unmerkliches Nichts verschwindet, unempfind- lich bleiben; wenn sie nicht dadurch zum Gefühle der lebhaftesten Freude erhoben werden könnte?
Jedoch alles, was vollkommen und schön ist, verursacht uns um so viel mehr Vergnügen, je mehr es zu unsrer eignen Vollkommenheit bey- trägt. Wenn es seine wohlthätigen Wirkungen bis auf mich erstrecket, so sehe ich es nicht nur als ein Gut an, sondern als mein Gut. Jch preise ein jedes Volk glücklich, welches einen wei- sen und gütigen Beherrscher hat. Jch kann mich darüber freuen, wenn ich auch nicht zu seinen Un- terthanen gehöre. Aber wenn er mein Beherr- scher ist; wenn ich die Früchte seiner vortreffli- chen Anstalten genieße; wenn ich mich als ein Augenmerk seiner väterlichen Sorgfalt betrachten kann; wenn ich durch seine Gesetze und Unter- nehmungen glücklich werde, wie viel grösser ist nicht meine Freude? Wie viel mehr wird mich nicht alles rühren, was ich von ihm höre oder sehe? O wie seelig bin ich denn nicht, daß ich Gott kenne! Er, das Urbild aller Vollkommen- heit und Schönheit, die immer überfließende Quelle alles Guten, er ist mein Gott! Er ist nicht ein Wesen, das mich etwa nichts weiter angeht, als daß mir der Anblick seiner Herrlich-
keit
D 2
unmerkliches Nichts verſchwindet, unempfind- lich bleiben; wenn ſie nicht dadurch zum Gefühle der lebhafteſten Freude erhoben werden könnte?
Jedoch alles, was vollkommen und ſchön iſt, verurſacht uns um ſo viel mehr Vergnügen, je mehr es zu unſrer eignen Vollkommenheit bey- trägt. Wenn es ſeine wohlthätigen Wirkungen bis auf mich erſtrecket, ſo ſehe ich es nicht nur als ein Gut an, ſondern als mein Gut. Jch preiſe ein jedes Volk glücklich, welches einen wei- ſen und gütigen Beherrſcher hat. Jch kann mich darüber freuen, wenn ich auch nicht zu ſeinen Un- terthanen gehöre. Aber wenn er mein Beherr- ſcher iſt; wenn ich die Früchte ſeiner vortreffli- chen Anſtalten genieße; wenn ich mich als ein Augenmerk ſeiner väterlichen Sorgfalt betrachten kann; wenn ich durch ſeine Geſetze und Unter- nehmungen glücklich werde, wie viel gröſſer iſt nicht meine Freude? Wie viel mehr wird mich nicht alles rühren, was ich von ihm höre oder ſehe? O wie ſeelig bin ich denn nicht, daß ich Gott kenne! Er, das Urbild aller Vollkommen- heit und Schönheit, die immer überfließende Quelle alles Guten, er iſt mein Gott! Er iſt nicht ein Weſen, das mich etwa nichts weiter angeht, als daß mir der Anblick ſeiner Herrlich-
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unmerkliches Nichts verſchwindet, unempfind-
lich bleiben; wenn ſie nicht dadurch zum Gefühle
der lebhafteſten Freude erhoben werden könnte?
Jedoch alles, was vollkommen und ſchön
iſt, verurſacht uns um ſo viel mehr Vergnügen,
je mehr es zu unſrer eignen Vollkommenheit bey-
trägt. Wenn es ſeine wohlthätigen Wirkungen
bis auf mich erſtrecket, ſo ſehe ich es nicht nur
als ein Gut an, ſondern als mein Gut. Jch
preiſe ein jedes Volk glücklich, welches einen wei-
ſen und gütigen Beherrſcher hat. Jch kann mich
darüber freuen, wenn ich auch nicht zu ſeinen Un-
terthanen gehöre. Aber wenn er mein Beherr-
ſcher iſt; wenn ich die Früchte ſeiner vortreffli-
chen Anſtalten genieße; wenn ich mich als ein
Augenmerk ſeiner väterlichen Sorgfalt betrachten
kann; wenn ich durch ſeine Geſetze und Unter-
nehmungen glücklich werde, wie viel gröſſer iſt
nicht meine Freude? Wie viel mehr wird mich
nicht alles rühren, was ich von ihm höre oder
ſehe? O wie ſeelig bin ich denn nicht, daß ich
Gott kenne! Er, das Urbild aller Vollkommen-
heit und Schönheit, die immer überfließende
Quelle alles Guten, er iſt mein Gott! Er iſt
nicht ein Weſen, das mich etwa nichts weiter
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/65>, abgerufen am 24.11.2024.
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