Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite



emporzuschwingen. Seine Werke, der Himmel mit
seiner Sonne und mit der Pracht seiner Gestirne, die
Erde mit allen ihren mannichfaltigen Gütern und
Geschöpfen kann nicht so schön seyn, daß ich gegen
die Herrlichkeit und Schönheit ihres Schöpfers un-
empfindlich bleiben; daß ich nicht sehen und schme-
cken sollte, wie freundlich der Herr ist. Noch vielwe-
niger kann er selbst so oft und auf so mancherley Wei-
se zu dem menschlichen Geschlechte durch die Väter
und die Propheten und endlich selbst durch seinen ein-
gebohrnen Sohn geredet haben, daß wir unsre Oh-
ren vor seiner Stimme verschließen sollten. Er hat
allzuviele, allzugroße, allzuernstliche Anstalten zu
meiner Erleuchtung gemacht, als daß ich ungestraft
im Finstern sitzen bleiben dürfte! So sehr will ich
mich nicht selbst hassen, daß ich mich gegen so viel
Licht verblenden sollte! Jch will vielmehr jauchzen
und frohlocken, daß Gott ein so niedriges, unvoll-
kommnes und geringes Wesen, als ich bin, seiner Er-
kenntniß gewürdigt hat. Jch danke dir, Herr, von
ganzem Herzen, daß du mich die Rechte deiner Ge-
rechtigkeit lehrst! Gelobet seyst du Herr! Lehre mich
deine Wahrheit, unterweise mich in deinen Befeh-
len! Wohl denen, die dein Zeugniß halten, und auf
deine Stimme hören! Wohl denen, die dich von
Herzen suchen! Denn welche in deiner Erkennt-
niß wandeln, die thun kein Uebels!

XIV.



emporzuſchwingen. Seine Werke, der Himmel mit
ſeiner Sonne und mit der Pracht ſeiner Geſtirne, die
Erde mit allen ihren mannichfaltigen Gütern und
Geſchöpfen kann nicht ſo ſchön ſeyn, daß ich gegen
die Herrlichkeit und Schönheit ihres Schöpfers un-
empfindlich bleiben; daß ich nicht ſehen und ſchme-
cken ſollte, wie freundlich der Herr iſt. Noch vielwe-
niger kann er ſelbſt ſo oft und auf ſo mancherley Wei-
ſe zu dem menſchlichen Geſchlechte durch die Väter
und die Propheten und endlich ſelbſt durch ſeinen ein-
gebohrnen Sohn geredet haben, daß wir unſre Oh-
ren vor ſeiner Stimme verſchließen ſollten. Er hat
allzuviele, allzugroße, allzuernſtliche Anſtalten zu
meiner Erleuchtung gemacht, als daß ich ungeſtraft
im Finſtern ſitzen bleiben dürfte! So ſehr will ich
mich nicht ſelbſt haſſen, daß ich mich gegen ſo viel
Licht verblenden ſollte! Jch will vielmehr jauchzen
und frohlocken, daß Gott ein ſo niedriges, unvoll-
kommnes und geringes Weſen, als ich bin, ſeiner Er-
kenntniß gewürdigt hat. Jch danke dir, Herr, von
ganzem Herzen, daß du mich die Rechte deiner Ge-
rechtigkeit lehrſt! Gelobet ſeyſt du Herr! Lehre mich
deine Wahrheit, unterweiſe mich in deinen Befeh-
len! Wohl denen, die dein Zeugniß halten, und auf
deine Stimme hören! Wohl denen, die dich von
Herzen ſuchen! Denn welche in deiner Erkennt-
niß wandeln, die thun kein Uebels!

XIV.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="94"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
emporzu&#x017F;chwingen. Seine Werke, der Himmel mit<lb/>
&#x017F;einer Sonne und mit der Pracht &#x017F;einer Ge&#x017F;tirne, die<lb/>
Erde mit allen ihren mannichfaltigen Gütern und<lb/>
Ge&#x017F;chöpfen kann nicht &#x017F;o &#x017F;chön &#x017F;eyn, daß ich gegen<lb/>
die Herrlichkeit und Schönheit ihres Schöpfers un-<lb/>
empfindlich bleiben; daß ich nicht &#x017F;ehen und &#x017F;chme-<lb/>
cken &#x017F;ollte, wie freundlich der Herr i&#x017F;t. Noch vielwe-<lb/>
niger kann er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o oft und auf &#x017F;o mancherley Wei-<lb/>
&#x017F;e zu dem men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte durch die Väter<lb/>
und die Propheten und endlich &#x017F;elb&#x017F;t durch &#x017F;einen ein-<lb/>
gebohrnen Sohn geredet haben, daß wir un&#x017F;re Oh-<lb/>
ren vor &#x017F;einer Stimme ver&#x017F;chließen &#x017F;ollten. Er hat<lb/>
allzuviele, allzugroße, allzuern&#x017F;tliche An&#x017F;talten zu<lb/>
meiner Erleuchtung gemacht, als daß ich unge&#x017F;traft<lb/>
im Fin&#x017F;tern &#x017F;itzen bleiben dürfte! So &#x017F;ehr will ich<lb/>
mich nicht &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x017F;&#x017F;en, daß ich mich gegen &#x017F;o viel<lb/>
Licht verblenden &#x017F;ollte! Jch will vielmehr jauchzen<lb/>
und frohlocken, daß Gott ein &#x017F;o niedriges, unvoll-<lb/>
kommnes und geringes We&#x017F;en, als ich bin, &#x017F;einer Er-<lb/>
kenntniß gewürdigt hat. Jch danke dir, Herr, von<lb/>
ganzem Herzen, daß du mich die Rechte deiner Ge-<lb/>
rechtigkeit lehr&#x017F;t! Gelobet &#x017F;ey&#x017F;t du Herr! Lehre mich<lb/>
deine Wahrheit, unterwei&#x017F;e mich in deinen Befeh-<lb/>
len! Wohl denen, die dein Zeugniß halten, und auf<lb/>
deine Stimme hören! Wohl denen, die dich von<lb/><hi rendition="#c">Herzen &#x017F;uchen! Denn welche in deiner Erkennt-<lb/>
niß wandeln, die thun kein Uebels!</hi></p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch">XIV.</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0108] emporzuſchwingen. Seine Werke, der Himmel mit ſeiner Sonne und mit der Pracht ſeiner Geſtirne, die Erde mit allen ihren mannichfaltigen Gütern und Geſchöpfen kann nicht ſo ſchön ſeyn, daß ich gegen die Herrlichkeit und Schönheit ihres Schöpfers un- empfindlich bleiben; daß ich nicht ſehen und ſchme- cken ſollte, wie freundlich der Herr iſt. Noch vielwe- niger kann er ſelbſt ſo oft und auf ſo mancherley Wei- ſe zu dem menſchlichen Geſchlechte durch die Väter und die Propheten und endlich ſelbſt durch ſeinen ein- gebohrnen Sohn geredet haben, daß wir unſre Oh- ren vor ſeiner Stimme verſchließen ſollten. Er hat allzuviele, allzugroße, allzuernſtliche Anſtalten zu meiner Erleuchtung gemacht, als daß ich ungeſtraft im Finſtern ſitzen bleiben dürfte! So ſehr will ich mich nicht ſelbſt haſſen, daß ich mich gegen ſo viel Licht verblenden ſollte! Jch will vielmehr jauchzen und frohlocken, daß Gott ein ſo niedriges, unvoll- kommnes und geringes Weſen, als ich bin, ſeiner Er- kenntniß gewürdigt hat. Jch danke dir, Herr, von ganzem Herzen, daß du mich die Rechte deiner Ge- rechtigkeit lehrſt! Gelobet ſeyſt du Herr! Lehre mich deine Wahrheit, unterweiſe mich in deinen Befeh- len! Wohl denen, die dein Zeugniß halten, und auf deine Stimme hören! Wohl denen, die dich von Herzen ſuchen! Denn welche in deiner Erkennt- niß wandeln, die thun kein Uebels! XIV.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/108
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/108>, abgerufen am 24.11.2024.