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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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IX.


Die
Glückseeligkeit derer,
die

Gott zu kennen suchen.


Wie hoch sollten wir nicht die Glückseelig-
keit schätzen, daß wir fähig sind, Gott
zu erkennen und zu lieben; daß wir durch die
ganze Einrichtung unsrer Natur gleichsam genö-
thigt werden, uns nicht, gleich den Thieren bloß
auf den Genuß des kurzen sinnlichen Vergnügens
einzuschränken; daß es, je länger es genossen
wird, immer mehr von seinem Reize verliert;
daß wir, je mehr sich unsere höhern Kräfte entwi-
ckeln und ausbilden, immer unzufriedner werden
müssen, je weiter wir uns von dem Besitze des
Besten und Vollkommensten entfernt sehen! Es
ist die erhabenste Beschäfftigung des Menschen,
Gott zu erkennen, aber was noch mehr ist,
auch die seeligste. Je näher wir dadurch unsrer

wah-




IX.


Die
Glückſeeligkeit derer,
die

Gott zu kennen ſuchen.


Wie hoch ſollten wir nicht die Glückſeelig-
keit ſchätzen, daß wir fähig ſind, Gott
zu erkennen und zu lieben; daß wir durch die
ganze Einrichtung unſrer Natur gleichſam genö-
thigt werden, uns nicht, gleich den Thieren bloß
auf den Genuß des kurzen ſinnlichen Vergnügens
einzuſchränken; daß es, je länger es genoſſen
wird, immer mehr von ſeinem Reize verliert;
daß wir, je mehr ſich unſere höhern Kräfte entwi-
ckeln und ausbilden, immer unzufriedner werden
müſſen, je weiter wir uns von dem Beſitze des
Beſten und Vollkommenſten entfernt ſehen! Es
iſt die erhabenſte Beſchäfftigung des Menſchen,
Gott zu erkennen, aber was noch mehr iſt,
auch die ſeeligſte. Je näher wir dadurch unſrer

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[46/0060] IX. Die Glückſeeligkeit derer, die Gott zu kennen ſuchen. Wie hoch ſollten wir nicht die Glückſeelig- keit ſchätzen, daß wir fähig ſind, Gott zu erkennen und zu lieben; daß wir durch die ganze Einrichtung unſrer Natur gleichſam genö- thigt werden, uns nicht, gleich den Thieren bloß auf den Genuß des kurzen ſinnlichen Vergnügens einzuſchränken; daß es, je länger es genoſſen wird, immer mehr von ſeinem Reize verliert; daß wir, je mehr ſich unſere höhern Kräfte entwi- ckeln und ausbilden, immer unzufriedner werden müſſen, je weiter wir uns von dem Beſitze des Beſten und Vollkommenſten entfernt ſehen! Es iſt die erhabenſte Beſchäfftigung des Menſchen, Gott zu erkennen, aber was noch mehr iſt, auch die ſeeligſte. Je näher wir dadurch unſrer wah-

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/60>, abgerufen am 22.11.2024.