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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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VI.

"Ah, lieber Doktor! Das ist ja famos von
Ihnen, daß Sie sich wieder 'mal sehen lassen! Nun
-- wie gehts Ihnen? Viel gearbeitet? Aber Sie
schauen immer noch sehr angegriffen aus. Wie wäre
es heute mit der Revanchepartie? Hätte Lust --
Sie auch -- ja ..?"

Herr von Bodenburg hatte den "Figaro" aus
der Hand gelegt und stocherte mit dem Löffel auf ein
Stück Zucker los, das er soeben in seinen Kaffee
geworfen. Er sah erwartungsvoll zu Adam Mensch auf.

"Verdammt windig heute. Bei einem Haar
wäre mir mein Hut in irgend 'n Weltmeer oder
in 'ne Pfütze geflogen ... Macht der Krakehler
von Frühlingswind Aufhebens! ... Impertinenter
Stachelbursche!.."

Herr von Bodenburg lächelte.

Adam warf ein Zigarrenetui auf den Tisch und
rückte sich einen Stuhl zurecht.

"Viel Zeit habe ich gerade nicht -- wollte auch
ein paar Zeitungen durchfliegen -- bringt der "Fi-
garo" etwas Interessantes? Ach! die leidige Ge-
wohnheit! Man büßt wahrhaftig nichts ein, wenn

VI.

„Ah, lieber Doktor! Das iſt ja famos von
Ihnen, daß Sie ſich wieder 'mal ſehen laſſen! Nun
— wie gehts Ihnen? Viel gearbeitet? Aber Sie
ſchauen immer noch ſehr angegriffen aus. Wie wäre
es heute mit der Revanchepartie? Hätte Luſt —
Sie auch — ja ..?“

Herr von Bodenburg hatte den „Figaro“ aus
der Hand gelegt und ſtocherte mit dem Löffel auf ein
Stück Zucker los, das er ſoeben in ſeinen Kaffee
geworfen. Er ſah erwartungsvoll zu Adam Menſch auf.

„Verdammt windig heute. Bei einem Haar
wäre mir mein Hut in irgend 'n Weltmeer oder
in 'ne Pfütze geflogen ... Macht der Krakehler
von Frühlingſwind Aufhebens! ... Impertinenter
Stachelburſche!..“

Herr von Bodenburg lächelte.

Adam warf ein Zigarrenetui auf den Tiſch und
rückte ſich einen Stuhl zurecht.

„Viel Zeit habe ich gerade nicht — wollte auch
ein paar Zeitungen durchfliegen — bringt der „Fi-
garo“ etwas Intereſſantes? Ach! die leidige Ge-
wohnheit! Man büßt wahrhaftig nichts ein, wenn

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[[85]/0093] VI. „Ah, lieber Doktor! Das iſt ja famos von Ihnen, daß Sie ſich wieder 'mal ſehen laſſen! Nun — wie gehts Ihnen? Viel gearbeitet? Aber Sie ſchauen immer noch ſehr angegriffen aus. Wie wäre es heute mit der Revanchepartie? Hätte Luſt — Sie auch — ja ..?“ Herr von Bodenburg hatte den „Figaro“ aus der Hand gelegt und ſtocherte mit dem Löffel auf ein Stück Zucker los, das er ſoeben in ſeinen Kaffee geworfen. Er ſah erwartungsvoll zu Adam Menſch auf. „Verdammt windig heute. Bei einem Haar wäre mir mein Hut in irgend 'n Weltmeer oder in 'ne Pfütze geflogen ... Macht der Krakehler von Frühlingſwind Aufhebens! ... Impertinenter Stachelburſche!..“ Herr von Bodenburg lächelte. Adam warf ein Zigarrenetui auf den Tiſch und rückte ſich einen Stuhl zurecht. „Viel Zeit habe ich gerade nicht — wollte auch ein paar Zeitungen durchfliegen — bringt der „Fi- garo“ etwas Intereſſantes? Ach! die leidige Ge- wohnheit! Man büßt wahrhaftig nichts ein, wenn

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. [85]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/93>, abgerufen am 25.11.2024.