Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

nischen Körper haben, anzumerken und zu be-
schreiben. Wie vielerley sind nicht die Gestalten
der gehenden, hüpfenden, springenden, fliegen-
den und kriechenden Thiere! Wie vielerley die
Gestalten bloß der Fische in den Flüssen, Seen
und Meeren! Bey aller Aehnlichkeit, die sie in
dem Baue ihrer Leiber mit einander gemein haben,
ist doch die Verschiedenheit derselben von einander
in der Form, in der Beschaffenheit, Menge und
Lage ihrer sinnlichen Werkzeuge und Gliedmaßen,
und in den Bewegungen und Verrichtungen, zu
denen sie geschickt sind, unbeschreiblich. Wie aber
auch die Figur ihres Körpers beschaffen seyn mag,
also ist doch zwischen derselben und der Anordnung
ler seiner Theile, nach ihrer besondern Beschaffen-
heit, und nach ihrer eignen Bestimmung das voll-
kommenste Ebenmaß beobachtet, so daß an einem
jeden Thiere ohne den Verlust seines Lebens, sei-
ner Lust und Wohlfarth kein Sinn, kein Glied-
maß und Theil anders geordnet seyn könnte.
Wie sehr sind nicht die Thiere, die mit den Sin-
nen des Auges, des Gehörs, des Geruches und
Geschmackes begabt sind, durch die Einrichtung,
Bildung und Lage derselben von einander unter-
schieden! Und was leuchtet nicht allein daraus
für ein unendlicher Verstand hervor! Obgleich
alle Augen einander in der Figur darinnen glei-

chen,
O 4

niſchen Körper haben, anzumerken und zu be-
ſchreiben. Wie vielerley ſind nicht die Geſtalten
der gehenden, hüpfenden, ſpringenden, fliegen-
den und kriechenden Thiere! Wie vielerley die
Geſtalten bloß der Fiſche in den Flüſſen, Seen
und Meeren! Bey aller Aehnlichkeit, die ſie in
dem Baue ihrer Leiber mit einander gemein haben,
iſt doch die Verſchiedenheit derſelben von einander
in der Form, in der Beſchaffenheit, Menge und
Lage ihrer ſinnlichen Werkzeuge und Gliedmaßen,
und in den Bewegungen und Verrichtungen, zu
denen ſie geſchickt ſind, unbeſchreiblich. Wie aber
auch die Figur ihres Körpers beſchaffen ſeyn mag,
alſo iſt doch zwiſchen derſelben und der Anordnung
ler ſeiner Theile, nach ihrer beſondern Beſchaffen-
heit, und nach ihrer eignen Beſtimmung das voll-
kommenſte Ebenmaß beobachtet, ſo daß an einem
jeden Thiere ohne den Verluſt ſeines Lebens, ſei-
ner Luſt und Wohlfarth kein Sinn, kein Glied-
maß und Theil anders geordnet ſeyn könnte.
Wie ſehr ſind nicht die Thiere, die mit den Sin-
nen des Auges, des Gehörs, des Geruches und
Geſchmackes begabt ſind, durch die Einrichtung,
Bildung und Lage derſelben von einander unter-
ſchieden! Und was leuchtet nicht allein daraus
für ein unendlicher Verſtand hervor! Obgleich
alle Augen einander in der Figur darinnen glei-

chen,
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="215"/>
ni&#x017F;chen Körper haben, anzumerken und zu be-<lb/>
&#x017F;chreiben. Wie vielerley &#x017F;ind nicht die Ge&#x017F;talten<lb/>
der gehenden, hüpfenden, &#x017F;pringenden, fliegen-<lb/>
den und kriechenden Thiere! Wie vielerley die<lb/>
Ge&#x017F;talten bloß der Fi&#x017F;che in den Flü&#x017F;&#x017F;en, Seen<lb/>
und Meeren! Bey aller Aehnlichkeit, die &#x017F;ie in<lb/>
dem Baue ihrer Leiber mit einander gemein haben,<lb/>
i&#x017F;t doch die Ver&#x017F;chiedenheit der&#x017F;elben von einander<lb/>
in der Form, in der Be&#x017F;chaffenheit, Menge und<lb/>
Lage ihrer &#x017F;innlichen Werkzeuge und Gliedmaßen,<lb/>
und in den Bewegungen und Verrichtungen, zu<lb/>
denen &#x017F;ie ge&#x017F;chickt &#x017F;ind, unbe&#x017F;chreiblich. Wie aber<lb/>
auch die Figur ihres Körpers be&#x017F;chaffen &#x017F;eyn mag,<lb/>
al&#x017F;o i&#x017F;t doch zwi&#x017F;chen der&#x017F;elben und der Anordnung<lb/>
ler &#x017F;einer Theile, nach ihrer be&#x017F;ondern Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit, und nach ihrer eignen Be&#x017F;timmung das voll-<lb/>
kommen&#x017F;te Ebenmaß beobachtet, &#x017F;o daß an einem<lb/>
jeden Thiere ohne den Verlu&#x017F;t &#x017F;eines Lebens, &#x017F;ei-<lb/>
ner Lu&#x017F;t und Wohlfarth kein Sinn, kein Glied-<lb/>
maß und Theil anders geordnet &#x017F;eyn könnte.<lb/>
Wie &#x017F;ehr &#x017F;ind nicht die Thiere, die mit den Sin-<lb/>
nen des Auges, des Gehörs, des Geruches und<lb/>
Ge&#x017F;chmackes begabt &#x017F;ind, durch die Einrichtung,<lb/>
Bildung und Lage der&#x017F;elben von einander unter-<lb/>
&#x017F;chieden! Und was leuchtet nicht allein daraus<lb/>
für ein unendlicher Ver&#x017F;tand hervor! Obgleich<lb/>
alle Augen einander in der Figur darinnen glei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">chen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0229] niſchen Körper haben, anzumerken und zu be- ſchreiben. Wie vielerley ſind nicht die Geſtalten der gehenden, hüpfenden, ſpringenden, fliegen- den und kriechenden Thiere! Wie vielerley die Geſtalten bloß der Fiſche in den Flüſſen, Seen und Meeren! Bey aller Aehnlichkeit, die ſie in dem Baue ihrer Leiber mit einander gemein haben, iſt doch die Verſchiedenheit derſelben von einander in der Form, in der Beſchaffenheit, Menge und Lage ihrer ſinnlichen Werkzeuge und Gliedmaßen, und in den Bewegungen und Verrichtungen, zu denen ſie geſchickt ſind, unbeſchreiblich. Wie aber auch die Figur ihres Körpers beſchaffen ſeyn mag, alſo iſt doch zwiſchen derſelben und der Anordnung ler ſeiner Theile, nach ihrer beſondern Beſchaffen- heit, und nach ihrer eignen Beſtimmung das voll- kommenſte Ebenmaß beobachtet, ſo daß an einem jeden Thiere ohne den Verluſt ſeines Lebens, ſei- ner Luſt und Wohlfarth kein Sinn, kein Glied- maß und Theil anders geordnet ſeyn könnte. Wie ſehr ſind nicht die Thiere, die mit den Sin- nen des Auges, des Gehörs, des Geruches und Geſchmackes begabt ſind, durch die Einrichtung, Bildung und Lage derſelben von einander unter- ſchieden! Und was leuchtet nicht allein daraus für ein unendlicher Verſtand hervor! Obgleich alle Augen einander in der Figur darinnen glei- chen, O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/229
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/229>, abgerufen am 24.11.2024.