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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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funden wird, quasi als Mörder behandelt werden,
denn er hat, respective hatte es ja jeden Augen-
blick in der Hand, einem seiner Mitmenschen das
Leben, dieses höchste, kostbarste Gut, wie Sie mir
zugestehen werden, zu nehmen --"

"Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr
Referendar --?" fragte Adam belustigt.

"Wollen Sie nicht auch einmal den Käse kosten,
Herr Doctor?" bot Frau Möbius, die aufmerksame
Wirthin, an. Sie benutzte den Moment, wo das
Gespräch sich wieder gabeln zu wollen schien.

Auch Hedwigs Gesicht hatte einige Ausdrucks-
grade seines Ernstes verloren. Auch ihr mußten
die Geständnisse Herrn Oettingers etwas drollig
und schattentöterig-bizarr vorkommen.

"Zweifeln Sie daran, Herr Doctor? -- Ich
bitte doch sehr ... Allerdings -- Sie scheinen
mir in dieser Beziehung etwas laxere Ansichten zu
haben --" entgegnete der Herr Referendar ein
Wenig indignirt. Er führte sein Weinglas an die
Lippen und sah furchtbar moralisch entrüstet aus.

",Laxere' .. hm! -- ich weiß nicht, Herr Refe-
rendar, ob gerade ,laxere' -- -- jedenfalls .. hm!
nun! jedenfalls modernere .." warf Adam mit einem
kleinen Anflug von Spott hin.

"Was verstehen Sie eigentlich unter ,modern',
Herr Doctor? -- Man hört das Wort heute so oft.
Man kann sich gar nicht mehr retten vor ihm --"
fragte Lydia dazwischen. Sie schien momentan ganz

funden wird, quasi als Mörder behandelt werden,
denn er hat, reſpective hatte es ja jeden Augen-
blick in der Hand, einem ſeiner Mitmenſchen das
Leben, dieſes höchſte, koſtbarſte Gut, wie Sie mir
zugeſtehen werden, zu nehmen —“

„Das kann doch nicht Ihr Ernſt ſein, Herr
Referendar —?“ fragte Adam beluſtigt.

„Wollen Sie nicht auch einmal den Käſe koſten,
Herr Doctor?“ bot Frau Möbius, die aufmerkſame
Wirthin, an. Sie benutzte den Moment, wo das
Geſpräch ſich wieder gabeln zu wollen ſchien.

Auch Hedwigs Geſicht hatte einige Ausdrucks-
grade ſeines Ernſtes verloren. Auch ihr mußten
die Geſtändniſſe Herrn Oettingers etwas drollig
und ſchattentöterig-bizarr vorkommen.

„Zweifeln Sie daran, Herr Doctor? — Ich
bitte doch ſehr ... Allerdings — Sie ſcheinen
mir in dieſer Beziehung etwas laxere Anſichten zu
haben —“ entgegnete der Herr Referendar ein
Wenig indignirt. Er führte ſein Weinglas an die
Lippen und ſah furchtbar moraliſch entrüſtet aus.

„‚Laxere‘ .. hm! — ich weiß nicht, Herr Refe-
rendar, ob gerade ‚laxere‘ — — jedenfalls .. hm!
nun! jedenfalls modernere ..“ warf Adam mit einem
kleinen Anflug von Spott hin.

„Was verſtehen Sie eigentlich unter ‚modern‘,
Herr Doctor? — Man hört das Wort heute ſo oft.
Man kann ſich gar nicht mehr retten vor ihm —“
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[61/0069] funden wird, quasi als Mörder behandelt werden, denn er hat, reſpective hatte es ja jeden Augen- blick in der Hand, einem ſeiner Mitmenſchen das Leben, dieſes höchſte, koſtbarſte Gut, wie Sie mir zugeſtehen werden, zu nehmen —“ „Das kann doch nicht Ihr Ernſt ſein, Herr Referendar —?“ fragte Adam beluſtigt. „Wollen Sie nicht auch einmal den Käſe koſten, Herr Doctor?“ bot Frau Möbius, die aufmerkſame Wirthin, an. Sie benutzte den Moment, wo das Geſpräch ſich wieder gabeln zu wollen ſchien. Auch Hedwigs Geſicht hatte einige Ausdrucks- grade ſeines Ernſtes verloren. Auch ihr mußten die Geſtändniſſe Herrn Oettingers etwas drollig und ſchattentöterig-bizarr vorkommen. „Zweifeln Sie daran, Herr Doctor? — Ich bitte doch ſehr ... Allerdings — Sie ſcheinen mir in dieſer Beziehung etwas laxere Anſichten zu haben —“ entgegnete der Herr Referendar ein Wenig indignirt. Er führte ſein Weinglas an die Lippen und ſah furchtbar moraliſch entrüſtet aus. „‚Laxere‘ .. hm! — ich weiß nicht, Herr Refe- rendar, ob gerade ‚laxere‘ — — jedenfalls .. hm! nun! jedenfalls modernere ..“ warf Adam mit einem kleinen Anflug von Spott hin. „Was verſtehen Sie eigentlich unter ‚modern‘, Herr Doctor? — Man hört das Wort heute ſo oft. Man kann ſich gar nicht mehr retten vor ihm —“ fragte Lydia dazwiſchen. Sie ſchien momentan ganz

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/69>, abgerufen am 23.11.2024.