sein Mißfallen zugezogen; ich werde finden, wie oft er mich vor andern mit so vielen Uebeln verschont hat, die ich bey aller Klugheit und Vorsicht nicht hätte ab- wenden können, wenn sie Gottes schonende und stets wachende Vorsehung nicht von mir entfernt hätte. Nie will ich so verwegen, so menschenfeindlich han- deln und die unangenehmen Zufälle, die meinen Mit- menschen begegnen, für Strafen Gottes erklären; nein, ich will billiger denken, ich will sie als Prüfun- gen ansehen, durch die sie Gott zur Vollkommenheit leiten will; ich will sie als Züchtigungen betrachten, die gleich den Stürmen und Ungewittern, zwar auf der einen Seite einigen Nachtheil verursachen, die aber auf der andern Seite in der Folge die heilsam- sten Wirkungen hervor bringen. Jch will denken:
Gott, Gott regiert mit weiser Stärke, Erbarmt sich aller seiner Werke; Wiegt Glück der Menschen, wiegt ihr Leid, Und was er schickt, ist Seligkeit.
Zwote
XX. Betrachtung.
ſein Mißfallen zugezogen; ich werde finden, wie oft er mich vor andern mit ſo vielen Uebeln verſchont hat, die ich bey aller Klugheit und Vorſicht nicht hätte ab- wenden können, wenn ſie Gottes ſchonende und ſtets wachende Vorſehung nicht von mir entfernt hätte. Nie will ich ſo verwegen, ſo menſchenfeindlich han- deln und die unangenehmen Zufälle, die meinen Mit- menſchen begegnen, für Strafen Gottes erklären; nein, ich will billiger denken, ich will ſie als Prüfun- gen anſehen, durch die ſie Gott zur Vollkommenheit leiten will; ich will ſie als Züchtigungen betrachten, die gleich den Stürmen und Ungewittern, zwar auf der einen Seite einigen Nachtheil verurſachen, die aber auf der andern Seite in der Folge die heilſam- ſten Wirkungen hervor bringen. Jch will denken:
Gott, Gott regiert mit weiſer Stärke, Erbarmt ſich aller ſeiner Werke; Wiegt Glück der Menſchen, wiegt ihr Leid, Und was er ſchickt, iſt Seligkeit.
Zwote
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XX. Betrachtung.
ſein Mißfallen zugezogen; ich werde finden, wie oft
er mich vor andern mit ſo vielen Uebeln verſchont hat,
die ich bey aller Klugheit und Vorſicht nicht hätte ab-
wenden können, wenn ſie Gottes ſchonende und ſtets
wachende Vorſehung nicht von mir entfernt hätte.
Nie will ich ſo verwegen, ſo menſchenfeindlich han-
deln und die unangenehmen Zufälle, die meinen Mit-
menſchen begegnen, für Strafen Gottes erklären;
nein, ich will billiger denken, ich will ſie als Prüfun-
gen anſehen, durch die ſie Gott zur Vollkommenheit
leiten will; ich will ſie als Züchtigungen betrachten,
die gleich den Stürmen und Ungewittern, zwar auf
der einen Seite einigen Nachtheil verurſachen, die
aber auf der andern Seite in der Folge die heilſam-
ſten Wirkungen hervor bringen. Jch will denken:
Gott, Gott regiert mit weiſer Stärke,
Erbarmt ſich aller ſeiner Werke;
Wiegt Glück der Menſchen, wiegt ihr Leid,
Und was er ſchickt, iſt Seligkeit.
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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/154>, abgerufen am 16.07.2024.
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