vorläge, diesen Stand zu wählen; nie da, wo noch Auswahl da ist.
Muß nicht im Grunde die Rücksicht auf das Seelenheil die Hauptrücksicht bei der in Rede stehen- den Wahl sein, wenigstens dahin, daß so viel möglich kein Stand gewählt werde, welcher dem Seelenheile gradzu Hinderniß und Gefahr drohet; daß bei der Wahl gern, so viel möglich, dem Stande der Vorzug gegeben werde, welcher am Meisten Schutz und För- derung des Seelenheiles bietet! Oder ist nicht, im Lichte des Glaubens betrachtet, das Leben des Men- schen auf Erden eine Vorbereitungsfrist für die Ewig- keit, mit Allem, was der Mensch ist und hat und um sich findet, dazu von Gott gegeben, daß er sich entwickele und ausbilde zur Würdigkeit für eine selige Ewigkeit? Wie das also die Hauptaufgabe des Le- bens überhaupt, so ist es auch die Hauptaufgabe der verschiedenen Lebensstände, und daher die Hauptrück- sicht bei der Wahl derselben, daß man prüfe und sehe, ob der betreffende Stand für die Erreichung jener Hauptaufgabe zuträglich oder hinderlich sei. Läßt also ein Vater das aus dem Auge, hat er bei der Standeswahl für den Sohn nur das Leben auf Erden und irdische Rücksichten im Auge, so wird der Sohn durch den also einseitig gewählten Stand nur zu leicht dem ewigen Verderben entgegengeführt. Was wird es ihm dann nutzen, ob er für die paar Jahre seines Lebens auch noch so viel Erdenglück genossen hätte? Aber derselbe wird auf die Dauer nicht ein- mal ein wahres Glück auf Erden finden; denn wah- res Glück blühet auch auf Erden nur dem, der seiner Bestimmung gemäß ein gottgefälliges Leben führt.
vorläge, diesen Stand zu wählen; nie da, wo noch Auswahl da ist.
Muß nicht im Grunde die Rücksicht auf das Seelenheil die Hauptrücksicht bei der in Rede stehen- den Wahl sein, wenigstens dahin, daß so viel möglich kein Stand gewählt werde, welcher dem Seelenheile gradzu Hinderniß und Gefahr drohet; daß bei der Wahl gern, so viel möglich, dem Stande der Vorzug gegeben werde, welcher am Meisten Schutz und För- derung des Seelenheiles bietet! Oder ist nicht, im Lichte des Glaubens betrachtet, das Leben des Men- schen auf Erden eine Vorbereitungsfrist für die Ewig- keit, mit Allem, was der Mensch ist und hat und um sich findet, dazu von Gott gegeben, daß er sich entwickele und ausbilde zur Würdigkeit für eine selige Ewigkeit? Wie das also die Hauptaufgabe des Le- bens überhaupt, so ist es auch die Hauptaufgabe der verschiedenen Lebensstände, und daher die Hauptrück- sicht bei der Wahl derselben, daß man prüfe und sehe, ob der betreffende Stand für die Erreichung jener Hauptaufgabe zuträglich oder hinderlich sei. Läßt also ein Vater das aus dem Auge, hat er bei der Standeswahl für den Sohn nur das Leben auf Erden und irdische Rücksichten im Auge, so wird der Sohn durch den also einseitig gewählten Stand nur zu leicht dem ewigen Verderben entgegengeführt. Was wird es ihm dann nutzen, ob er für die paar Jahre seines Lebens auch noch so viel Erdenglück genossen hätte? Aber derselbe wird auf die Dauer nicht ein- mal ein wahres Glück auf Erden finden; denn wah- res Glück blühet auch auf Erden nur dem, der seiner Bestimmung gemäß ein gottgefälliges Leben führt.
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vorläge, diesen Stand zu wählen; nie da, wo
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Muß nicht im Grunde die Rücksicht auf das
Seelenheil die Hauptrücksicht bei der in Rede stehen-
den Wahl sein, wenigstens dahin, daß so viel möglich
kein Stand gewählt werde, welcher dem Seelenheile
gradzu Hinderniß und Gefahr drohet; daß bei der
Wahl gern, so viel möglich, dem Stande der Vorzug
gegeben werde, welcher am Meisten Schutz und För-
derung des Seelenheiles bietet! Oder ist nicht, im
Lichte des Glaubens betrachtet, das Leben des Men-
schen auf Erden eine Vorbereitungsfrist für die Ewig-
keit, mit Allem, was der Mensch ist und hat und
um sich findet, dazu von Gott gegeben, daß er sich
entwickele und ausbilde zur Würdigkeit für eine selige
Ewigkeit? Wie das also die Hauptaufgabe des Le-
bens überhaupt, so ist es auch die Hauptaufgabe der
verschiedenen Lebensstände, und daher die Hauptrück-
sicht bei der Wahl derselben, daß man prüfe und
sehe, ob der betreffende Stand für die Erreichung
jener Hauptaufgabe zuträglich oder hinderlich sei.
Läßt also ein Vater das aus dem Auge, hat er bei
der Standeswahl für den Sohn nur das Leben auf
Erden und irdische Rücksichten im Auge, so wird der
Sohn durch den also einseitig gewählten Stand nur
zu leicht dem ewigen Verderben entgegengeführt. Was
wird es ihm dann nutzen, ob er für die paar Jahre
seines Lebens auch noch so viel Erdenglück genossen
hätte? Aber derselbe wird auf die Dauer nicht ein-
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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/136>, abgerufen am 27.11.2024.
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