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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

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XXXVIII. Betrachtung.
solche Geschicklichkeiten erwirbt, wodurch er seinen
Nebenmenschen recht brauchbar werden und seinen
Posten in der menschlichen Gesellschaft recht würdig
behaupten kann. Hast du dir nun schon einen be-
stimmten Beruf gewählt, o Mensch; weißt du, wel-
ches deine besondre Bestimmung hier auf Erden ist,
nun so suche sie ganz zu erfüllen, und verliehre sie
nicht aus den Augen. Schätze deinen Stand und
deinen Beruf, er sey so niedrig er wolle, als die
Stelle, die dir Gott angewiesen, und als ein
Werk, das er dir zu verwalten aufgetragen hat.
Denn jeder Beruf, wenn er auch noch so geringe
scheinen sollte, wird dadurch edel und wichtig, wenn
er nur recht nutzbar ist, wenn er uns nur Gelegenheit
verschaft, recht viel Gutes zu stiften, und uns um
andre verdient zu machen. Ein jeder, er sey Fürst
oder Unterthan, Lehrer oder Schüler, Statsbedien-
ter oder Tagelöhner, Kaufmann oder Handwerker,
Mann oder Weib, jeder kann durch die gewissen-
hafte Wahrnehmung der Pflichten seines Standes
und Berufs, der menschlichen Gesellschaft nützlich
werden, und das allgemeine Beste befördern. Je-
der kann in der Abwartung seines Amtes ämsig und
treu seyn; und thut er das, so lebt er seiner Bestim-
mung gemäß, so liebt er sein Vaterland, so wird er
ein brauchbares Werkzeug in der Hand der Vorse-
hung, so wird es ihm nach einem gut angewandten

Leben

XXXVIII. Betrachtung.
ſolche Geſchicklichkeiten erwirbt, wodurch er ſeinen
Nebenmenſchen recht brauchbar werden und ſeinen
Poſten in der menſchlichen Geſellſchaft recht würdig
behaupten kann. Haſt du dir nun ſchon einen be-
ſtimmten Beruf gewählt, o Menſch; weißt du, wel-
ches deine beſondre Beſtimmung hier auf Erden iſt,
nun ſo ſuche ſie ganz zu erfüllen, und verliehre ſie
nicht aus den Augen. Schätze deinen Stand und
deinen Beruf, er ſey ſo niedrig er wolle, als die
Stelle, die dir Gott angewieſen, und als ein
Werk, das er dir zu verwalten aufgetragen hat.
Denn jeder Beruf, wenn er auch noch ſo geringe
ſcheinen ſollte, wird dadurch edel und wichtig, wenn
er nur recht nutzbar iſt, wenn er uns nur Gelegenheit
verſchaft, recht viel Gutes zu ſtiften, und uns um
andre verdient zu machen. Ein jeder, er ſey Fürſt
oder Unterthan, Lehrer oder Schüler, Statsbedien-
ter oder Tagelöhner, Kaufmann oder Handwerker,
Mann oder Weib, jeder kann durch die gewiſſen-
hafte Wahrnehmung der Pflichten ſeines Standes
und Berufs, der menſchlichen Geſellſchaft nützlich
werden, und das allgemeine Beſte befördern. Je-
der kann in der Abwartung ſeines Amtes ämſig und
treu ſeyn; und thut er das, ſo lebt er ſeiner Beſtim-
mung gemäß, ſo liebt er ſein Vaterland, ſo wird er
ein brauchbares Werkzeug in der Hand der Vorſe-
hung, ſo wird es ihm nach einem gut angewandten

Leben
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[253/0279] XXXVIII. Betrachtung. ſolche Geſchicklichkeiten erwirbt, wodurch er ſeinen Nebenmenſchen recht brauchbar werden und ſeinen Poſten in der menſchlichen Geſellſchaft recht würdig behaupten kann. Haſt du dir nun ſchon einen be- ſtimmten Beruf gewählt, o Menſch; weißt du, wel- ches deine beſondre Beſtimmung hier auf Erden iſt, nun ſo ſuche ſie ganz zu erfüllen, und verliehre ſie nicht aus den Augen. Schätze deinen Stand und deinen Beruf, er ſey ſo niedrig er wolle, als die Stelle, die dir Gott angewieſen, und als ein Werk, das er dir zu verwalten aufgetragen hat. Denn jeder Beruf, wenn er auch noch ſo geringe ſcheinen ſollte, wird dadurch edel und wichtig, wenn er nur recht nutzbar iſt, wenn er uns nur Gelegenheit verſchaft, recht viel Gutes zu ſtiften, und uns um andre verdient zu machen. Ein jeder, er ſey Fürſt oder Unterthan, Lehrer oder Schüler, Statsbedien- ter oder Tagelöhner, Kaufmann oder Handwerker, Mann oder Weib, jeder kann durch die gewiſſen- hafte Wahrnehmung der Pflichten ſeines Standes und Berufs, der menſchlichen Geſellſchaft nützlich werden, und das allgemeine Beſte befördern. Je- der kann in der Abwartung ſeines Amtes ämſig und treu ſeyn; und thut er das, ſo lebt er ſeiner Beſtim- mung gemäß, ſo liebt er ſein Vaterland, ſo wird er ein brauchbares Werkzeug in der Hand der Vorſe- hung, ſo wird es ihm nach einem gut angewandten Leben

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/279>, abgerufen am 22.11.2024.