Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ben Haken an ihren Zweigen; und zu welchem
Ende? Offenbar darum, daß sie sich an andern
Pflanzen anhalten können, um ihren schwachen
Körper zu unterstützen, oder sich an ihnen in die
Höhe zu winden. Andre schwitzen einen natürli-
chen Leim von sich, und zu welchem andern En-
de, als sich an diesem und jenem Körper anzuhef-
ten, nicht allein sich zu erhalten, sondern auch die
ihnen nöthige Nahrung aus denselben zu saugen!
Was ist mannichfaltiger und zugleich kunstvoller
als die Art, wie der Saame aller Gewächse aus-
gestreut, und von einem Orte zum andern ge-
bracht wird! Einiger Saame ist mit leichten Fa-
sern oder Haaren, als mit Flügeln versehen, da-
mit er von dem Winde fortgetragen werden kann;
eine andre Art liegt in besondern mit Springfe-
dern versehnen Gehäusen, damit sie durch ihre
Schnellkraft ihn in der gehörigen Weite zerstreuen
mögen, wenn sie aus einander springen, so bald
sie ein lebendiges Geschöpf berührt, oder so bald
sie ausdorren, oder angefeuchtet werden; man-
cher reizt auch die Vögel durch seinen angenehmen
Geschmack und Geruch, oder nährende Kraft,
daß sie ihn verschlucken, hin und her tragen, ihn
durch die Wärme ihrer Eingeweide fruchtbar ma-
chen und ihn dann fallen lassen, daß er aufgehn,
blühen und neuen Saamen tragen könne. Kann

dieß

ben Haken an ihren Zweigen; und zu welchem
Ende? Offenbar darum, daß ſie ſich an andern
Pflanzen anhalten können, um ihren ſchwachen
Körper zu unterſtützen, oder ſich an ihnen in die
Höhe zu winden. Andre ſchwitzen einen natürli-
chen Leim von ſich, und zu welchem andern En-
de, als ſich an dieſem und jenem Körper anzuhef-
ten, nicht allein ſich zu erhalten, ſondern auch die
ihnen nöthige Nahrung aus denſelben zu ſaugen!
Was iſt mannichfaltiger und zugleich kunſtvoller
als die Art, wie der Saame aller Gewächſe aus-
geſtreut, und von einem Orte zum andern ge-
bracht wird! Einiger Saame iſt mit leichten Fa-
ſern oder Haaren, als mit Flügeln verſehen, da-
mit er von dem Winde fortgetragen werden kann;
eine andre Art liegt in beſondern mit Springfe-
dern verſehnen Gehäuſen, damit ſie durch ihre
Schnellkraft ihn in der gehörigen Weite zerſtreuen
mögen, wenn ſie aus einander ſpringen, ſo bald
ſie ein lebendiges Geſchöpf berührt, oder ſo bald
ſie ausdorren, oder angefeuchtet werden; man-
cher reizt auch die Vögel durch ſeinen angenehmen
Geſchmack und Geruch, oder nährende Kraft,
daß ſie ihn verſchlucken, hin und her tragen, ihn
durch die Wärme ihrer Eingeweide fruchtbar ma-
chen und ihn dann fallen laſſen, daß er aufgehn,
blühen und neuen Saamen tragen könne. Kann

dieß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0220" n="206"/>
ben Haken an ihren Zweigen; und zu welchem<lb/>
Ende? Offenbar darum, daß &#x017F;ie &#x017F;ich an andern<lb/>
Pflanzen anhalten können, um ihren &#x017F;chwachen<lb/>
Körper zu unter&#x017F;tützen, oder &#x017F;ich an ihnen in die<lb/>
Höhe zu winden. Andre &#x017F;chwitzen einen natürli-<lb/>
chen Leim von &#x017F;ich, und zu welchem andern En-<lb/>
de, als &#x017F;ich an die&#x017F;em und jenem Körper anzuhef-<lb/>
ten, nicht allein &#x017F;ich zu erhalten, &#x017F;ondern auch die<lb/>
ihnen nöthige Nahrung aus den&#x017F;elben zu &#x017F;augen!<lb/>
Was i&#x017F;t mannichfaltiger und zugleich kun&#x017F;tvoller<lb/>
als die Art, wie der Saame aller Gewäch&#x017F;e aus-<lb/>
ge&#x017F;treut, und von einem Orte zum andern ge-<lb/>
bracht wird! Einiger Saame i&#x017F;t mit leichten Fa-<lb/>
&#x017F;ern oder Haaren, als mit Flügeln ver&#x017F;ehen, da-<lb/>
mit er von dem Winde fortgetragen werden kann;<lb/>
eine andre Art liegt in be&#x017F;ondern mit Springfe-<lb/>
dern ver&#x017F;ehnen Gehäu&#x017F;en, damit &#x017F;ie durch ihre<lb/>
Schnellkraft ihn in der gehörigen Weite zer&#x017F;treuen<lb/>
mögen, wenn &#x017F;ie aus einander &#x017F;pringen, &#x017F;o bald<lb/>
&#x017F;ie ein lebendiges Ge&#x017F;chöpf berührt, oder &#x017F;o bald<lb/>
&#x017F;ie ausdorren, oder angefeuchtet werden; man-<lb/>
cher reizt auch die Vögel durch &#x017F;einen angenehmen<lb/>
Ge&#x017F;chmack und Geruch, oder nährende Kraft,<lb/>
daß &#x017F;ie ihn ver&#x017F;chlucken, hin und her tragen, ihn<lb/>
durch die Wärme ihrer Eingeweide fruchtbar ma-<lb/>
chen und ihn dann fallen la&#x017F;&#x017F;en, daß er aufgehn,<lb/>
blühen und neuen Saamen tragen könne. Kann<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dieß</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0220] ben Haken an ihren Zweigen; und zu welchem Ende? Offenbar darum, daß ſie ſich an andern Pflanzen anhalten können, um ihren ſchwachen Körper zu unterſtützen, oder ſich an ihnen in die Höhe zu winden. Andre ſchwitzen einen natürli- chen Leim von ſich, und zu welchem andern En- de, als ſich an dieſem und jenem Körper anzuhef- ten, nicht allein ſich zu erhalten, ſondern auch die ihnen nöthige Nahrung aus denſelben zu ſaugen! Was iſt mannichfaltiger und zugleich kunſtvoller als die Art, wie der Saame aller Gewächſe aus- geſtreut, und von einem Orte zum andern ge- bracht wird! Einiger Saame iſt mit leichten Fa- ſern oder Haaren, als mit Flügeln verſehen, da- mit er von dem Winde fortgetragen werden kann; eine andre Art liegt in beſondern mit Springfe- dern verſehnen Gehäuſen, damit ſie durch ihre Schnellkraft ihn in der gehörigen Weite zerſtreuen mögen, wenn ſie aus einander ſpringen, ſo bald ſie ein lebendiges Geſchöpf berührt, oder ſo bald ſie ausdorren, oder angefeuchtet werden; man- cher reizt auch die Vögel durch ſeinen angenehmen Geſchmack und Geruch, oder nährende Kraft, daß ſie ihn verſchlucken, hin und her tragen, ihn durch die Wärme ihrer Eingeweide fruchtbar ma- chen und ihn dann fallen laſſen, daß er aufgehn, blühen und neuen Saamen tragen könne. Kann dieß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/220
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/220>, abgerufen am 24.11.2024.