den Geschäften dieses Lebens nicht außer Acht lassen müssen. Und so mögen wohl alle übrige Gespräche Jesu mit seinen Freunden für sie sehr lehrreich gewe- sen seyn, ob uns gleich die heiligen Geschichtschreiber keine umständlichere Nachricht davon geben.
So, lieber Christ, lerne an Jesu Beyspiele, daß du zuförderst deinen Verwandten und Freunden vor- zügliche Achtung und Liebe schuldig bist; denn bey der so engen Verbindung, in welcher sie mit dir ste- hen, können sie auch die größten Ansprüche auf deine Liebe machen. Jhre Gesellschaft muß dir die liebste, ihr Umgang der angenehmste seyn. An ihren erfreu- lichen Schicksalen mußt du den wärmsten Antheil nehmen, und mußt dich über ihr Glück eben so leb- haft als über dein eignes freuen. Treffen sie Leiden und Trübsal, so eile unaufgefordert, um sie ihnen zu erleichtern: nimm ihren Kummer zu Herzen, und scheue keine Mühe, keine Kosten, wenn du zur Ver- minderung ihres Glends etwas beytragen kannst. Er- hebt dich Gott über viele deiner Mitmenschen, so schäme dich der vorzüglichen Liebe gegen deine Freun- de, selbst gegen deine armen und geringen Verwand- ten nicht; verachte die nicht, die du sonst als deine treuesten Freunde liebtest, und die den ersten Grund zu deinem Fortkommen in der Welt legten. Mit einem Worte: thue alles, was du kannst, um deine Angehörigen glücklich zu machen, und ihnen des Le-
bens
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LII. Betrachtung.
den Geſchäften dieſes Lebens nicht außer Acht laſſen müſſen. Und ſo mögen wohl alle übrige Geſpräche Jeſu mit ſeinen Freunden für ſie ſehr lehrreich gewe- ſen ſeyn, ob uns gleich die heiligen Geſchichtſchreiber keine umſtändlichere Nachricht davon geben.
So, lieber Chriſt, lerne an Jeſu Beyſpiele, daß du zuförderſt deinen Verwandten und Freunden vor- zügliche Achtung und Liebe ſchuldig biſt; denn bey der ſo engen Verbindung, in welcher ſie mit dir ſte- hen, können ſie auch die größten Anſprüche auf deine Liebe machen. Jhre Geſellſchaft muß dir die liebſte, ihr Umgang der angenehmſte ſeyn. An ihren erfreu- lichen Schickſalen mußt du den wärmſten Antheil nehmen, und mußt dich über ihr Glück eben ſo leb- haft als über dein eignes freuen. Treffen ſie Leiden und Trübſal, ſo eile unaufgefordert, um ſie ihnen zu erleichtern: nimm ihren Kummer zu Herzen, und ſcheue keine Mühe, keine Koſten, wenn du zur Ver- minderung ihres Glends etwas beytragen kannſt. Er- hebt dich Gott über viele deiner Mitmenſchen, ſo ſchäme dich der vorzüglichen Liebe gegen deine Freun- de, ſelbſt gegen deine armen und geringen Verwand- ten nicht; verachte die nicht, die du ſonſt als deine treueſten Freunde liebteſt, und die den erſten Grund zu deinem Fortkommen in der Welt legten. Mit einem Worte: thue alles, was du kannſt, um deine Angehörigen glücklich zu machen, und ihnen des Le-
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LII. Betrachtung.
den Geſchäften dieſes Lebens nicht außer Acht laſſen
müſſen. Und ſo mögen wohl alle übrige Geſpräche
Jeſu mit ſeinen Freunden für ſie ſehr lehrreich gewe-
ſen ſeyn, ob uns gleich die heiligen Geſchichtſchreiber
keine umſtändlichere Nachricht davon geben.
So, lieber Chriſt, lerne an Jeſu Beyſpiele, daß
du zuförderſt deinen Verwandten und Freunden vor-
zügliche Achtung und Liebe ſchuldig biſt; denn bey
der ſo engen Verbindung, in welcher ſie mit dir ſte-
hen, können ſie auch die größten Anſprüche auf deine
Liebe machen. Jhre Geſellſchaft muß dir die liebſte,
ihr Umgang der angenehmſte ſeyn. An ihren erfreu-
lichen Schickſalen mußt du den wärmſten Antheil
nehmen, und mußt dich über ihr Glück eben ſo leb-
haft als über dein eignes freuen. Treffen ſie Leiden
und Trübſal, ſo eile unaufgefordert, um ſie ihnen
zu erleichtern: nimm ihren Kummer zu Herzen, und
ſcheue keine Mühe, keine Koſten, wenn du zur Ver-
minderung ihres Glends etwas beytragen kannſt. Er-
hebt dich Gott über viele deiner Mitmenſchen, ſo
ſchäme dich der vorzüglichen Liebe gegen deine Freun-
de, ſelbſt gegen deine armen und geringen Verwand-
ten nicht; verachte die nicht, die du ſonſt als deine
treueſten Freunde liebteſt, und die den erſten Grund
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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/371>, abgerufen am 23.11.2024.
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