Adam war ungeduldig geworden und aufge- sprungen. Er hatte die Komödie mit diesem dummen Jungen satt. Lächerlich! Im Nebenzimmer hörte er Hedwig hastig, aufgeregt hin- und hergehen. Die Erwartung der Entscheidung ihres Schicksals schien sie mit immer wachsender nervöser Unruhe zu er- füllen, je länger sich diese Entscheidung hinausschob. In der nächsten halben Stunde stand er vor ihrem Vater und hatte mit diesem eine ungleich ernstere und wichtigere Auseinandersetzung zu bestehen. Was gingen ihn da diese Krautjunker an, die nichts An- deres zu thun zu haben schienen, als sich in das er- bärmlichste Zeug von der Welt, in den conventionellsten Phrasenschnickschnack festzubeißen? Eine Unver- schämtheit, ihr lächerliches Nichts hier vor ihm zu einer Haupt- und Staatsaktion aufzublähen!
"Die Forderung Herrn von Bodenburgs: also auf Pistolen -- fünfzehn Schritt Distance -- zwei- maliger Kugelwechsel -- mit Zielen --"
"So? Danke sehr! Im Uebrigen also theilen Sie Herrn von Bodenburg nur gefälligst mit, daß ich seine Forderung nicht annehme --"
"Nicht --?"
"Nein --!"
"Und darf ich fragen, aus welchem Grunde --?"
"Aus welchem Grunde? Hören Sie 'mal, lieber Herr --: ich wäre wohl kaum verpflichtet, Ihnen meine Gründe auseinanderzusetzen. Es würde uns auch zu lange aufhalten, bin pressirt. Ich sage Ihnen nur, daß ich durchaus kein prinzipieller Gegner des Duells,
Adam war ungeduldig geworden und aufge- ſprungen. Er hatte die Komödie mit dieſem dummen Jungen ſatt. Lächerlich! Im Nebenzimmer hörte er Hedwig haſtig, aufgeregt hin- und hergehen. Die Erwartung der Entſcheidung ihres Schickſals ſchien ſie mit immer wachſender nervöſer Unruhe zu er- füllen, je länger ſich dieſe Entſcheidung hinausſchob. In der nächſten halben Stunde ſtand er vor ihrem Vater und hatte mit dieſem eine ungleich ernſtere und wichtigere Auseinanderſetzung zu beſtehen. Was gingen ihn da dieſe Krautjunker an, die nichts An- deres zu thun zu haben ſchienen, als ſich in das er- bärmlichſte Zeug von der Welt, in den conventionellſten Phraſenſchnickſchnack feſtzubeißen? Eine Unver- ſchämtheit, ihr lächerliches Nichts hier vor ihm zu einer Haupt- und Staatsaktion aufzublähen!
„Die Forderung Herrn von Bodenburgs: alſo auf Piſtolen — fünfzehn Schritt Diſtance — zwei- maliger Kugelwechſel — mit Zielen —“
„So? Danke ſehr! Im Uebrigen alſo theilen Sie Herrn von Bodenburg nur gefälligſt mit, daß ich ſeine Forderung nicht annehme —“
„Nicht —?“
„Nein —!“
„Und darf ich fragen, aus welchem Grunde —?“
„Aus welchem Grunde? Hören Sie 'mal, lieber Herr —: ich wäre wohl kaum verpflichtet, Ihnen meine Gründe auseinanderzuſetzen. Es würde uns auch zu lange aufhalten, bin preſſirt. Ich ſage Ihnen nur, daß ich durchaus kein prinzipieller Gegner des Duells,
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Adam war ungeduldig geworden und aufge-
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Jungen ſatt. Lächerlich! Im Nebenzimmer hörte
er Hedwig haſtig, aufgeregt hin- und hergehen. Die
Erwartung der Entſcheidung ihres Schickſals ſchien
ſie mit immer wachſender nervöſer Unruhe zu er-
füllen, je länger ſich dieſe Entſcheidung hinausſchob.
In der nächſten halben Stunde ſtand er vor ihrem
Vater und hatte mit dieſem eine ungleich ernſtere
und wichtigere Auseinanderſetzung zu beſtehen. Was
gingen ihn da dieſe Krautjunker an, die nichts An-
deres zu thun zu haben ſchienen, als ſich in das er-
bärmlichſte Zeug von der Welt, in den conventionellſten
Phraſenſchnickſchnack feſtzubeißen? Eine Unver-
ſchämtheit, ihr lächerliches Nichts hier vor ihm zu
einer Haupt- und Staatsaktion aufzublähen!
„Die Forderung Herrn von Bodenburgs: alſo
auf Piſtolen — fünfzehn Schritt Diſtance — zwei-
maliger Kugelwechſel — mit Zielen —“
„So? Danke ſehr! Im Uebrigen alſo theilen
Sie Herrn von Bodenburg nur gefälligſt mit, daß
ich ſeine Forderung nicht annehme —“
„Nicht —?“
„Nein —!“
„Und darf ich fragen, aus welchem Grunde —?“
„Aus welchem Grunde? Hören Sie 'mal, lieber
Herr —: ich wäre wohl kaum verpflichtet, Ihnen meine
Gründe auseinanderzuſetzen. Es würde uns auch zu
lange aufhalten, bin preſſirt. Ich ſage Ihnen nur,
daß ich durchaus kein prinzipieller Gegner des Duells,
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/327>, abgerufen am 22.11.2024.
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