was bekümmert ihr euch doch, daß ihr nicht habt Brod mit euch genommen, vernehmet ihr doch nichts?*) Und ein andermal, als sie seine Gleich- nißreden nicht fassen konnten, sprach er: seyd ihr denn auch noch unverständig?**) könnt auch ihr noch so gar wenig begreifen?
Nun sind wir zwar nicht alle zu Lehrern beru- fen; indessen bleibt es doch unsere Pflicht, Unwis- sende und Jrrende zu belehren, sobald wir selbst bes- sere Einsichten haben. Denn wenn es entschieden ist, daß die Erkenntniß des einigen wahren Gottes und dessen, den er gesandt hat, Jesu Christi, der sicherste Weg zur wahren Glückseligkeit ist: muß uns da nicht die Menschenliebe und der Eifer für das ewige Heil unserer Brüder dringen, dem Jrrthum und der Unwissenheit zu steuern, und dagegen wahre Erkenntniß Gottes und Jesu Christi zu befördern? Seyd ihr also gleich keine öffentlichen Lehrer, so seyd ihr doch schon als Eltern, als Hausväter, als Vorge- setzte zur Verbreitung der Wahrheit, und zur Be- förderung nützlicher Religionskenntnisse unter den Eurigen verpflichtet. So bald ihr daher unter eu- ern Mitmenschen solche sehet, die in Religionssa- chen mehr oder weniger irren; so seyd duldsam und nachsichtig gegen sie, und überlegt, daß die Jrrthü- mer mancher Menschen durch ihre Erziehung, durch
ihren
*) Matth. 16, 8.
**) Matth. 15, 16.
XXIV. Betrachtung.
was bekümmert ihr euch doch, daß ihr nicht habt Brod mit euch genommen, vernehmet ihr doch nichts?*) Und ein andermal, als ſie ſeine Gleich- nißreden nicht faſſen konnten, ſprach er: ſeyd ihr denn auch noch unverſtändig?**) könnt auch ihr noch ſo gar wenig begreifen?
Nun ſind wir zwar nicht alle zu Lehrern beru- fen; indeſſen bleibt es doch unſere Pflicht, Unwiſ- ſende und Jrrende zu belehren, ſobald wir ſelbſt beſ- ſere Einſichten haben. Denn wenn es entſchieden iſt, daß die Erkenntniß des einigen wahren Gottes und deſſen, den er geſandt hat, Jeſu Chriſti, der ſicherſte Weg zur wahren Glückſeligkeit iſt: muß uns da nicht die Menſchenliebe und der Eifer für das ewige Heil unſerer Brüder dringen, dem Jrrthum und der Unwiſſenheit zu ſteuern, und dagegen wahre Erkenntniß Gottes und Jeſu Chriſti zu befördern? Seyd ihr alſo gleich keine öffentlichen Lehrer, ſo ſeyd ihr doch ſchon als Eltern, als Hausväter, als Vorge- ſetzte zur Verbreitung der Wahrheit, und zur Be- förderung nützlicher Religionskenntniſſe unter den Eurigen verpflichtet. So bald ihr daher unter eu- ern Mitmenſchen ſolche ſehet, die in Religionsſa- chen mehr oder weniger irren; ſo ſeyd duldſam und nachſichtig gegen ſie, und überlegt, daß die Jrrthü- mer mancher Menſchen durch ihre Erziehung, durch
ihren
*) Matth. 16, 8.
**) Matth. 15, 16.
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XXIV. Betrachtung.
was bekümmert ihr euch doch, daß ihr nicht habt
Brod mit euch genommen, vernehmet ihr doch
nichts? *) Und ein andermal, als ſie ſeine Gleich-
nißreden nicht faſſen konnten, ſprach er: ſeyd ihr
denn auch noch unverſtändig? **) könnt auch ihr
noch ſo gar wenig begreifen?
Nun ſind wir zwar nicht alle zu Lehrern beru-
fen; indeſſen bleibt es doch unſere Pflicht, Unwiſ-
ſende und Jrrende zu belehren, ſobald wir ſelbſt beſ-
ſere Einſichten haben. Denn wenn es entſchieden
iſt, daß die Erkenntniß des einigen wahren Gottes
und deſſen, den er geſandt hat, Jeſu Chriſti, der
ſicherſte Weg zur wahren Glückſeligkeit iſt: muß
uns da nicht die Menſchenliebe und der Eifer für das
ewige Heil unſerer Brüder dringen, dem Jrrthum
und der Unwiſſenheit zu ſteuern, und dagegen wahre
Erkenntniß Gottes und Jeſu Chriſti zu befördern?
Seyd ihr alſo gleich keine öffentlichen Lehrer, ſo ſeyd
ihr doch ſchon als Eltern, als Hausväter, als Vorge-
ſetzte zur Verbreitung der Wahrheit, und zur Be-
förderung nützlicher Religionskenntniſſe unter den
Eurigen verpflichtet. So bald ihr daher unter eu-
ern Mitmenſchen ſolche ſehet, die in Religionsſa-
chen mehr oder weniger irren; ſo ſeyd duldſam und
nachſichtig gegen ſie, und überlegt, daß die Jrrthü-
mer mancher Menſchen durch ihre Erziehung, durch
ihren
*) Matth. 16, 8.
**) Matth. 15, 16.
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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/184>, abgerufen am 16.02.2025.
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