Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889]."Berufe" besaß? Doch -- das war ja vorläufig „Berufe“ beſaß? Doch — das war ja vorläufig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0376" n="368"/> „Berufe“ beſaß? Doch — das war ja vorläufig<lb/> alles Nebenſache. Es kam zunächſt nur darauf an,<lb/> die paar Groſchen in die Bude zu ſchaffen. Aber<lb/> wie? An wen ſollte er ſich wenden? fragte ſich Adam.<lb/> Bekannte, die eines ſolchen „Opfers“ fähig geweſen<lb/> wären, beſaß er nicht. Zu ſeinen Verwandten engerer<lb/> und weiterer Kategorie hatte er auch ſo gut wie<lb/> gar keine Beziehungen mehr. Ha! Etwa Lydia?<lb/> Nun! dieſer Dame war es ja ſchließlich ein Leichtes,<lb/> war es ja ein Kinderſpiel, das Geld aufzubringen.<lb/> Aber —: ſich bei Frau Lange darum bemühen —<lb/> ſie ſchriftlich oder womöglich gar mündlich darum zu<lb/> bitten — ging das an? Er hätte doch die ganze<lb/> Situation correct auseinanderſetzen müſſen und konnte<lb/> unmöglich ſeine Beziehungen zu Hedwig verſchweigen<lb/> dabei — dieſe Beziehungen eben, die er ja um<lb/> jeden Preis abbrechen wollte. Das war des Pudels<lb/> Kern. Eine merkwürdige Wandlung ging zugleich<lb/> in Adam vor. Er bekam plötzlich einen ganz ge-<lb/> hörigen Reſpect vor dem Gelde und ſeiner Macht.<lb/> Und als Gemahl Lydias — ei! da hatte er ja<lb/> Wünſchelruthe und Waffe zugleich in der Hand.<lb/> Hm! In ſeinem ſentimentalen, idealiſtiſchen Duſel<lb/> hätte er es ſchließlich gar noch fertig gebracht, ſich<lb/> mit Hedwig auf einen gemeinſamen Guerrillakrieg<lb/> um die Brocken und Broſamen des klebrigen<lb/> Kleinlebens einzulaſſen. Es war ganz gut —<lb/> und in gewiſſem Sinne zugleich auch ſehr tiefſinnig<lb/> und ſymboliſch — daß durch ſie ſelbſt ein Moment<lb/> in die Affäre eingeführt wurde, das ihn ſtutzig<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [368/0376]
„Berufe“ beſaß? Doch — das war ja vorläufig
alles Nebenſache. Es kam zunächſt nur darauf an,
die paar Groſchen in die Bude zu ſchaffen. Aber
wie? An wen ſollte er ſich wenden? fragte ſich Adam.
Bekannte, die eines ſolchen „Opfers“ fähig geweſen
wären, beſaß er nicht. Zu ſeinen Verwandten engerer
und weiterer Kategorie hatte er auch ſo gut wie
gar keine Beziehungen mehr. Ha! Etwa Lydia?
Nun! dieſer Dame war es ja ſchließlich ein Leichtes,
war es ja ein Kinderſpiel, das Geld aufzubringen.
Aber —: ſich bei Frau Lange darum bemühen —
ſie ſchriftlich oder womöglich gar mündlich darum zu
bitten — ging das an? Er hätte doch die ganze
Situation correct auseinanderſetzen müſſen und konnte
unmöglich ſeine Beziehungen zu Hedwig verſchweigen
dabei — dieſe Beziehungen eben, die er ja um
jeden Preis abbrechen wollte. Das war des Pudels
Kern. Eine merkwürdige Wandlung ging zugleich
in Adam vor. Er bekam plötzlich einen ganz ge-
hörigen Reſpect vor dem Gelde und ſeiner Macht.
Und als Gemahl Lydias — ei! da hatte er ja
Wünſchelruthe und Waffe zugleich in der Hand.
Hm! In ſeinem ſentimentalen, idealiſtiſchen Duſel
hätte er es ſchließlich gar noch fertig gebracht, ſich
mit Hedwig auf einen gemeinſamen Guerrillakrieg
um die Brocken und Broſamen des klebrigen
Kleinlebens einzulaſſen. Es war ganz gut —
und in gewiſſem Sinne zugleich auch ſehr tiefſinnig
und ſymboliſch — daß durch ſie ſelbſt ein Moment
in die Affäre eingeführt wurde, das ihn ſtutzig
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Zitationshilfe: | Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/376>, abgerufen am 16.02.2025. |