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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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Reichthum der göttlichen Weisheit würden wir
nicht gesetzt werden, wenn die verschiednen Feuch-
tigkeiten und Säfte unsers Körpers, das Blut,
der Milchsaft, die Lymphe, die Galle, das
Mark, der Nervensaft, und die verschiednen
Gattungen von Schleim und Gallerten in den
unzählbaren Drüsen des Leibes mit allen ihren
Eigenschaften, mit der Art ihrer Zubereitung,
ihres Abganges und ihrer Ersetzung, mit ihrer
Absonderung von einander, mit ihrem Kreislaufe,
und nach ihrer mannichfaltigen Bestimmung und
Wirkung uns deutlich genug bekannt wären!

Alles ist an dem ganzen menschlichen Kör-
per Kunst, Nutzen und Schönheit; der kleine
Raum, den er einnehmen soll, auf das vortheil-
hafteste gebraucht, alles, was ihn ungestalt,
häßlich und unangenehm machen könnte, auf das
künstlichste verborgen, und selbst dasjenige, was
zum Auswurfe bestimmt ist, auf das beste
gebraucht, ehe es aus dem Leibe ausgeführt
wird. Wer ist so fühllos, so sehr aller Aufmerk-
samkeit, alles Nachdenkens und aller Ueberle-
gung beraubt, daß er nicht über die Betrachtung
einer so sehr zusammengesetzten Maschine, als un-
ser Leib ist, in die äußerste Verwunderung gesetzt
werden sollte! Wie unzählbar sind die kleinern

Ma-

Reichthum der göttlichen Weisheit würden wir
nicht geſetzt werden, wenn die verſchiednen Feuch-
tigkeiten und Säfte unſers Körpers, das Blut,
der Milchſaft, die Lymphe, die Galle, das
Mark, der Nervenſaft, und die verſchiednen
Gattungen von Schleim und Gallerten in den
unzählbaren Drüſen des Leibes mit allen ihren
Eigenſchaften, mit der Art ihrer Zubereitung,
ihres Abganges und ihrer Erſetzung, mit ihrer
Abſonderung von einander, mit ihrem Kreislaufe,
und nach ihrer mannichfaltigen Beſtimmung und
Wirkung uns deutlich genug bekannt wären!

Alles iſt an dem ganzen menſchlichen Kör-
per Kunſt, Nutzen und Schönheit; der kleine
Raum, den er einnehmen ſoll, auf das vortheil-
hafteſte gebraucht, alles, was ihn ungeſtalt,
häßlich und unangenehm machen könnte, auf das
künſtlichſte verborgen, und ſelbſt dasjenige, was
zum Auswurfe beſtimmt iſt, auf das beſte
gebraucht, ehe es aus dem Leibe ausgeführt
wird. Wer iſt ſo fühllos, ſo ſehr aller Aufmerk-
ſamkeit, alles Nachdenkens und aller Ueberle-
gung beraubt, daß er nicht über die Betrachtung
einer ſo ſehr zuſammengeſetzten Maſchine, als un-
ſer Leib iſt, in die äußerſte Verwunderung geſetzt
werden ſollte! Wie unzählbar ſind die kleinern

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[271/0285] Reichthum der göttlichen Weisheit würden wir nicht geſetzt werden, wenn die verſchiednen Feuch- tigkeiten und Säfte unſers Körpers, das Blut, der Milchſaft, die Lymphe, die Galle, das Mark, der Nervenſaft, und die verſchiednen Gattungen von Schleim und Gallerten in den unzählbaren Drüſen des Leibes mit allen ihren Eigenſchaften, mit der Art ihrer Zubereitung, ihres Abganges und ihrer Erſetzung, mit ihrer Abſonderung von einander, mit ihrem Kreislaufe, und nach ihrer mannichfaltigen Beſtimmung und Wirkung uns deutlich genug bekannt wären! Alles iſt an dem ganzen menſchlichen Kör- per Kunſt, Nutzen und Schönheit; der kleine Raum, den er einnehmen ſoll, auf das vortheil- hafteſte gebraucht, alles, was ihn ungeſtalt, häßlich und unangenehm machen könnte, auf das künſtlichſte verborgen, und ſelbſt dasjenige, was zum Auswurfe beſtimmt iſt, auf das beſte gebraucht, ehe es aus dem Leibe ausgeführt wird. Wer iſt ſo fühllos, ſo ſehr aller Aufmerk- ſamkeit, alles Nachdenkens und aller Ueberle- gung beraubt, daß er nicht über die Betrachtung einer ſo ſehr zuſammengeſetzten Maſchine, als un- ſer Leib iſt, in die äußerſte Verwunderung geſetzt werden ſollte! Wie unzählbar ſind die kleinern Ma-

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/285>, abgerufen am 22.11.2024.