Adam hatte gehört, wie die Thür zugeschlagen wurde. Er war aus seinem herumtastenden Brüten aufgefahren und erschien jetzt unter der auseinander- geteilten Portiere.
"Sie ist fort --?" fragte er "-- allein --?"
Emmy antwortete nicht. Sie stand, noch immer aufs Tiefste erschüttert, neben dem Fauteuil und starrte vor sich nieder. Sie hatte die Hände über- einander auf die Fauteuillehne gelegt und nickte wie in tiefem Traume vor sich hin. "Warum bist Du nicht mitgegangen --?" fragte Adam von Neuem, unwillkürlich besorgt um Hedwig, zugleich unwillig über Emmys überflüßiges Versteinertsein.
Die drehte ihm langsam ihr Gesicht zu. Sie sah ihn fragend, verwundert an, als müßte sie sich erst auf die Bedeutung seiner Worte besinnen. Nun hatte sie wohl begriffen -- "ich gehe 'gleich -- Du wirst mich 'gleich los sein -- --" sagte sie leise und sah sich im Zimmer um, als suchte sie etwas, ihr Jaquet oder ihren Hut.
"So hab' ichs nicht gemeint -- das weißt Du --" erwiderte Adam ärgerlich -- "aber es könnte ihr 'was passiren -- und da wäre es besser, sie hätte Jemanden in ihrer Nähe, der -- --"
"Ihr ist schon genug passirt --" sagte Emmy laut, bestimmt und sah Adam mit großen, heraus- fordernden Augen an --
"Meinst Du --?" fragte der sarkastisch -- "Du mußt's ja wissen -- ja! Ihr Weiber! -- Eine wie die Andere --" Nun fing die auch noch an --
Adam hatte gehört, wie die Thür zugeſchlagen wurde. Er war aus ſeinem herumtaſtenden Brüten aufgefahren und erſchien jetzt unter der auseinander- geteilten Portière.
„Sie iſt fort —?“ fragte er „— allein —?“
Emmy antwortete nicht. Sie ſtand, noch immer aufs Tiefſte erſchüttert, neben dem Fauteuil und ſtarrte vor ſich nieder. Sie hatte die Hände über- einander auf die Fauteuillehne gelegt und nickte wie in tiefem Traume vor ſich hin. „Warum biſt Du nicht mitgegangen —?“ fragte Adam von Neuem, unwillkürlich beſorgt um Hedwig, zugleich unwillig über Emmys überflüßiges Verſteinertſein.
Die drehte ihm langſam ihr Geſicht zu. Sie ſah ihn fragend, verwundert an, als müßte ſie ſich erſt auf die Bedeutung ſeiner Worte beſinnen. Nun hatte ſie wohl begriffen — „ich gehe 'gleich — Du wirſt mich 'gleich los ſein — —“ ſagte ſie leiſe und ſah ſich im Zimmer um, als ſuchte ſie etwas, ihr Jaquet oder ihren Hut.
„So hab' ichs nicht gemeint — das weißt Du —“ erwiderte Adam ärgerlich — „aber es könnte ihr 'was paſſiren — und da wäre es beſſer, ſie hätte Jemanden in ihrer Nähe, der — —“
„Ihr iſt ſchon genug paſſirt —“ ſagte Emmy laut, beſtimmt und ſah Adam mit großen, heraus- fordernden Augen an —
„Meinſt Du —?“ fragte der ſarkaſtiſch — „Du mußt's ja wiſſen — ja! Ihr Weiber! — Eine wie die Andere —“ Nun fing die auch noch an —
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Adam hatte gehört, wie die Thür zugeſchlagen
wurde. Er war aus ſeinem herumtaſtenden Brüten
aufgefahren und erſchien jetzt unter der auseinander-
geteilten Portière.
„Sie iſt fort —?“ fragte er „— allein —?“
Emmy antwortete nicht. Sie ſtand, noch immer
aufs Tiefſte erſchüttert, neben dem Fauteuil und
ſtarrte vor ſich nieder. Sie hatte die Hände über-
einander auf die Fauteuillehne gelegt und nickte wie
in tiefem Traume vor ſich hin. „Warum biſt Du
nicht mitgegangen —?“ fragte Adam von Neuem,
unwillkürlich beſorgt um Hedwig, zugleich unwillig
über Emmys überflüßiges Verſteinertſein.
Die drehte ihm langſam ihr Geſicht zu. Sie
ſah ihn fragend, verwundert an, als müßte ſie ſich
erſt auf die Bedeutung ſeiner Worte beſinnen. Nun
hatte ſie wohl begriffen — „ich gehe 'gleich — Du
wirſt mich 'gleich los ſein — —“ ſagte ſie leiſe
und ſah ſich im Zimmer um, als ſuchte ſie etwas,
ihr Jaquet oder ihren Hut.
„So hab' ichs nicht gemeint — das weißt Du —“
erwiderte Adam ärgerlich — „aber es könnte ihr
'was paſſiren — und da wäre es beſſer, ſie hätte
Jemanden in ihrer Nähe, der — —“
„Ihr iſt ſchon genug paſſirt —“ ſagte Emmy
laut, beſtimmt und ſah Adam mit großen, heraus-
fordernden Augen an —
„Meinſt Du —?“ fragte der ſarkaſtiſch — „Du
mußt's ja wiſſen — ja! Ihr Weiber! — Eine
wie die Andere —“ Nun fing die auch noch an —
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/450>, abgerufen am 25.11.2024.
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