ein Wesen, das immer eben dasselbe ist; aber meine Seele ist ein Wesen, das sich bey aller Ebbe und Flut meines Körpers unter allen abwechseln- den Beschaffenheiten und Umständen bewußt bleibt, immer eben dasselbe und kein andres zu seyn.
Jch habe Sinne; das ist, ich bin ein We- sen, welches sich durch verschiedne bewunderns- würdige Werkzeuge seines Körpers vielerley Arten von Empfindungen verschaffen kann; durch die Augen Vorstellungen vom Lichte und von den Farben; durch die Ohren Vorstellungen von mannichfaltigen Tönen und Erschütterungen der Luft; durch den Geruch und Geschmack Vorstel- lungen von angenehmen und widrigen Ausdün- stungen, vom Bittern und Süßen und ähnlichen Eigenschaften genießbarer Körper; durch das Ge- fühl Vorstellungen vom Heißen und Kalten, Feuchten und Trocknen; Weichen und Harten.
Zwar kann ich alle diese verschiednen Arten von Empfindungen nicht erhalten, ohne daß die äußerlichen damit übereinstimmenden Gegenstän- de gewisse Eindrücke auf die dazu geschickten Werkzeuge machen; aber ich weiß wohl, daß diese Eindrücke nicht meine Empfindungen selbst
sind,
Erster Theil. T
ein Weſen, das immer eben daſſelbe iſt; aber meine Seele iſt ein Weſen, das ſich bey aller Ebbe und Flut meines Körpers unter allen abwechſeln- den Beſchaffenheiten und Umſtänden bewußt bleibt, immer eben daſſelbe und kein andres zu ſeyn.
Jch habe Sinne; das iſt, ich bin ein We- ſen, welches ſich durch verſchiedne bewunderns- würdige Werkzeuge ſeines Körpers vielerley Arten von Empfindungen verſchaffen kann; durch die Augen Vorſtellungen vom Lichte und von den Farben; durch die Ohren Vorſtellungen von mannichfaltigen Tönen und Erſchütterungen der Luft; durch den Geruch und Geſchmack Vorſtel- lungen von angenehmen und widrigen Ausdün- ſtungen, vom Bittern und Süßen und ähnlichen Eigenſchaften genießbarer Körper; durch das Ge- fühl Vorſtellungen vom Heißen und Kalten, Feuchten und Trocknen; Weichen und Harten.
Zwar kann ich alle dieſe verſchiednen Arten von Empfindungen nicht erhalten, ohne daß die äußerlichen damit übereinſtimmenden Gegenſtän- de gewiſſe Eindrücke auf die dazu geſchickten Werkzeuge machen; aber ich weiß wohl, daß dieſe Eindrücke nicht meine Empfindungen ſelbſt
ſind,
Erſter Theil. T
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[289/0303]
ein Weſen, das immer eben daſſelbe iſt; aber
meine Seele iſt ein Weſen, das ſich bey aller Ebbe
und Flut meines Körpers unter allen abwechſeln-
den Beſchaffenheiten und Umſtänden bewußt
bleibt, immer eben daſſelbe und kein andres
zu ſeyn.
Jch habe Sinne; das iſt, ich bin ein We-
ſen, welches ſich durch verſchiedne bewunderns-
würdige Werkzeuge ſeines Körpers vielerley Arten
von Empfindungen verſchaffen kann; durch die
Augen Vorſtellungen vom Lichte und von den
Farben; durch die Ohren Vorſtellungen von
mannichfaltigen Tönen und Erſchütterungen der
Luft; durch den Geruch und Geſchmack Vorſtel-
lungen von angenehmen und widrigen Ausdün-
ſtungen, vom Bittern und Süßen und ähnlichen
Eigenſchaften genießbarer Körper; durch das Ge-
fühl Vorſtellungen vom Heißen und Kalten,
Feuchten und Trocknen; Weichen und Harten.
Zwar kann ich alle dieſe verſchiednen Arten
von Empfindungen nicht erhalten, ohne daß die
äußerlichen damit übereinſtimmenden Gegenſtän-
de gewiſſe Eindrücke auf die dazu geſchickten
Werkzeuge machen; aber ich weiß wohl, daß
dieſe Eindrücke nicht meine Empfindungen ſelbſt
ſind,
Erſter Theil. T
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/303>, abgerufen am 22.11.2024.
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