Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Jungfern guiren und selbige als ein Zeichender annoch unverletzten Jungfer- schafft tragen. Daher auch offter- mahls nach heutiger Redens Art durch den Crantz die Jungferschafft verstanden wird; wenn man z. E. saget, die Jungfer hat ihren Crantz verlohren, das ist, die Jungfer- schafft ist ihr geraubet worden. Ohngeachtet nun dergleichen Zier- rath blos und allein denen unbe- rührten und annoch reinen Jung- fern zu tragen vergönnet wird, so hat es doch die Billigkeit und Er- läuterung der alten Gesetze ehe- mahls also geordnet, daß diejeni- gen Weibesbilder, so mit Gewalt und Uberwältigung um ihre Keuschheit und Jungferschafft wie- der ihren Willen und Einstimmung, absonderlich bey feindlichen Bela- gerungen und Einbruch, schmertz- licher Weise gekommen, dennoch gleich denen andern Jungfern ihrer Unschuld wegen, statt eines Tro- stes vor ihre angethane Schmach, den Crantz tragen, und sich dieser Zierrath fernerweit bedienen dürf- fen. Besold. ad. J. P. W. p. 347. Bey denen alten Römern, durfften diejenigen Wittwen, so nicht wieder heyrathen wolten, in Cräntzen gehen. Jungfern-Fluß, siehe, Canathus. Reine Jungfer im Licht anblasen, Ist ein Weibischer und aber- Jungfern kan, ohnfehlbar eine reine und un-betastete Jungfer sey. Jungfer-Kind, siehe. Bastard, wie auch Huren-Kind. Jungfer-Magd, Ist eine absonderliche Magd, so Jungfern-Marckt, oder Jungfern-Messe, Dieser Ort ist in Fuentarabia ei- Jungfer-Milch, Oder Lac Virginis, ist eine, aus Jungfern-Raub. siehe. Ent- führen. Jungfern-Regal, oder, Bass, Ist ein gewisses offenes Regal deswegen
[Spaltenumbruch]
Jungfern guiren und ſelbige als ein Zeichender annoch unverletzten Jungfer- ſchafft tragen. Daher auch offter- mahls nach heutiger Redens Art durch den Crantz die Jungferſchafft verſtanden wird; wenn man z. E. ſaget, die Jungfer hat ihren Crantz verlohren, das iſt, die Jungfer- ſchafft iſt ihr geraubet worden. Ohngeachtet nun dergleichen Zier- rath blos und allein denen unbe- ruͤhrten und annoch reinen Jung- fern zu tragen vergoͤnnet wird, ſo hat es doch die Billigkeit und Er- laͤuterung der alten Geſetze ehe- mahls alſo geordnet, daß diejeni- gen Weibesbilder, ſo mit Gewalt und Uberwaͤltigung um ihre Keuſchheit und Jungferſchafft wie- der ihren Willen und Einſtim̃ung, abſonderlich bey feindlichen Bela- gerungen und Einbruch, ſchmertz- licher Weiſe gekommen, dennoch gleich denen andern Jungfeꝛn ihrer Unſchuld wegen, ſtatt eines Tro- ſtes vor ihre angethane Schmach, den Crantz tragen, und ſich dieſer Zierrath fernerweit bedienen duͤrf- fen. Beſold. ad. J. P. W. p. 347. Bey denen alten Roͤmern, durfften diejenigen Wittwen, ſo nicht wieder heyrathen wolten, in Craͤntzen gehen. Jungfern-Fluß, ſiehe, Canathus. Reine Jungfer im Licht anblaſen, Iſt ein Weibiſcher und aber- Jungfern kan, ohnfehlbar eine reine und un-betaſtete Jungfer ſey. Jungfer-Kind, ſiehe. Baſtard, wie auch Huren-Kind. Jungfer-Magd, Iſt eine abſonderliche Magd, ſo Jungfern-Marckt, oder Jungfern-Meſſe, Dieſer Ort iſt in Fuentarabia ei- Jungfer-Milch, Oder Lac Virginis, iſt eine, aus Jungfern-Raub. ſiehe. Ent- fuͤhren. Jungfern-Regal, oder, Baſs, Iſt ein gewiſſes offenes Regal deswegen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0500"/><cb n="955"/><lb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Jungfern</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">guiren</hi> und ſelbige als ein Zeichen<lb/> der annoch unverletzten Jungfer-<lb/> ſchafft tragen. Daher auch offter-<lb/> mahls nach heutiger Redens Art<lb/> durch den Crantz die Jungferſchafft<lb/> verſtanden wird; wenn man z. E.<lb/> ſaget, die Jungfer hat ihren Crantz<lb/> verlohren, das iſt, die Jungfer-<lb/> ſchafft iſt ihr geraubet worden.<lb/> Ohngeachtet nun dergleichen Zier-<lb/> rath blos und allein denen unbe-<lb/> ruͤhrten und annoch reinen Jung-<lb/> fern zu tragen vergoͤnnet wird, ſo<lb/> hat es doch die Billigkeit und Er-<lb/> laͤuterung der alten Geſetze ehe-<lb/> mahls alſo geordnet, daß diejeni-<lb/> gen Weibesbilder, ſo mit Gewalt<lb/> und Uberwaͤltigung um ihre<lb/> Keuſchheit und Jungferſchafft wie-<lb/> der ihren Willen und Einſtim̃ung,<lb/> abſonderlich bey feindlichen Bela-<lb/> gerungen und Einbruch, ſchmertz-<lb/> licher Weiſe gekommen, dennoch<lb/> gleich denen andern Jungfeꝛn ihrer<lb/> Unſchuld wegen, ſtatt eines Tro-<lb/> ſtes vor ihre angethane Schmach,<lb/> den Crantz tragen, und ſich dieſer<lb/> Zierrath fernerweit bedienen duͤrf-<lb/> fen. <hi rendition="#aq">Beſold. ad. J. P. W. p.</hi> 347.<lb/> Bey denen alten Roͤmern, durfften<lb/> diejenigen Wittwen, ſo nicht wieder<lb/> heyrathen wolten, in Craͤntzen<lb/> gehen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfern-Fluß, ſiehe,</hi><lb/> <hi rendition="#aq">Canathus.</hi> </head> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Reine Jungfer im Licht<lb/> anblaſen,</hi> </head><lb/> <p>Iſt ein Weibiſcher und aber-<lb/> glaͤubiſcher Argwohn, da man ver-<lb/> meynet, daß diejenige Jungfer, ſo<lb/> ein ausgeputztes Licht durch anbla-<lb/> ſen wieder zum brennen bringen<lb/><cb n="956"/><lb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Jungfern</hi></fw><lb/> kan, ohnfehlbar eine reine und un-<lb/> betaſtete Jungfer ſey.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfer-Kind, ſiehe.</hi> <hi rendition="#aq">Baſtard,</hi><lb/> <hi rendition="#b">wie auch Huren-Kind.</hi> </head> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfer-Magd,</hi> </head><lb/> <p>Iſt eine abſonderliche Magd, ſo<lb/> die Jungfer in dem Hauſe allein zu<lb/> bedienen und ſelbiger aufzuwar-<lb/> ten hat.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfern-Marckt, oder<lb/> Jungfern-Meſſe,</hi> </head><lb/> <p>Dieſer Ort iſt in <hi rendition="#aq">Fuentarabia</hi> ei-<lb/> ner anſehnlichen Stadt in Spani-<lb/> en, allwo ſich dasjenige Frauen-<lb/> zimmer, denen die Luſt zu heyrathen<lb/> ankoͤmmt, an einen gewiſſen Ort<lb/> auf die Schau zu ſtellen pfleget,<lb/> und allda erwartet, welcher junger<lb/> Purſche ſie nach ſeinem Gefallen<lb/> auslieſet.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfer-Milch,</hi> </head><lb/> <p>Oder <hi rendition="#aq">Lac Virginis,</hi> iſt eine, aus<lb/> geſtoſſenen und ſcharff gepreſten<lb/> Hauß-Wurtzel-Safft mit etlichen<lb/> wenigen Tropffen guten <hi rendition="#aq">Spiritus<lb/> Vini</hi> vermiſchte und bey gantz ge-<lb/> linder Hitze zubereitete Milch, de-<lb/> ren ſich das Frauenzimmer zu Er-<lb/> haltung zarter, glatter und weiſſer<lb/> Haut im Angeſichte zu bedienen<lb/> pfleget.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfern-Raub. ſiehe. Ent-<lb/> fuͤhren.</hi> </head> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Jungfern-</hi> <hi rendition="#aq">Regal,</hi> <hi rendition="#b">oder,</hi><lb/> <hi rendition="#aq">Baſs,</hi> </head><lb/> <p>Iſt ein gewiſſes offenes <hi rendition="#aq">Regal</hi><lb/> in denen Orgelwercken, und wird<lb/> <fw place="bottom" type="catch">deswegen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
Jungfern
Jungfern
guiren und ſelbige als ein Zeichen
der annoch unverletzten Jungfer-
ſchafft tragen. Daher auch offter-
mahls nach heutiger Redens Art
durch den Crantz die Jungferſchafft
verſtanden wird; wenn man z. E.
ſaget, die Jungfer hat ihren Crantz
verlohren, das iſt, die Jungfer-
ſchafft iſt ihr geraubet worden.
Ohngeachtet nun dergleichen Zier-
rath blos und allein denen unbe-
ruͤhrten und annoch reinen Jung-
fern zu tragen vergoͤnnet wird, ſo
hat es doch die Billigkeit und Er-
laͤuterung der alten Geſetze ehe-
mahls alſo geordnet, daß diejeni-
gen Weibesbilder, ſo mit Gewalt
und Uberwaͤltigung um ihre
Keuſchheit und Jungferſchafft wie-
der ihren Willen und Einſtim̃ung,
abſonderlich bey feindlichen Bela-
gerungen und Einbruch, ſchmertz-
licher Weiſe gekommen, dennoch
gleich denen andern Jungfeꝛn ihrer
Unſchuld wegen, ſtatt eines Tro-
ſtes vor ihre angethane Schmach,
den Crantz tragen, und ſich dieſer
Zierrath fernerweit bedienen duͤrf-
fen. Beſold. ad. J. P. W. p. 347.
Bey denen alten Roͤmern, durfften
diejenigen Wittwen, ſo nicht wieder
heyrathen wolten, in Craͤntzen
gehen.
Jungfern-Fluß, ſiehe,
Canathus.
Reine Jungfer im Licht
anblaſen,
Iſt ein Weibiſcher und aber-
glaͤubiſcher Argwohn, da man ver-
meynet, daß diejenige Jungfer, ſo
ein ausgeputztes Licht durch anbla-
ſen wieder zum brennen bringen
kan, ohnfehlbar eine reine und un-
betaſtete Jungfer ſey.
Jungfer-Kind, ſiehe. Baſtard,
wie auch Huren-Kind.
Jungfer-Magd,
Iſt eine abſonderliche Magd, ſo
die Jungfer in dem Hauſe allein zu
bedienen und ſelbiger aufzuwar-
ten hat.
Jungfern-Marckt, oder
Jungfern-Meſſe,
Dieſer Ort iſt in Fuentarabia ei-
ner anſehnlichen Stadt in Spani-
en, allwo ſich dasjenige Frauen-
zimmer, denen die Luſt zu heyrathen
ankoͤmmt, an einen gewiſſen Ort
auf die Schau zu ſtellen pfleget,
und allda erwartet, welcher junger
Purſche ſie nach ſeinem Gefallen
auslieſet.
Jungfer-Milch,
Oder Lac Virginis, iſt eine, aus
geſtoſſenen und ſcharff gepreſten
Hauß-Wurtzel-Safft mit etlichen
wenigen Tropffen guten Spiritus
Vini vermiſchte und bey gantz ge-
linder Hitze zubereitete Milch, de-
ren ſich das Frauenzimmer zu Er-
haltung zarter, glatter und weiſſer
Haut im Angeſichte zu bedienen
pfleget.
Jungfern-Raub. ſiehe. Ent-
fuͤhren.
Jungfern-Regal, oder,
Baſs,
Iſt ein gewiſſes offenes Regal
in denen Orgelwercken, und wird
deswegen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/500 |
Zitationshilfe: | Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/500>, abgerufen am 23.02.2025. |