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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Soll ich Dir den Kaffee herüberbringen, mein
Lieb?"

Hedwig antwortete nicht. Adam benutzte ihr
Schweigen und ging auf kleinen, wohlberechneten
Umwegen in sein Arbeitszimmer zurück. Es war
ihm zwar zu Sinn, als ob er sich so etwas wie
"gedrückt" hätte. Aber da drinnen bei dem unglück-
lichen Weibe hatte er sich doch zu unbehaglich ge-
fühlt. Und er war schon so nervös heute.

Er goß sich eine Tasse Kaffee ein und trank
das Gebräu, das nur noch lauwarm war, in hastigen
Zügen hinter. Ein merkwürdiger Durst quälte den
Herrn Doctor schon zu dieser frühen Morgenstunde.
Und Adam vergegenwärtigte sich mit stiller Resig-
nation, in der er doch aber immerhin ein Wenig
zungenschnalzend schwelgte, welche Last er auf sich
genommen ... und er erinnerte sich, wie so ganz anders
er mit Emmy diese morgendliche Nachfeier genossen
hatte -- wie dieses schöne "Kind der Sünde" an den
letzten verklingenden Melodien einer dithyrambischen
Liebesnacht zu schlecken verstanden. Köstliche, unver-
geßliche Stunden! Und heute --?

Adam lag in der Sophaecke und kaute an einer
Virginia-Cigarette, die gar nicht schmecken wollte. Im
Schlafzimmer ging man auf und ab. Schritte schlürften,
Kleider raschelten, das Waschwasser plätscherte. Aber
Alles so langsam und eintönig, so störrisch-verglast,
so leblos-mechanisch. Adam besaß ein sehr feines Gehör.
Das war die Nuance der Trauer, der muthlosen Gleich-
gültigkeit. Ach! Und das wirkt so ansteckend ..

„Soll ich Dir den Kaffee herüberbringen, mein
Lieb?“

Hedwig antwortete nicht. Adam benutzte ihr
Schweigen und ging auf kleinen, wohlberechneten
Umwegen in ſein Arbeitszimmer zurück. Es war
ihm zwar zu Sinn, als ob er ſich ſo etwas wie
„gedrückt“ hätte. Aber da drinnen bei dem unglück-
lichen Weibe hatte er ſich doch zu unbehaglich ge-
fühlt. Und er war ſchon ſo nervös heute.

Er goß ſich eine Taſſe Kaffee ein und trank
das Gebräu, das nur noch lauwarm war, in haſtigen
Zügen hinter. Ein merkwürdiger Durſt quälte den
Herrn Doctor ſchon zu dieſer frühen Morgenſtunde.
Und Adam vergegenwärtigte ſich mit ſtiller Reſig-
nation, in der er doch aber immerhin ein Wenig
zungenſchnalzend ſchwelgte, welche Laſt er auf ſich
genommen ... und er erinnerte ſich, wie ſo ganz anders
er mit Emmy dieſe morgendliche Nachfeier genoſſen
hatte — wie dieſes ſchöne „Kind der Sünde“ an den
letzten verklingenden Melodien einer dithyrambiſchen
Liebesnacht zu ſchlecken verſtanden. Köſtliche, unver-
geßliche Stunden! Und heute —?

Adam lag in der Sophaecke und kaute an einer
Virginia-Cigarette, die gar nicht ſchmecken wollte. Im
Schlafzimmer ging man auf und ab. Schritte ſchlürften,
Kleider raſchelten, das Waſchwaſſer plätſcherte. Aber
Alles ſo langſam und eintönig, ſo ſtörriſch-verglaſt,
ſo leblos-mechaniſch. Adam beſaß ein ſehr feines Gehör.
Das war die Nuance der Trauer, der muthloſen Gleich-
gültigkeit. Ach! Und das wirkt ſo anſteckend ..

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[304/0312] „Soll ich Dir den Kaffee herüberbringen, mein Lieb?“ Hedwig antwortete nicht. Adam benutzte ihr Schweigen und ging auf kleinen, wohlberechneten Umwegen in ſein Arbeitszimmer zurück. Es war ihm zwar zu Sinn, als ob er ſich ſo etwas wie „gedrückt“ hätte. Aber da drinnen bei dem unglück- lichen Weibe hatte er ſich doch zu unbehaglich ge- fühlt. Und er war ſchon ſo nervös heute. Er goß ſich eine Taſſe Kaffee ein und trank das Gebräu, das nur noch lauwarm war, in haſtigen Zügen hinter. Ein merkwürdiger Durſt quälte den Herrn Doctor ſchon zu dieſer frühen Morgenſtunde. Und Adam vergegenwärtigte ſich mit ſtiller Reſig- nation, in der er doch aber immerhin ein Wenig zungenſchnalzend ſchwelgte, welche Laſt er auf ſich genommen ... und er erinnerte ſich, wie ſo ganz anders er mit Emmy dieſe morgendliche Nachfeier genoſſen hatte — wie dieſes ſchöne „Kind der Sünde“ an den letzten verklingenden Melodien einer dithyrambiſchen Liebesnacht zu ſchlecken verſtanden. Köſtliche, unver- geßliche Stunden! Und heute —? Adam lag in der Sophaecke und kaute an einer Virginia-Cigarette, die gar nicht ſchmecken wollte. Im Schlafzimmer ging man auf und ab. Schritte ſchlürften, Kleider raſchelten, das Waſchwaſſer plätſcherte. Aber Alles ſo langſam und eintönig, ſo ſtörriſch-verglaſt, ſo leblos-mechaniſch. Adam beſaß ein ſehr feines Gehör. Das war die Nuance der Trauer, der muthloſen Gleich- gültigkeit. Ach! Und das wirkt ſo anſteckend ..

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/312>, abgerufen am 25.11.2024.