bisweilen deine Wohlthaten einem Unwürdigen zu Theil werden, der dich nachher mit Undank belohnt.
Kannst du übrigens Noth und Elend unter dei- nen Brüdern ganz hindern, ohne daß sie es fühlen, so denke, daß das weit edler ist, als wenn du dem Unglücklichen durch Unterstützung seine Leiden auf ei- nige Zeit zu vermindern suchst. Thue endlich gerne im Stillen Gutes; mache nicht viel Geräusch und Aufsehen mit den Erweisungen deiner Wohlthätig- keit; laß dichs nicht dauern, daß du das Lob, den Dank und den Beyfall deiner Mitmenschen entbeh- ren mußt, denn dein himmlischer Vater, der ins Verborgene siehet, wird dirs vergelten öffentlich.*) Werde also niemals müde und verdrossen, Gutes zu thun; denn es kommt eine Zeit, wo du reichlich erndten wirst ohne Aufhören.
Gieb, daß ich willig gebe; Mich, wohlzuthun, bestrebe, So wie mein Heiland that; Der zärtliche Erbarmer, Den kein bedrängter Armer Vergebens je um Hülfe bat. Erhalt' in mir die Triebe Der mitleidsvollen Liebe. Wie du mir Guts gethan: So laß um deinet willen Mich andrer Seufzer stillen, So oft ich sie nur stillen kann.
Neun-
*) Matth. 6, 4.
XXVIII. Betrachtung.
bisweilen deine Wohlthaten einem Unwürdigen zu Theil werden, der dich nachher mit Undank belohnt.
Kannſt du übrigens Noth und Elend unter dei- nen Brüdern ganz hindern, ohne daß ſie es fühlen, ſo denke, daß das weit edler iſt, als wenn du dem Unglücklichen durch Unterſtützung ſeine Leiden auf ei- nige Zeit zu vermindern ſuchſt. Thue endlich gerne im Stillen Gutes; mache nicht viel Geräuſch und Aufſehen mit den Erweiſungen deiner Wohlthätig- keit; laß dichs nicht dauern, daß du das Lob, den Dank und den Beyfall deiner Mitmenſchen entbeh- ren mußt, denn dein himmliſcher Vater, der ins Verborgene ſiehet, wird dirs vergelten öffentlich.*) Werde alſo niemals müde und verdroſſen, Gutes zu thun; denn es kommt eine Zeit, wo du reichlich erndten wirſt ohne Aufhören.
Gieb, daß ich willig gebe; Mich, wohlzuthun, beſtrebe, So wie mein Heiland that; Der zärtliche Erbarmer, Den kein bedrängter Armer Vergebens je um Hülfe bat. Erhalt’ in mir die Triebe Der mitleidsvollen Liebe. Wie du mir Guts gethan: So laß um deinet willen Mich andrer Seufzer ſtillen, So oft ich ſie nur ſtillen kann.
Neun-
*) Matth. 6, 4.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0211"n="185"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">XXVIII.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
bisweilen deine Wohlthaten einem Unwürdigen zu<lb/>
Theil werden, der dich nachher mit Undank belohnt.</p><lb/><p>Kannſt du übrigens Noth und Elend unter dei-<lb/>
nen Brüdern ganz hindern, ohne daß ſie es fühlen,<lb/>ſo denke, daß das weit edler iſt, als wenn du dem<lb/>
Unglücklichen durch Unterſtützung ſeine Leiden auf ei-<lb/>
nige Zeit zu vermindern ſuchſt. Thue endlich gerne<lb/>
im Stillen Gutes; mache nicht viel Geräuſch und<lb/>
Aufſehen mit den Erweiſungen deiner Wohlthätig-<lb/>
keit; laß dichs nicht dauern, daß du das Lob, den<lb/>
Dank und den Beyfall deiner Mitmenſchen entbeh-<lb/>
ren mußt, denn dein himmliſcher Vater, <hirendition="#fr">der ins<lb/>
Verborgene ſiehet, wird dirs vergelten öffentlich.</hi><noteplace="foot"n="*)">Matth. 6, 4.</note><lb/>
Werde alſo niemals müde und verdroſſen, Gutes<lb/>
zu thun; denn es kommt eine Zeit, wo du reichlich<lb/>
erndten wirſt ohne Aufhören.</p><lb/><lgtype="poem"><l>Gieb, daß ich willig gebe;</l><lb/><l>Mich, wohlzuthun, beſtrebe,</l><lb/><l>So wie mein Heiland that;</l><lb/><l>Der zärtliche Erbarmer,</l><lb/><l>Den kein bedrängter Armer</l><lb/><l>Vergebens je um Hülfe bat.</l><lb/><l>Erhalt’ in mir die Triebe</l><lb/><l>Der mitleidsvollen Liebe.</l><lb/><l>Wie du mir Guts gethan:</l><lb/><l>So laß um deinet willen</l><lb/><l>Mich andrer Seufzer ſtillen,</l><lb/><l>So oft ich ſie nur ſtillen kann.</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Neun-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[185/0211]
XXVIII. Betrachtung.
bisweilen deine Wohlthaten einem Unwürdigen zu
Theil werden, der dich nachher mit Undank belohnt.
Kannſt du übrigens Noth und Elend unter dei-
nen Brüdern ganz hindern, ohne daß ſie es fühlen,
ſo denke, daß das weit edler iſt, als wenn du dem
Unglücklichen durch Unterſtützung ſeine Leiden auf ei-
nige Zeit zu vermindern ſuchſt. Thue endlich gerne
im Stillen Gutes; mache nicht viel Geräuſch und
Aufſehen mit den Erweiſungen deiner Wohlthätig-
keit; laß dichs nicht dauern, daß du das Lob, den
Dank und den Beyfall deiner Mitmenſchen entbeh-
ren mußt, denn dein himmliſcher Vater, der ins
Verborgene ſiehet, wird dirs vergelten öffentlich. *)
Werde alſo niemals müde und verdroſſen, Gutes
zu thun; denn es kommt eine Zeit, wo du reichlich
erndten wirſt ohne Aufhören.
Gieb, daß ich willig gebe;
Mich, wohlzuthun, beſtrebe,
So wie mein Heiland that;
Der zärtliche Erbarmer,
Den kein bedrängter Armer
Vergebens je um Hülfe bat.
Erhalt’ in mir die Triebe
Der mitleidsvollen Liebe.
Wie du mir Guts gethan:
So laß um deinet willen
Mich andrer Seufzer ſtillen,
So oft ich ſie nur ſtillen kann.
Neun-
*) Matth. 6, 4.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/211>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.