Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

XIV. Betrachtung.
die Dankbarkeit für uns Pflicht, für uns, die wir
als Sünder viel zu geringe sind aller Treue und
Barmherzigkeit, die der Vater der Menschen täg-
lich an uns thut. Wir können gar keinen gegrün-
deten Anspruch auf Gottes Wohlthaten machen;
denn sie fließen alle aus seiner freyen Gnade her, und
oft machen wir uns durch Kälte und Fühllosigkeit bey
dem Empfang, so wie durch schlechte Anwendung
bey dem Genusse, derselben ganz unwürdig. Sehr
nöthig ist also für uns vergeßliche und leichtsinnige
Menschen die Ermahnung: Saget Dank allezeit für
alles Gott und dem Vater, in dem Nahmen unsers
Herrn Jesu Christi.
*) Ja, für jede Wohlthat, die
mir zu Theil wird, für jede Arbeit, die mir gelingt,
für jede Speise, die mich erquickt, für jeden uner-
warteten Segen, der mir zufließt, für jede überstan-
dene Gefahr, für jedes mir nützlich gewesene Leiden,
will ich Gott danken. Dadurch will ich mich von
Gottesvergessenen Menschen und von unvernünftigen
Thieren unterscheiden, und das Beyspiel meines Er-
lösers soll diesen Trieb der Erkenntlichkeit in mir be-
festigen. Jch will nicht immer auf besondere Er-
weckungen zur Dankbarkeit warten; nein! ich will
die täglichen Proben der Güte Gottes, die er mir
oder meinen Mitmenschen giebt, dazu nutzen, und
mich so zur immerwährenden Dankbarkeit gewöhnen,

damit
*) Ephes. 5, 20.
F 4

XIV. Betrachtung.
die Dankbarkeit für uns Pflicht, für uns, die wir
als Sünder viel zu geringe ſind aller Treue und
Barmherzigkeit, die der Vater der Menſchen täg-
lich an uns thut. Wir können gar keinen gegrün-
deten Anſpruch auf Gottes Wohlthaten machen;
denn ſie fließen alle aus ſeiner freyen Gnade her, und
oft machen wir uns durch Kälte und Fühlloſigkeit bey
dem Empfang, ſo wie durch ſchlechte Anwendung
bey dem Genuſſe, derſelben ganz unwürdig. Sehr
nöthig iſt alſo für uns vergeßliche und leichtſinnige
Menſchen die Ermahnung: Saget Dank allezeit für
alles Gott und dem Vater, in dem Nahmen unſers
Herrn Jeſu Chriſti.
*) Ja, für jede Wohlthat, die
mir zu Theil wird, für jede Arbeit, die mir gelingt,
für jede Speiſe, die mich erquickt, für jeden uner-
warteten Segen, der mir zufließt, für jede überſtan-
dene Gefahr, für jedes mir nützlich geweſene Leiden,
will ich Gott danken. Dadurch will ich mich von
Gottesvergeſſenen Menſchen und von unvernünftigen
Thieren unterſcheiden, und das Beyſpiel meines Er-
löſers ſoll dieſen Trieb der Erkenntlichkeit in mir be-
feſtigen. Jch will nicht immer auf beſondere Er-
weckungen zur Dankbarkeit warten; nein! ich will
die täglichen Proben der Güte Gottes, die er mir
oder meinen Mitmenſchen giebt, dazu nutzen, und
mich ſo zur immerwährenden Dankbarkeit gewöhnen,

damit
*) Epheſ. 5, 20.
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0113" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
die Dankbarkeit für uns Pflicht, für uns, die wir<lb/>
als Sünder viel zu geringe &#x017F;ind aller Treue und<lb/>
Barmherzigkeit, die der Vater der Men&#x017F;chen täg-<lb/>
lich an uns thut. Wir können gar keinen gegrün-<lb/>
deten An&#x017F;pruch auf Gottes Wohlthaten machen;<lb/>
denn &#x017F;ie fließen alle aus &#x017F;einer freyen Gnade her, und<lb/>
oft machen wir uns durch Kälte und Fühllo&#x017F;igkeit bey<lb/>
dem Empfang, &#x017F;o wie durch &#x017F;chlechte Anwendung<lb/>
bey dem Genu&#x017F;&#x017F;e, der&#x017F;elben ganz unwürdig. Sehr<lb/>
nöthig i&#x017F;t al&#x017F;o für uns vergeßliche und leicht&#x017F;innige<lb/>
Men&#x017F;chen die Ermahnung: <hi rendition="#fr">Saget Dank allezeit für<lb/>
alles Gott und dem Vater, in dem Nahmen un&#x017F;ers<lb/>
Herrn Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti.</hi><note place="foot" n="*)">Ephe&#x017F;. 5, 20.</note> Ja, für jede Wohlthat, die<lb/>
mir zu Theil wird, für jede Arbeit, die mir gelingt,<lb/>
für jede Spei&#x017F;e, die mich erquickt, für jeden uner-<lb/>
warteten Segen, der mir zufließt, für jede über&#x017F;tan-<lb/>
dene Gefahr, für jedes mir nützlich gewe&#x017F;ene Leiden,<lb/>
will ich Gott danken. Dadurch will ich mich von<lb/>
Gottesverge&#x017F;&#x017F;enen Men&#x017F;chen und von unvernünftigen<lb/>
Thieren unter&#x017F;cheiden, und das Bey&#x017F;piel meines Er-<lb/>&#x017F;ers &#x017F;oll die&#x017F;en Trieb der Erkenntlichkeit in mir be-<lb/>
fe&#x017F;tigen. Jch will nicht immer auf be&#x017F;ondere Er-<lb/>
weckungen zur Dankbarkeit warten; nein! ich will<lb/>
die täglichen Proben der Güte Gottes, die er mir<lb/>
oder meinen Mitmen&#x017F;chen giebt, dazu nutzen, und<lb/>
mich &#x017F;o zur immerwährenden Dankbarkeit gewöhnen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><fw place="bottom" type="catch">damit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0113] XIV. Betrachtung. die Dankbarkeit für uns Pflicht, für uns, die wir als Sünder viel zu geringe ſind aller Treue und Barmherzigkeit, die der Vater der Menſchen täg- lich an uns thut. Wir können gar keinen gegrün- deten Anſpruch auf Gottes Wohlthaten machen; denn ſie fließen alle aus ſeiner freyen Gnade her, und oft machen wir uns durch Kälte und Fühlloſigkeit bey dem Empfang, ſo wie durch ſchlechte Anwendung bey dem Genuſſe, derſelben ganz unwürdig. Sehr nöthig iſt alſo für uns vergeßliche und leichtſinnige Menſchen die Ermahnung: Saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater, in dem Nahmen unſers Herrn Jeſu Chriſti. *) Ja, für jede Wohlthat, die mir zu Theil wird, für jede Arbeit, die mir gelingt, für jede Speiſe, die mich erquickt, für jeden uner- warteten Segen, der mir zufließt, für jede überſtan- dene Gefahr, für jedes mir nützlich geweſene Leiden, will ich Gott danken. Dadurch will ich mich von Gottesvergeſſenen Menſchen und von unvernünftigen Thieren unterſcheiden, und das Beyſpiel meines Er- löſers ſoll dieſen Trieb der Erkenntlichkeit in mir be- feſtigen. Jch will nicht immer auf beſondere Er- weckungen zur Dankbarkeit warten; nein! ich will die täglichen Proben der Güte Gottes, die er mir oder meinen Mitmenſchen giebt, dazu nutzen, und mich ſo zur immerwährenden Dankbarkeit gewöhnen, damit *) Epheſ. 5, 20. F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/113
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/113>, abgerufen am 22.11.2024.