Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

sie das Geschlecht der andern Art in der Ferne
an der bloßen Stimme kennen, und zwar unter
den unzählbaren ähnlichen Stimmen, die im
Walde, auf dem Felde und in der Höhe der Luft
ertönen, einander genau und ohne Jrrthum von
einander unterscheiden? Wer muß nicht erstaunen,
wenn er bemerkt, wie bey allen Thierarten die
Gliedmaßen der Zeugung sich so in einander fügen,
daß sie nicht anders, als mit Absicht für einander
die Bildung haben können, die sie haben? Und
welch ein Wunder ist es nicht, daß jedes Thier in
der Paarung gerade die Stellung und Bewegung
annimmt, welche zur gewissen Fortpflanzung seines
Geschlechtes die bequemste ist? Welch eine Man-
nichfaltigkeit weiser Anstalten zu dem großen End-
zwecke die Geschlechter der Lebendigen zu verewi-
gen? Wer darf einen blinden Zufall zur Quelle
der klügsten Handlungen machen? Wer muß
nicht den ersten Grund aller zur Fortpflanzung
nöthigen Triebe und Fertigkeiten bey den Thie-
ren in einem höchst vollkommnen Verstande und
Willen suchen? Nur dieser konnte in dem weit-
läuftigen Reiche der Thiere eine solche Einrich-
tung machen, daß einige von ihnen in einem so
vollkommnen Zustande gebohren werden, daß
ihre Aeltern sich um ihre Erhaltung und Erzie-
hung nicht bekümmern dürfen; andre hingegen

zwar

ſie das Geſchlecht der andern Art in der Ferne
an der bloßen Stimme kennen, und zwar unter
den unzählbaren ähnlichen Stimmen, die im
Walde, auf dem Felde und in der Höhe der Luft
ertönen, einander genau und ohne Jrrthum von
einander unterſcheiden? Wer muß nicht erſtaunen,
wenn er bemerkt, wie bey allen Thierarten die
Gliedmaßen der Zeugung ſich ſo in einander fügen,
daß ſie nicht anders, als mit Abſicht für einander
die Bildung haben können, die ſie haben? Und
welch ein Wunder iſt es nicht, daß jedes Thier in
der Paarung gerade die Stellung und Bewegung
annimmt, welche zur gewiſſen Fortpflanzung ſeines
Geſchlechtes die bequemſte iſt? Welch eine Man-
nichfaltigkeit weiſer Anſtalten zu dem großen End-
zwecke die Geſchlechter der Lebendigen zu verewi-
gen? Wer darf einen blinden Zufall zur Quelle
der klügſten Handlungen machen? Wer muß
nicht den erſten Grund aller zur Fortpflanzung
nöthigen Triebe und Fertigkeiten bey den Thie-
ren in einem höchſt vollkommnen Verſtande und
Willen ſuchen? Nur dieſer konnte in dem weit-
läuftigen Reiche der Thiere eine ſolche Einrich-
tung machen, daß einige von ihnen in einem ſo
vollkommnen Zuſtande gebohren werden, daß
ihre Aeltern ſich um ihre Erhaltung und Erzie-
hung nicht bekümmern dürfen; andre hingegen

zwar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0244" n="230"/>
&#x017F;ie das Ge&#x017F;chlecht der andern Art in der Ferne<lb/>
an der bloßen Stimme kennen, und zwar unter<lb/>
den unzählbaren ähnlichen Stimmen, die im<lb/>
Walde, auf dem Felde und in der Höhe der Luft<lb/>
ertönen, einander genau und ohne Jrrthum von<lb/>
einander unter&#x017F;cheiden? Wer muß nicht er&#x017F;taunen,<lb/>
wenn er bemerkt, wie bey allen Thierarten die<lb/>
Gliedmaßen der Zeugung &#x017F;ich &#x017F;o in einander fügen,<lb/>
daß &#x017F;ie nicht anders, als mit Ab&#x017F;icht für einander<lb/>
die Bildung haben können, die &#x017F;ie haben? Und<lb/>
welch ein Wunder i&#x017F;t es nicht, daß jedes Thier in<lb/>
der Paarung gerade die Stellung und Bewegung<lb/>
annimmt, welche zur gewi&#x017F;&#x017F;en Fortpflanzung &#x017F;eines<lb/>
Ge&#x017F;chlechtes die bequem&#x017F;te i&#x017F;t? Welch eine Man-<lb/>
nichfaltigkeit wei&#x017F;er An&#x017F;talten zu dem großen End-<lb/>
zwecke die Ge&#x017F;chlechter der Lebendigen zu verewi-<lb/>
gen? Wer darf einen blinden Zufall zur Quelle<lb/>
der klüg&#x017F;ten Handlungen machen? Wer muß<lb/>
nicht den er&#x017F;ten Grund aller zur Fortpflanzung<lb/>
nöthigen Triebe und Fertigkeiten bey den Thie-<lb/>
ren in einem höch&#x017F;t vollkommnen Ver&#x017F;tande und<lb/>
Willen &#x017F;uchen? Nur die&#x017F;er konnte in dem weit-<lb/>
läuftigen Reiche der Thiere eine &#x017F;olche Einrich-<lb/>
tung machen, daß einige von ihnen in einem &#x017F;o<lb/>
vollkommnen Zu&#x017F;tande gebohren werden, daß<lb/>
ihre Aeltern &#x017F;ich um ihre Erhaltung und Erzie-<lb/>
hung nicht bekümmern dürfen; andre hingegen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zwar</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0244] ſie das Geſchlecht der andern Art in der Ferne an der bloßen Stimme kennen, und zwar unter den unzählbaren ähnlichen Stimmen, die im Walde, auf dem Felde und in der Höhe der Luft ertönen, einander genau und ohne Jrrthum von einander unterſcheiden? Wer muß nicht erſtaunen, wenn er bemerkt, wie bey allen Thierarten die Gliedmaßen der Zeugung ſich ſo in einander fügen, daß ſie nicht anders, als mit Abſicht für einander die Bildung haben können, die ſie haben? Und welch ein Wunder iſt es nicht, daß jedes Thier in der Paarung gerade die Stellung und Bewegung annimmt, welche zur gewiſſen Fortpflanzung ſeines Geſchlechtes die bequemſte iſt? Welch eine Man- nichfaltigkeit weiſer Anſtalten zu dem großen End- zwecke die Geſchlechter der Lebendigen zu verewi- gen? Wer darf einen blinden Zufall zur Quelle der klügſten Handlungen machen? Wer muß nicht den erſten Grund aller zur Fortpflanzung nöthigen Triebe und Fertigkeiten bey den Thie- ren in einem höchſt vollkommnen Verſtande und Willen ſuchen? Nur dieſer konnte in dem weit- läuftigen Reiche der Thiere eine ſolche Einrich- tung machen, daß einige von ihnen in einem ſo vollkommnen Zuſtande gebohren werden, daß ihre Aeltern ſich um ihre Erhaltung und Erzie- hung nicht bekümmern dürfen; andre hingegen zwar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/244
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/244>, abgerufen am 22.07.2024.