nige meiner Handlungen können zwar von einer unmittelbaren Lust begleitet werden, und einen angenehmen Eindruck auf meine Sinne machen; aber dieses Vergnügen ist nicht allein kurz und flüchtig, sondern hat auch sehr oft schädliche Wir- kungen. Schadet es auch nicht, wenn es mit einer gewissen Mäßigung genossen wird, so gereicht mir doch gemeiniglich die Unmäßigkeit in dem Genusse desselben zum Nachtheile. Das Urtheil, daß ich diese oder jene Vorzüge besitze, vergnügt mich; aber wenn mein Wohlgefallen daran ausschwei- fend ist; wenn ich glaube, mehr Vorzüge zu be- sitzen, als ich habe; oder wenn ich diejenigen, deren ich mich rühmen kann, für größer halte, als sie sind, und mich in meinen Unternehmun- gen nach diesem eitlen Wohlgefallen an meinen Kräften und Vorzügen richte: Welch ein man- nichfaltiges Misvergnügen entspringt nicht aus diesem Selbstdünkel, aus diesem Mangel einer richtigen Erkenntniß meiner selbst, meiner ver- schiednen Fähigkeiten, der Ordnung, worinnen sie wirken müssen, und ihres Gleichgewichtes ge- gen einander nach ihren verschiednen Absichten! Wie sehr schadet mir eine verkehrte, nachläßige und hochmüthige Beurtheilung meiner selbst! Wenn also meine Liebe zu mir mit meiner Wohlfarth beste- hen soll: So bin ich sowohl meinem Leibe als mei-
ner
nige meiner Handlungen können zwar von einer unmittelbaren Luſt begleitet werden, und einen angenehmen Eindruck auf meine Sinne machen; aber dieſes Vergnügen iſt nicht allein kurz und flüchtig, ſondern hat auch ſehr oft ſchädliche Wir- kungen. Schadet es auch nicht, wenn es mit einer gewiſſen Mäßigung genoſſen wird, ſo gereicht mir doch gemeiniglich die Unmäßigkeit in dem Genuſſe deſſelben zum Nachtheile. Das Urtheil, daß ich dieſe oder jene Vorzüge beſitze, vergnügt mich; aber wenn mein Wohlgefallen daran ausſchwei- fend iſt; wenn ich glaube, mehr Vorzüge zu be- ſitzen, als ich habe; oder wenn ich diejenigen, deren ich mich rühmen kann, für größer halte, als ſie ſind, und mich in meinen Unternehmun- gen nach dieſem eitlen Wohlgefallen an meinen Kräften und Vorzügen richte: Welch ein man- nichfaltiges Misvergnügen entſpringt nicht aus dieſem Selbſtdünkel, aus dieſem Mangel einer richtigen Erkenntniß meiner ſelbſt, meiner ver- ſchiednen Fähigkeiten, der Ordnung, worinnen ſie wirken müſſen, und ihres Gleichgewichtes ge- gen einander nach ihren verſchiednen Abſichten! Wie ſehr ſchadet mir eine verkehrte, nachläßige und hochmüthige Beurtheilung meiner ſelbſt! Wenn alſo meine Liebe zu mir mit meiner Wohlfarth beſte- hen ſoll: So bin ich ſowohl meinem Leibe als mei-
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nige meiner Handlungen können zwar von einer
unmittelbaren Luſt begleitet werden, und einen
angenehmen Eindruck auf meine Sinne machen;
aber dieſes Vergnügen iſt nicht allein kurz und
flüchtig, ſondern hat auch ſehr oft ſchädliche Wir-
kungen. Schadet es auch nicht, wenn es mit einer
gewiſſen Mäßigung genoſſen wird, ſo gereicht mir
doch gemeiniglich die Unmäßigkeit in dem Genuſſe
deſſelben zum Nachtheile. Das Urtheil, daß ich
dieſe oder jene Vorzüge beſitze, vergnügt mich;
aber wenn mein Wohlgefallen daran ausſchwei-
fend iſt; wenn ich glaube, mehr Vorzüge zu be-
ſitzen, als ich habe; oder wenn ich diejenigen,
deren ich mich rühmen kann, für größer halte,
als ſie ſind, und mich in meinen Unternehmun-
gen nach dieſem eitlen Wohlgefallen an meinen
Kräften und Vorzügen richte: Welch ein man-
nichfaltiges Misvergnügen entſpringt nicht aus
dieſem Selbſtdünkel, aus dieſem Mangel einer
richtigen Erkenntniß meiner ſelbſt, meiner ver-
ſchiednen Fähigkeiten, der Ordnung, worinnen
ſie wirken müſſen, und ihres Gleichgewichtes ge-
gen einander nach ihren verſchiednen Abſichten!
Wie ſehr ſchadet mir eine verkehrte, nachläßige und
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/322>, abgerufen am 23.11.2024.
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