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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Wollen die Herren in mein Zimmer treten --?"
forderte Herr Quöck auf.

Man verbeugte sich ziemlich steif gegen einander.

Lydia sah nach ihrer kleinen, goldnen Uhr. "Schon
Zehn durch! Um Elf kommt mein Wagen --"

"Um Elf schon --?" fragte Frau Möbius,
wohl nur, um überhaupt Etwas zu sagen.

"Wenn es Ihnen recht ist, Fräulein Irmer,
fahren Sie mit mir --? Wir wohnen ja nicht weit
auseinander. Ich werde Friedrich sagen, daß er
durch Ihre Straße den Weg nimmt --"

"Sehr liebenswürdig, Frau Lange, ich nehme
mit Dank an --"

"Aber was fangen wir nun an --?" überlegte
Lydia. "Die Herren spielen natürlich den unver-
meidlichen Scat ... Ach! Wir armen Frauen --!"

"Traugott spielt eigentlich selten Scat --" be-
merkte Frau Möbius schüchtern.

"Ich werde mir wahrhaftig noch die Geheim-
nisse dieses verteufelten Scatspiels beibringen lassen --
man ist ja sonst rein verloren heute .. Ob der
Doctor Mensch auch spielt --? Er sieht gar nicht
so aus .. Was meinen Sie, Hedwig --?"

"Warum sollte er nicht --?" antwortete die
Gefragte kurz, etwas geringschätzig. Die beiden
Frauen sahen sich an. Eine jede wußte, was die
andere im Stillen dachte, was sie wissen wollte, zu
hören verlangte, und was doch keine von ihnen
aussprach .... keine aussprechen mochte.

"Bitte, Cousine --!" Herr Quöck war aus dem

„Wollen die Herren in mein Zimmer treten —?“
forderte Herr Quöck auf.

Man verbeugte ſich ziemlich ſteif gegen einander.

Lydia ſah nach ihrer kleinen, goldnen Uhr. „Schon
Zehn durch! Um Elf kommt mein Wagen —“

„Um Elf ſchon —?“ fragte Frau Möbius,
wohl nur, um überhaupt Etwas zu ſagen.

„Wenn es Ihnen recht iſt, Fräulein Irmer,
fahren Sie mit mir —? Wir wohnen ja nicht weit
auseinander. Ich werde Friedrich ſagen, daß er
durch Ihre Straße den Weg nimmt —“

„Sehr liebenswürdig, Frau Lange, ich nehme
mit Dank an —“

„Aber was fangen wir nun an —?“ überlegte
Lydia. „Die Herren ſpielen natürlich den unver-
meidlichen Scat ... Ach! Wir armen Frauen —!“

„Traugott ſpielt eigentlich ſelten Scat —“ be-
merkte Frau Möbius ſchüchtern.

„Ich werde mir wahrhaftig noch die Geheim-
niſſe dieſes verteufelten Scatſpiels beibringen laſſen —
man iſt ja ſonſt rein verloren heute .. Ob der
Doctor Menſch auch ſpielt —? Er ſieht gar nicht
ſo aus .. Was meinen Sie, Hedwig —?“

„Warum ſollte er nicht —?“ antwortete die
Gefragte kurz, etwas geringſchätzig. Die beiden
Frauen ſahen ſich an. Eine jede wußte, was die
andere im Stillen dachte, was ſie wiſſen wollte, zu
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[66/0074] „Wollen die Herren in mein Zimmer treten —?“ forderte Herr Quöck auf. Man verbeugte ſich ziemlich ſteif gegen einander. Lydia ſah nach ihrer kleinen, goldnen Uhr. „Schon Zehn durch! Um Elf kommt mein Wagen —“ „Um Elf ſchon —?“ fragte Frau Möbius, wohl nur, um überhaupt Etwas zu ſagen. „Wenn es Ihnen recht iſt, Fräulein Irmer, fahren Sie mit mir —? Wir wohnen ja nicht weit auseinander. Ich werde Friedrich ſagen, daß er durch Ihre Straße den Weg nimmt —“ „Sehr liebenswürdig, Frau Lange, ich nehme mit Dank an —“ „Aber was fangen wir nun an —?“ überlegte Lydia. „Die Herren ſpielen natürlich den unver- meidlichen Scat ... Ach! Wir armen Frauen —!“ „Traugott ſpielt eigentlich ſelten Scat —“ be- merkte Frau Möbius ſchüchtern. „Ich werde mir wahrhaftig noch die Geheim- niſſe dieſes verteufelten Scatſpiels beibringen laſſen — man iſt ja ſonſt rein verloren heute .. Ob der Doctor Menſch auch ſpielt —? Er ſieht gar nicht ſo aus .. Was meinen Sie, Hedwig —?“ „Warum ſollte er nicht —?“ antwortete die Gefragte kurz, etwas geringſchätzig. Die beiden Frauen ſahen ſich an. Eine jede wußte, was die andere im Stillen dachte, was ſie wiſſen wollte, zu hören verlangte, und was doch keine von ihnen ausſprach .... keine ausſprechen mochte. „Bitte, Couſine —!“ Herr Quöck war aus dem

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/74>, abgerufen am 23.11.2024.