Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Tasche Taube richten und zu Tische tragen, so drü-cket von ein Paar Citronen den Safft drein. Tasche, Ist ein länglicht runder aus Taschen-Spielerin, Heissen diejenigen im Lande Taube, Columba, Pigeon, ist ein frucht- Taube soll nicht das beste seyn, von dessenGebrauch der alten Medicorum Bericht nach, Haupt- und Augen- Schmertzen entstehen, so aber mit der Wahrheit nicht übereinstimmet. Alte Tauben haben freylich ein hart und zähes Fleisch, hingegen der Jungen ihres ist desto zärter und angenehmer; sie dürffen aber zu der Zeit nicht auf den Tisch kom- men, wenn sie Lein-Samen zu fres- sen pflegen. Und eben dieser jun- gen Tauben bedienet sich der Koch, welche er auf folgende Manieren zubereiten lehret. 1) Tauben zu würgen und zu putzen; 2) Tauben fricassiret; 3) Tauben mit Schweiß schwartz; 4) Tauben-Estouffade; 5) Tauben-Estouffade anders; 6) Tauben mit grüner Petersilie; 7) Tauben mit Petersilien-Wurtzeln und Nelcken; 8) Tauben mit Lin- sen; 9) Tauben mit Sauerampf- fer; 10) Tauben mit Carfiol; 11) Tauben mit grünen Erbsen; 12) Tauben mit Krebsen und Klö- sen; 13) Tauben mit Spargel; 14) Tauben mit Stachel-Beeren; 15) Tauben mit Johannis-Bee- ren; 16) Tauben mit Muscheln; 17) Tauben mit Truffes; 18) Tauben farciret; 19) Tauben mit Lactuc; 20) Tauben mit Austern; 21) Tauben mit Sauerkraut; 22) Tauben mit Sauerkraut im Back- ofen; 23) Tauben geprest mit Sardellen; 24) Tauben mit He- ringen gespickt; 25) Tauben mit Capern; 26) Tauben gebacken; 27) Tauben gebraten; 28) Tau- ben gebraten und gespickt; 29) Tauben gebraten, gefüllet mit Krebsen; 30) Tauben gefüllet mit Mandeln; 31) Tauben gefüllet mit
[Spaltenumbruch]
Taſche Taube richten und zu Tiſche tragen, ſo druͤ-cket von ein Paar Citronen den Safft drein. Taſche, Iſt ein laͤnglicht runder aus Taſchen-Spielerin, Heiſſen diejenigen im Lande Taube, Columba, Pigeon, iſt ein frucht- Taube ſoll nicht das beſte ſeyn, von deſſenGebrauch der alten Medicorum Bericht nach, Haupt- und Augen- Schmertzen entſtehen, ſo aber mit der Wahrheit nicht uͤbereinſtim̃et. Alte Tauben haben freylich ein hart und zaͤhes Fleiſch, hingegen der Jungen ihres iſt deſto zaͤrter und angenehmer; ſie duͤrffen aber zu der Zeit nicht auf den Tiſch kom- men, wenn ſie Lein-Samen zu freſ- ſen pflegen. Und eben dieſer jun- gen Tauben bedienet ſich der Koch, welche er auf folgende Manieren zubereiten lehret. 1) Tauben zu wuͤrgen und zu putzen; 2) Tauben fricasſiret; 3) Tauben mit Schweiß ſchwartz; 4) Tauben-Eſtouffade; 5) Tauben-Eſtouffade anders; 6) Tauben mit gruͤner Peterſilie; 7) Tauben mit Peterſilien-Wurtzeln und Nelcken; 8) Tauben mit Lin- ſen; 9) Tauben mit Sauerampf- fer; 10) Tauben mit Carfiol; 11) Tauben mit gruͤnen Erbſen; 12) Tauben mit Krebſen und Kloͤ- ſen; 13) Tauben mit Spargel; 14) Tauben mit Stachel-Beeren; 15) Tauben mit Johannis-Bee- ren; 16) Tauben mit Muſcheln; 17) Tauben mit Truffes; 18) Tauben farciret; 19) Tauben mit Lactuc; 20) Tauben mit Auſtern; 21) Tauben mit Sauerkraut; 22) Tauben mit Sauerkraut im Back- ofen; 23) Tauben gepreſt mit Sardellen; 24) Tauben mit He- ringen geſpickt; 25) Tauben mit Capern; 26) Tauben gebacken; 27) Tauben gebraten; 28) Tau- ben gebraten und geſpickt; 29) Tauben gebraten, gefuͤllet mit Krebſen; 30) Tauben gefuͤllet mit Mandeln; 31) Tauben gefuͤllet mit
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Taſche Taube
Taube
richten und zu Tiſche tragen, ſo druͤ-
cket von ein Paar Citronen den
Safft drein.
Taſche,
Iſt ein laͤnglicht runder aus
Brocard, Sammet, Pliſch, Da-
maſt, Eſtoff oder andern Zeuge ge-
neheter und an einen ſilbernen oder
ſtaͤhlernen Buͤgel oder Schloß ge-
heffteter Beutel, den das Frauen-
zimmer vermoͤge des daran beſind-
lichen Hackens oder Rings von
vornher an die Huͤfften zu hengen,
und ihr Ausgebe-Geld darinnen
zu verwahren pfleget. Sie wer-
den insgemein unten am Ende
mit allerhand goldnen oder ſilber-
nen Quaſtlein und Drotteln ge-
zieret.
Taſchen-Spielerin,
Heiſſen diejenigen im Lande
herum vagirenden und auf die
Jahr-Maͤrckte reiſenden liederli-
chen Weibes-Bilder ſo dergleichen
wunderliche Proſesſion treiben
und denen Zuſchauern allerhand
Blendwerck durch ihre Kunſt und
Geſchwindigkeit, ſo wohl mit der
Karten als auch andern darzu ver-
fertigten kuͤnſtlichen Inſtrumenten
vormachen.
Taube,
Columba, Pigeon, iſt ein frucht-
barer Hauß-Vogel, der, wo er
wohl gehalten wird, die Muͤhe ſei-
nem Verſorger noch ziemlich be-
zahlet. Man hat unterſchiedene
Tauben, als Hauß-Feld-Holtz-
Ringel-Turtel-Tauben ꝛc. welche
alle in zahme und wilde koͤnnen
eingetheilet werden. Ihr Fleiſch
ſoll nicht das beſte ſeyn, von deſſen
Gebrauch der alten Medicorum
Bericht nach, Haupt- und Augen-
Schmertzen entſtehen, ſo aber mit
der Wahrheit nicht uͤbereinſtim̃et.
Alte Tauben haben freylich ein
hart und zaͤhes Fleiſch, hingegen
der Jungen ihres iſt deſto zaͤrter
und angenehmer; ſie duͤrffen aber
zu der Zeit nicht auf den Tiſch kom-
men, wenn ſie Lein-Samen zu freſ-
ſen pflegen. Und eben dieſer jun-
gen Tauben bedienet ſich der Koch,
welche er auf folgende Manieren
zubereiten lehret. 1) Tauben zu
wuͤrgen und zu putzen; 2) Tauben
fricasſiret; 3) Tauben mit Schweiß
ſchwartz; 4) Tauben-Eſtouffade;
5) Tauben-Eſtouffade anders; 6)
Tauben mit gruͤner Peterſilie; 7)
Tauben mit Peterſilien-Wurtzeln
und Nelcken; 8) Tauben mit Lin-
ſen; 9) Tauben mit Sauerampf-
fer; 10) Tauben mit Carfiol;
11) Tauben mit gruͤnen Erbſen;
12) Tauben mit Krebſen und Kloͤ-
ſen; 13) Tauben mit Spargel;
14) Tauben mit Stachel-Beeren;
15) Tauben mit Johannis-Bee-
ren; 16) Tauben mit Muſcheln;
17) Tauben mit Truffes; 18)
Tauben farciret; 19) Tauben mit
Lactuc; 20) Tauben mit Auſtern;
21) Tauben mit Sauerkraut; 22)
Tauben mit Sauerkraut im Back-
ofen; 23) Tauben gepreſt mit
Sardellen; 24) Tauben mit He-
ringen geſpickt; 25) Tauben mit
Capern; 26) Tauben gebacken;
27) Tauben gebraten; 28) Tau-
ben gebraten und geſpickt; 29)
Tauben gebraten, gefuͤllet mit
Krebſen; 30) Tauben gefuͤllet mit
Mandeln; 31) Tauben gefuͤllet
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Zitationshilfe: | Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/1013>, abgerufen am 23.02.2025. |