Aber wie um eine unmittelbare Antwort Hedwigs zu verhindern oder doch in irgend einer Weise ab- zuschwächen, erläuterte er hastig: "-- das heißt -- das heißt -- vorher -- ehe -- das kam natürlich so -- --"
"Von wem --?" fragte Emmy unwillkürlich und sah Adam erschrocken an. Der war froh, daß er durch Emmys Zwischenfrage wenigstens äußerlich einen anderen Partner, zu dem er sprechen konnte, bekommen hatte -- war froh, daß die Auseinander- setzung nicht unmittelbar zwischen ihm und Hedwig stattzufinden brauchte. Eine gewisse Rücksicht, zu der er sich Hedwig gegenüber immerhin unwillkürlich hätte bequemen müssen, durfte er nun fallen lassen. Und das war ihm sehr lieb. Denn der barsche, ungeschlachte, rauhbeinig-rücksichtslose Ton, den er anschlagen wollte, verdeckte viel besser sein inneres Widerstreben, seine innere Zaghaftigkeit, die er trotz aller Anstrengung nicht loszuwerden vermochte.
"Von meiner Braut, wenn Sie nichts dagegen haben, mein Fräulein --!" wiederholte also Adam laut, trotzig. Er sah dabei Emmy herausfordernd an und stellte sich, als bemerkte und fühlte er den Blick trostlosen Entsetzens nicht, mit dem Hedwig ihn an- starrte.
Ein schwüles, beklemmendes Schweigen war ein- getreten. Adam wollte schon die Gelegenheit be- nutzen, sich von dem unmittelbaren Kriegsschauplatze unauffällig ein Wenig in den Hintergrund ... viel- leicht in's Nebenzimmer ... zu schwindeln --
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Aber wie um eine unmittelbare Antwort Hedwigs zu verhindern oder doch in irgend einer Weiſe ab- zuſchwächen, erläuterte er haſtig: „— das heißt — das heißt — vorher — ehe — das kam natürlich ſo — —“
„Von wem —?“ fragte Emmy unwillkürlich und ſah Adam erſchrocken an. Der war froh, daß er durch Emmys Zwiſchenfrage wenigſtens äußerlich einen anderen Partner, zu dem er ſprechen konnte, bekommen hatte — war froh, daß die Auseinander- ſetzung nicht unmittelbar zwiſchen ihm und Hedwig ſtattzufinden brauchte. Eine gewiſſe Rückſicht, zu der er ſich Hedwig gegenüber immerhin unwillkürlich hätte bequemen müſſen, durfte er nun fallen laſſen. Und das war ihm ſehr lieb. Denn der barſche, ungeſchlachte, rauhbeinig-rückſichtsloſe Ton, den er anſchlagen wollte, verdeckte viel beſſer ſein inneres Widerſtreben, ſeine innere Zaghaftigkeit, die er trotz aller Anſtrengung nicht loszuwerden vermochte.
„Von meiner Braut, wenn Sie nichts dagegen haben, mein Fräulein —!“ wiederholte alſo Adam laut, trotzig. Er ſah dabei Emmy herausfordernd an und ſtellte ſich, als bemerkte und fühlte er den Blick troſtloſen Entſetzens nicht, mit dem Hedwig ihn an- ſtarrte.
Ein ſchwüles, beklemmendes Schweigen war ein- getreten. Adam wollte ſchon die Gelegenheit be- nutzen, ſich von dem unmittelbaren Kriegsſchauplatze unauffällig ein Wenig in den Hintergrund ... viel- leicht in's Nebenzimmer ... zu ſchwindeln —
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Aber wie um eine unmittelbare Antwort Hedwigs
zu verhindern oder doch in irgend einer Weiſe ab-
zuſchwächen, erläuterte er haſtig: „— das heißt —
das heißt — vorher — ehe — das kam natürlich
ſo — —“
„Von wem —?“ fragte Emmy unwillkürlich
und ſah Adam erſchrocken an. Der war froh, daß
er durch Emmys Zwiſchenfrage wenigſtens äußerlich
einen anderen Partner, zu dem er ſprechen konnte,
bekommen hatte — war froh, daß die Auseinander-
ſetzung nicht unmittelbar zwiſchen ihm und Hedwig
ſtattzufinden brauchte. Eine gewiſſe Rückſicht, zu der
er ſich Hedwig gegenüber immerhin unwillkürlich
hätte bequemen müſſen, durfte er nun fallen laſſen.
Und das war ihm ſehr lieb. Denn der barſche,
ungeſchlachte, rauhbeinig-rückſichtsloſe Ton, den er
anſchlagen wollte, verdeckte viel beſſer ſein inneres
Widerſtreben, ſeine innere Zaghaftigkeit, die er trotz
aller Anſtrengung nicht loszuwerden vermochte.
„Von meiner Braut, wenn Sie nichts dagegen
haben, mein Fräulein —!“ wiederholte alſo Adam
laut, trotzig. Er ſah dabei Emmy herausfordernd
an und ſtellte ſich, als bemerkte und fühlte er den Blick
troſtloſen Entſetzens nicht, mit dem Hedwig ihn an-
ſtarrte.
Ein ſchwüles, beklemmendes Schweigen war ein-
getreten. Adam wollte ſchon die Gelegenheit be-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/443>, abgerufen am 23.11.2024.
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