Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


Sechszehnte Betrachtung.
Jesu vertrauter Umgang mit Gott im Gebete.

1. Thes. 5, 17. Betet ohne Unterlaß!

Jesus Christus empfahl nicht nur durch seinen
Unterricht sehr nachdrücklich das Gebet; er gab
seinen Schülern dazu nicht nur die schönsten Anwei-
sungen und die trostvollsten Verheissungen*), son-
dern er stellte sich ihnen auch in diesem Stücke als
ein unverbesserliches Muster dar, und er war ohn-
streitig unter allen Betern, von welchen uns die Bi-
bel Nachricht giebt, der vornehmste und eifrigste.
Denn das Gebet war für ihn nicht sowohl Pflicht,
als vielmehr Vergnügen; es war ihm nicht eine be-
schwerliche Last, sondern eine innige Freude. Das
Gebet war seine gewöhnlichste Unterhaltung mit sich
selbst, und die Freude seiner Ruhestunden. Oft
hörten es seine Jünger, wie er die Empfindungen sei-
nes Herzens ausdrückte, oder sie sahen die Heiter-
keit und Erhebung seiner Seele, die ein sichtbarer
Ausdruck seines immerwährenden Umgangs mit Gott
war.**) Oft wenn er den Tag über, vom Volke
umringt, mit Lehren und Wohlthun sich beschäftiget;

wenn
*) Luc. 18, 1. Matth. 6. 6-13. Kap. 7, 7-11.
**) Luc. 11, 1.
G


Sechszehnte Betrachtung.
Jeſu vertrauter Umgang mit Gott im Gebete.

1. Theſ. 5, 17. Betet ohne Unterlaß!

Jeſus Chriſtus empfahl nicht nur durch ſeinen
Unterricht ſehr nachdrücklich das Gebet; er gab
ſeinen Schülern dazu nicht nur die ſchönſten Anwei-
ſungen und die troſtvollſten Verheiſſungen*), ſon-
dern er ſtellte ſich ihnen auch in dieſem Stücke als
ein unverbeſſerliches Muſter dar, und er war ohn-
ſtreitig unter allen Betern, von welchen uns die Bi-
bel Nachricht giebt, der vornehmſte und eifrigſte.
Denn das Gebet war für ihn nicht ſowohl Pflicht,
als vielmehr Vergnügen; es war ihm nicht eine be-
ſchwerliche Laſt, ſondern eine innige Freude. Das
Gebet war ſeine gewöhnlichſte Unterhaltung mit ſich
ſelbſt, und die Freude ſeiner Ruheſtunden. Oft
hörten es ſeine Jünger, wie er die Empfindungen ſei-
nes Herzens ausdrückte, oder ſie ſahen die Heiter-
keit und Erhebung ſeiner Seele, die ein ſichtbarer
Ausdruck ſeines immerwährenden Umgangs mit Gott
war.**) Oft wenn er den Tag über, vom Volke
umringt, mit Lehren und Wohlthun ſich beſchäftiget;

wenn
*) Luc. 18, 1. Matth. 6. 6-13. Kap. 7, 7-11.
**) Luc. 11, 1.
G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0123" n="97"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head>Sechszehnte Betrachtung.<lb/>
Je&#x017F;u vertrauter Umgang mit Gott im Gebete.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">1. The&#x017F;. 5, 17. <hi rendition="#g">Betet ohne Unterlaß!</hi></hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>e&#x017F;us Chri&#x017F;tus empfahl nicht nur durch &#x017F;einen<lb/>
Unterricht &#x017F;ehr nachdrücklich das Gebet; er gab<lb/>
&#x017F;einen Schülern dazu nicht nur die &#x017F;chön&#x017F;ten Anwei-<lb/>
&#x017F;ungen und die tro&#x017F;tvoll&#x017F;ten Verhei&#x017F;&#x017F;ungen<note place="foot" n="*)">Luc. 18, 1. Matth. 6. 6-13. Kap. 7, 7-11.</note>, &#x017F;on-<lb/>
dern er &#x017F;tellte &#x017F;ich ihnen auch in die&#x017F;em Stücke als<lb/>
ein unverbe&#x017F;&#x017F;erliches Mu&#x017F;ter dar, und er war ohn-<lb/>
&#x017F;treitig unter allen Betern, von welchen uns die Bi-<lb/>
bel Nachricht giebt, der vornehm&#x017F;te und eifrig&#x017F;te.<lb/>
Denn das Gebet war für ihn nicht &#x017F;owohl Pflicht,<lb/>
als vielmehr Vergnügen; es war ihm nicht eine be-<lb/>
&#x017F;chwerliche La&#x017F;t, &#x017F;ondern eine innige Freude. Das<lb/>
Gebet war &#x017F;eine gewöhnlich&#x017F;te Unterhaltung mit &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, und die Freude &#x017F;einer Ruhe&#x017F;tunden. Oft<lb/>
hörten es &#x017F;eine Jünger, wie er die Empfindungen &#x017F;ei-<lb/>
nes Herzens ausdrückte, oder &#x017F;ie &#x017F;ahen die Heiter-<lb/>
keit und Erhebung &#x017F;einer Seele, die ein &#x017F;ichtbarer<lb/>
Ausdruck &#x017F;eines immerwährenden Umgangs mit Gott<lb/>
war.<note place="foot" n="**)">Luc. 11, 1.</note> Oft wenn er den Tag über, vom Volke<lb/>
umringt, mit Lehren und Wohlthun &#x017F;ich be&#x017F;chäftiget;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G</fw><fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0123] Sechszehnte Betrachtung. Jeſu vertrauter Umgang mit Gott im Gebete. 1. Theſ. 5, 17. Betet ohne Unterlaß! Jeſus Chriſtus empfahl nicht nur durch ſeinen Unterricht ſehr nachdrücklich das Gebet; er gab ſeinen Schülern dazu nicht nur die ſchönſten Anwei- ſungen und die troſtvollſten Verheiſſungen *), ſon- dern er ſtellte ſich ihnen auch in dieſem Stücke als ein unverbeſſerliches Muſter dar, und er war ohn- ſtreitig unter allen Betern, von welchen uns die Bi- bel Nachricht giebt, der vornehmſte und eifrigſte. Denn das Gebet war für ihn nicht ſowohl Pflicht, als vielmehr Vergnügen; es war ihm nicht eine be- ſchwerliche Laſt, ſondern eine innige Freude. Das Gebet war ſeine gewöhnlichſte Unterhaltung mit ſich ſelbſt, und die Freude ſeiner Ruheſtunden. Oft hörten es ſeine Jünger, wie er die Empfindungen ſei- nes Herzens ausdrückte, oder ſie ſahen die Heiter- keit und Erhebung ſeiner Seele, die ein ſichtbarer Ausdruck ſeines immerwährenden Umgangs mit Gott war. **) Oft wenn er den Tag über, vom Volke umringt, mit Lehren und Wohlthun ſich beſchäftiget; wenn *) Luc. 18, 1. Matth. 6. 6-13. Kap. 7, 7-11. **) Luc. 11, 1. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/123
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/123>, abgerufen am 16.07.2024.