß Reichthümer dieTheilnehmung an seinem Reiche vielen erschweren, und sie von dem Bekenntniß seiner Lehre abhalten würden. Eben so hatte auch das Urtheil der Vor- nehmen und der Angesehenen durchaus keinen Ein- fluß auf seine Art zu denken und zu handeln, und er war weit davon entfernt, sich blindlings, wie der gro- ße Haufe der Menschen thut, nach ihnen zu richten. Doch weigerte er sich nicht, den Vornehmen und Reichen die Achtung zu erweisen, die ihnen nach ih- ren Verhältnissen im bürgerlichen Leben zukam, und zeigte auch dadurch, daß er gar nicht gesonnen sey, den so nöthigen Unterschied im gesellschaftlichen Leben aufzuheben. Jch will also auch erkennen, daß es eine weise samm-
LVI. Betrachtung. ſagte er auch ſelbſt mehrmals, daß Reichthümer dieTheilnehmung an ſeinem Reiche vielen erſchweren, und ſie von dem Bekenntniß ſeiner Lehre abhalten würden. Eben ſo hatte auch das Urtheil der Vor- nehmen und der Angeſehenen durchaus keinen Ein- fluß auf ſeine Art zu denken und zu handeln, und er war weit davon entfernt, ſich blindlings, wie der gro- ße Haufe der Menſchen thut, nach ihnen zu richten. Doch weigerte er ſich nicht, den Vornehmen und Reichen die Achtung zu erweiſen, die ihnen nach ih- ren Verhältniſſen im bürgerlichen Leben zukam, und zeigte auch dadurch, daß er gar nicht geſonnen ſey, den ſo nöthigen Unterſchied im geſellſchaftlichen Leben aufzuheben. Jch will alſo auch erkennen, daß es eine weiſe ſamm-
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LVI. Betrachtung.
ſagte er auch ſelbſt mehrmals, daß Reichthümer die
Theilnehmung an ſeinem Reiche vielen erſchweren,
und ſie von dem Bekenntniß ſeiner Lehre abhalten
würden. Eben ſo hatte auch das Urtheil der Vor-
nehmen und der Angeſehenen durchaus keinen Ein-
fluß auf ſeine Art zu denken und zu handeln, und er
war weit davon entfernt, ſich blindlings, wie der gro-
ße Haufe der Menſchen thut, nach ihnen zu richten.
Doch weigerte er ſich nicht, den Vornehmen und
Reichen die Achtung zu erweiſen, die ihnen nach ih-
ren Verhältniſſen im bürgerlichen Leben zukam, und
zeigte auch dadurch, daß er gar nicht geſonnen ſey,
den ſo nöthigen Unterſchied im geſellſchaftlichen Leben
aufzuheben.
Jch will alſo auch erkennen, daß es eine weiſe
Einrichtung Gottes ſeyn muß, wenn nur ein Theil
der Menſchen reich und vornehm iſt; ich will ihnen
gerne dieſe Vorzüge gönnen, wenn ſie auch wegen
ihres ſittlichen Verhaltens derſelben nicht allemal
werth ſeyn ſollten. Nie will ich ſie beneiden, und
deswegen mit meinem Schickſale unzufrieden ſeyn,
wenn ich nicht ſo viel Aufſehn und ſo viel Aufwand
machen kann, als ſie. Sind ſie auf ihre Größe und
auf ihren Reichthum ſtolz, haben ſie kein anderes
Verdienſt, als welches ihnen ihre Geburt und ihr
Stand giebt, kennen ſie keine andere Freude, als ihr
Vermögen zu bewahren, Schätze auf Schätze zu
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