Herr Quöck deutete auf eine Dame, die im Hintergrunde des Zimmers an einem kleinen Eck- tische stand und sich soeben umwandte. Ein auf- geschlagenes Album wurde jetzt sichtbar.
"Herr Doctor Mensch --"
Adam verneigte sich sehr ceremoniell. Die Dame nickte kurz.
"Wollen Sie nicht Platz nehmen, Herr Doctor? --"
"Wenn sie gestatten --"
Adam warf sich in einen Fauteuil. Er knöpfte seine Glace's auf und sah zu der Frau hinüber, die näher getreten war und jetzt am Sophatisch stand.
Hm! Frau Lange besaß allerdings Etwas, das -- gewiß! das "eigenthümlich" war, das in- teressiren, das unter Umständen sogar -- hm! -- sogar --
"Na! nur nicht gleich so hitzig!" bremste Adam seine schmunzelnde Zufriedenheit fest ... und gestand sich nun eine volle, die durchschnittliche Mittelgröße ein Wenig überragende Gestalt; einen, wie die Dame so dastand, durch kleine, runde, gelenke Bewegungen mit den Armen, mit dem Kopfe, Elasticität und Geschmeidig- keit verrathenden Körperbau; eine prachtvoll durch das Corset zu eleganter Wölbung herausgecurvte Brust; volle, warme Arme, die durch das glatt und eng anliegende Kleid entzückend bestimmt her- vortraten -- einen breit und gebärtüchtig sich ausladen- den Unterkörper -- "allerdings! derartige Frauen sind sehr oft unfruchtbar" -- -- und schließlich ein, wenn auch nicht gerade "durchgeistigtes," so doch sehr regel-
Herr Quöck deutete auf eine Dame, die im Hintergrunde des Zimmers an einem kleinen Eck- tiſche ſtand und ſich ſoeben umwandte. Ein auf- geſchlagenes Album wurde jetzt ſichtbar.
„Herr Doctor Menſch —“
Adam verneigte ſich ſehr ceremoniell. Die Dame nickte kurz.
„Wollen Sie nicht Platz nehmen, Herr Doctor? —“
„Wenn ſie geſtatten —“
Adam warf ſich in einen Fauteuil. Er knöpfte ſeine Glacé's auf und ſah zu der Frau hinüber, die näher getreten war und jetzt am Sophatiſch ſtand.
Hm! Frau Lange beſaß allerdings Etwas, das — gewiß! das „eigenthümlich“ war, das in- tereſſiren, das unter Umſtänden ſogar — hm! — ſogar —
„Na! nur nicht gleich ſo hitzig!“ bremſte Adam ſeine ſchmunzelnde Zufriedenheit feſt ... und geſtand ſich nun eine volle, die durchſchnittliche Mittelgröße ein Wenig überragende Geſtalt; einen, wie die Dame ſo daſtand, durch kleine, runde, gelenke Bewegungen mit den Armen, mit dem Kopfe, Elaſticität und Geſchmeidig- keit verrathenden Körperbau; eine prachtvoll durch das Corſet zu eleganter Wölbung herausgecurvte Bruſt; volle, warme Arme, die durch das glatt und eng anliegende Kleid entzückend beſtimmt her- vortraten — einen breit und gebärtüchtig ſich ausladen- den Unterkörper — „allerdings! derartige Frauen ſind ſehr oft unfruchtbar“ — — und ſchließlich ein, wenn auch nicht gerade „durchgeiſtigtes,“ ſo doch ſehr regel-
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Herr Quöck deutete auf eine Dame, die im
Hintergrunde des Zimmers an einem kleinen Eck-
tiſche ſtand und ſich ſoeben umwandte. Ein auf-
geſchlagenes Album wurde jetzt ſichtbar.
„Herr Doctor Menſch —“
Adam verneigte ſich ſehr ceremoniell. Die Dame
nickte kurz.
„Wollen Sie nicht Platz nehmen, Herr Doctor? —“
„Wenn ſie geſtatten —“
Adam warf ſich in einen Fauteuil. Er knöpfte
ſeine Glacé's auf und ſah zu der Frau hinüber,
die näher getreten war und jetzt am Sophatiſch ſtand.
Hm! Frau Lange beſaß allerdings Etwas, das
— gewiß! das „eigenthümlich“ war, das in-
tereſſiren, das unter Umſtänden ſogar — hm! —
ſogar —
„Na! nur nicht gleich ſo hitzig!“ bremſte Adam ſeine
ſchmunzelnde Zufriedenheit feſt ... und geſtand ſich nun
eine volle, die durchſchnittliche Mittelgröße ein Wenig
überragende Geſtalt; einen, wie die Dame ſo daſtand,
durch kleine, runde, gelenke Bewegungen mit den
Armen, mit dem Kopfe, Elaſticität und Geſchmeidig-
keit verrathenden Körperbau; eine prachtvoll durch
das Corſet zu eleganter Wölbung herausgecurvte
Bruſt; volle, warme Arme, die durch das glatt
und eng anliegende Kleid entzückend beſtimmt her-
vortraten — einen breit und gebärtüchtig ſich ausladen-
den Unterkörper — „allerdings! derartige Frauen ſind
ſehr oft unfruchtbar“ — — und ſchließlich ein, wenn
auch nicht gerade „durchgeiſtigtes,“ ſo doch ſehr regel-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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