"Schnell Eau de Cologne her --!" rief Emmy und rieb der Ohnmächtigen Schläfen und Stirn ein, als Adam das Wasser gebracht hatte.
Nach einer Weile kam Hedwig wieder zu sich und schlug die Augen auf. Mit jähem Schrecken erkannte sie ihre Umgebung, erkannte sie Emmy neben sich -- sie wollte sich emporraffen, sie hastete mit den Händen an den Lehnen hin und her -- "gehen Sie --! lassen Sie mich --!" stöhnte sie -- "rühren Sie mich nicht an --"
"Na! hab' Dich nur nicht so --!"fuhr es Adam barsch heraus, dem die ganze Scene schon sehr unbequem geworden war. Er drehte sich ein Wenig ab und setzte das Glas Portwein, das er in der Hand gehalten, unwillig auf den Tisch.
Emmy war unwillkürlich einen Schritt zurückge- treten. Sie sah Adam traurig-fragend an, sie wußte nicht, ob sie bleiben oder gehen, ob sie die beiden allein lassen sollte, oder -- oder --? -- sie war ganz rathlos. Das arme, gefolterte Weib da vor ihr im Sessel that ihr sehr leid, sie erkannte es aus der Engler'schen Wein- kneipe wieder, sie fühlte sich zu ihm hingezogen, sie sagte sich, daß Adam Beziehungen, jedenfalls sehr intime Beziehungen zu ihm hätte -- und wie ein Gefühl von Haß ... von Haß -- wie ein heißes, wüthendes Erpichtsein auf Rache und Vergeltung an dem Herz- losen schoß es ihr brennend auf in der Brust.
Wieder versuchte Hedwig aufzustehen, sie stützte sich krampfhaft auf die niedrigen Seitenwände des Fauteuils, aber sie war zu schwach, sie sank wieder zurück.
„Schnell Eau de Cologne her —!“ rief Emmy und rieb der Ohnmächtigen Schläfen und Stirn ein, als Adam das Waſſer gebracht hatte.
Nach einer Weile kam Hedwig wieder zu ſich und ſchlug die Augen auf. Mit jähem Schrecken erkannte ſie ihre Umgebung, erkannte ſie Emmy neben ſich — ſie wollte ſich emporraffen, ſie haſtete mit den Händen an den Lehnen hin und her — „gehen Sie —! laſſen Sie mich —!“ ſtöhnte ſie — „rühren Sie mich nicht an —“
„Na! hab' Dich nur nicht ſo —!“fuhr es Adam barſch heraus, dem die ganze Scene ſchon ſehr unbequem geworden war. Er drehte ſich ein Wenig ab und ſetzte das Glas Portwein, das er in der Hand gehalten, unwillig auf den Tiſch.
Emmy war unwillkürlich einen Schritt zurückge- treten. Sie ſah Adam traurig-fragend an, ſie wußte nicht, ob ſie bleiben oder gehen, ob ſie die beiden allein laſſen ſollte, oder — oder —? — ſie war ganz rathlos. Das arme, gefolterte Weib da vor ihr im Seſſel that ihr ſehr leid, ſie erkannte es aus der Engler'ſchen Wein- kneipe wieder, ſie fühlte ſich zu ihm hingezogen, ſie ſagte ſich, daß Adam Beziehungen, jedenfalls ſehr intime Beziehungen zu ihm hätte — und wie ein Gefühl von Haß ... von Haß — wie ein heißes, wüthendes Erpichtſein auf Rache und Vergeltung an dem Herz- loſen ſchoß es ihr brennend auf in der Bruſt.
Wieder verſuchte Hedwig aufzuſtehen, ſie ſtützte ſich krampfhaft auf die niedrigen Seitenwände des Fauteuils, aber ſie war zu ſchwach, ſie ſank wieder zurück.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0439"n="431"/><p>„Schnell Eau de Cologne her —!“ rief Emmy<lb/>
und rieb der Ohnmächtigen Schläfen und Stirn ein,<lb/>
als Adam das Waſſer gebracht hatte.</p><lb/><p>Nach einer Weile kam Hedwig wieder zu ſich<lb/>
und ſchlug die Augen auf. Mit jähem Schrecken<lb/>
erkannte ſie ihre Umgebung, erkannte ſie Emmy<lb/>
neben ſich —ſie wollte ſich emporraffen, ſie haſtete<lb/>
mit den Händen an den Lehnen hin und her —<lb/>„gehen Sie —! laſſen Sie mich —!“ſtöhnte ſie —<lb/>„rühren Sie mich nicht an —“</p><lb/><p>„Na! hab' Dich nur nicht ſo —!“fuhr es<lb/>
Adam barſch heraus, dem die ganze Scene ſchon<lb/>ſehr unbequem geworden war. Er drehte ſich ein<lb/>
Wenig ab und ſetzte das Glas Portwein, das er in<lb/>
der Hand gehalten, unwillig auf den Tiſch.</p><lb/><p>Emmy war unwillkürlich einen Schritt zurückge-<lb/>
treten. Sie ſah Adam traurig-fragend an, ſie wußte nicht,<lb/>
ob ſie bleiben oder gehen, ob ſie die beiden allein<lb/>
laſſen ſollte, oder — oder —? —ſie war ganz rathlos.<lb/>
Das arme, gefolterte Weib da vor ihr im Seſſel that<lb/>
ihr ſehr leid, ſie erkannte es aus der Engler'ſchen Wein-<lb/>
kneipe wieder, ſie fühlte ſich zu ihm hingezogen, ſie ſagte<lb/>ſich, daß Adam Beziehungen, jedenfalls ſehr intime<lb/>
Beziehungen zu ihm hätte — und wie ein Gefühl von<lb/>
Haß ... von Haß — wie ein heißes, wüthendes<lb/>
Erpichtſein auf Rache und Vergeltung an dem Herz-<lb/>
loſen ſchoß es ihr brennend auf in der Bruſt.</p><lb/><p>Wieder verſuchte Hedwig aufzuſtehen, ſie ſtützte<lb/>ſich krampfhaft auf die niedrigen Seitenwände des<lb/>
Fauteuils, aber ſie war zu ſchwach, ſie ſank wieder zurück.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[431/0439]
„Schnell Eau de Cologne her —!“ rief Emmy
und rieb der Ohnmächtigen Schläfen und Stirn ein,
als Adam das Waſſer gebracht hatte.
Nach einer Weile kam Hedwig wieder zu ſich
und ſchlug die Augen auf. Mit jähem Schrecken
erkannte ſie ihre Umgebung, erkannte ſie Emmy
neben ſich — ſie wollte ſich emporraffen, ſie haſtete
mit den Händen an den Lehnen hin und her —
„gehen Sie —! laſſen Sie mich —!“ ſtöhnte ſie —
„rühren Sie mich nicht an —“
„Na! hab' Dich nur nicht ſo —!“fuhr es
Adam barſch heraus, dem die ganze Scene ſchon
ſehr unbequem geworden war. Er drehte ſich ein
Wenig ab und ſetzte das Glas Portwein, das er in
der Hand gehalten, unwillig auf den Tiſch.
Emmy war unwillkürlich einen Schritt zurückge-
treten. Sie ſah Adam traurig-fragend an, ſie wußte nicht,
ob ſie bleiben oder gehen, ob ſie die beiden allein
laſſen ſollte, oder — oder —? — ſie war ganz rathlos.
Das arme, gefolterte Weib da vor ihr im Seſſel that
ihr ſehr leid, ſie erkannte es aus der Engler'ſchen Wein-
kneipe wieder, ſie fühlte ſich zu ihm hingezogen, ſie ſagte
ſich, daß Adam Beziehungen, jedenfalls ſehr intime
Beziehungen zu ihm hätte — und wie ein Gefühl von
Haß ... von Haß — wie ein heißes, wüthendes
Erpichtſein auf Rache und Vergeltung an dem Herz-
loſen ſchoß es ihr brennend auf in der Bruſt.
Wieder verſuchte Hedwig aufzuſtehen, ſie ſtützte
ſich krampfhaft auf die niedrigen Seitenwände des
Fauteuils, aber ſie war zu ſchwach, ſie ſank wieder zurück.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/439>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.