Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

"Endlich!" rief Adam, tief aufathmend, aus
und warf die Schlüssel auf den Tisch. "Nun mach'
Dir's bequem, mein Lieb! Deine Kleider wirst Du
schon irgendwo unterbringen. Aber zunächst wollen
wir erst 'mal die Fenster hübsch zumachen .. und
der neugierigen Welt ein Schnippchen schlagen .."

Die Vorhänge waren zusammengezogen. Das
Morgenlicht, das schon recht deutlich und grenzen-
reißend im Zimmer gestanden, war wieder zu an-
heimelnder, welliger Dämmerung graugeronnen. Adam
warf einen Blick in den Spiegel. Seine Augen
waren glanzlos, sein Gesicht verquollen und un-
natürlich geröthet.

"Ja! Ja! das kommt von so 'was! ." spöttelte
er halblaut vor sich hin. Nun schloß er sein Cylinder-
Bureau auf und warf dabei einen Blick seitwärts
auf Hedwig.

"Aber, Kind! Willst Du denn da an der Thür
stehen bleiben? Gefällts Dir so wenig bei mir?
Es ist doch gar nicht so übel hier! Leg Deinen
Hut ab, bitte -- Du hast nun einmal A und B gesagt
-- jetzt mußt Du das ABC auch ganz hersagen --
davon hilft Dir weder Gott noch Teufel los!
Sieh' mich 'mal an, Hedwig! Na? Willst nicht?
Immer noch so ernst und traurig? -- Mein Lieb!"

Das hatte Adam in fast innigem Tone ge-
sprochen. Er war zu Hedwig hingetreten und be-
gann jetzt sehr discret, bescheiden und nicht unge-
wandt, der Dame seines Herzens allerlei kleine Zofen-
dienste zu liefern. Er nahm ihr den Hut ab, knöpfte ihr

„Endlich!“ rief Adam, tief aufathmend, aus
und warf die Schlüſſel auf den Tiſch. „Nun mach'
Dir's bequem, mein Lieb! Deine Kleider wirſt Du
ſchon irgendwo unterbringen. Aber zunächſt wollen
wir erſt 'mal die Fenſter hübſch zumachen .. und
der neugierigen Welt ein Schnippchen ſchlagen ..“

Die Vorhänge waren zuſammengezogen. Das
Morgenlicht, das ſchon recht deutlich und grenzen-
reißend im Zimmer geſtanden, war wieder zu an-
heimelnder, welliger Dämmerung graugeronnen. Adam
warf einen Blick in den Spiegel. Seine Augen
waren glanzlos, ſein Geſicht verquollen und un-
natürlich geröthet.

„Ja! Ja! das kommt von ſo 'was! .“ ſpöttelte
er halblaut vor ſich hin. Nun ſchloß er ſein Cylinder-
Bureau auf und warf dabei einen Blick ſeitwärts
auf Hedwig.

„Aber, Kind! Willſt Du denn da an der Thür
ſtehen bleiben? Gefällts Dir ſo wenig bei mir?
Es iſt doch gar nicht ſo übel hier! Leg Deinen
Hut ab, bitte — Du haſt nun einmal A und B geſagt
— jetzt mußt Du das ABC auch ganz herſagen —
davon hilft Dir weder Gott noch Teufel los!
Sieh' mich 'mal an, Hedwig! Na? Willſt nicht?
Immer noch ſo ernſt und traurig? — Mein Lieb!“

Das hatte Adam in faſt innigem Tone ge-
ſprochen. Er war zu Hedwig hingetreten und be-
gann jetzt ſehr discret, beſcheiden und nicht unge-
wandt, der Dame ſeines Herzens allerlei kleine Zofen-
dienſte zu liefern. Er nahm ihr den Hut ab, knöpfte ihr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0303" n="295"/>
        <p>&#x201E;Endlich!&#x201C; rief Adam, tief aufathmend, aus<lb/>
und warf die Schlü&#x017F;&#x017F;el auf den Ti&#x017F;ch. &#x201E;Nun mach'<lb/>
Dir's bequem, mein Lieb! Deine Kleider wir&#x017F;t Du<lb/>
&#x017F;chon irgendwo unterbringen. Aber zunäch&#x017F;t wollen<lb/>
wir er&#x017F;t 'mal die Fen&#x017F;ter hüb&#x017F;ch zumachen .. und<lb/>
der neugierigen Welt ein Schnippchen &#x017F;chlagen ..&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Vorhänge waren zu&#x017F;ammengezogen. Das<lb/>
Morgenlicht, das &#x017F;chon recht deutlich und grenzen-<lb/>
reißend im Zimmer ge&#x017F;tanden, war wieder zu an-<lb/>
heimelnder, welliger Dämmerung graugeronnen. Adam<lb/>
warf einen Blick in den Spiegel. Seine Augen<lb/>
waren glanzlos, &#x017F;ein Ge&#x017F;icht verquollen und un-<lb/>
natürlich geröthet.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja! Ja! das kommt von &#x017F;o 'was! .&#x201C; &#x017F;pöttelte<lb/>
er halblaut vor &#x017F;ich hin. Nun &#x017F;chloß er &#x017F;ein Cylinder-<lb/>
Bureau auf und warf dabei einen Blick &#x017F;eitwärts<lb/>
auf Hedwig.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber, Kind! Will&#x017F;t Du denn da an der Thür<lb/>
&#x017F;tehen bleiben? Gefällts Dir &#x017F;o wenig bei mir?<lb/>
Es i&#x017F;t doch gar nicht &#x017F;o übel hier! Leg Deinen<lb/>
Hut ab, bitte &#x2014; Du ha&#x017F;t nun einmal A und B ge&#x017F;agt<lb/>
&#x2014; jetzt mußt Du das ABC auch ganz her&#x017F;agen &#x2014;<lb/>
davon hilft Dir weder Gott noch Teufel los!<lb/>
Sieh' mich 'mal an, Hedwig! Na? Will&#x017F;t nicht?<lb/>
Immer noch &#x017F;o ern&#x017F;t und traurig? &#x2014; Mein Lieb!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Das hatte Adam in fa&#x017F;t innigem Tone ge-<lb/>
&#x017F;prochen. Er war zu Hedwig hingetreten und be-<lb/>
gann jetzt &#x017F;ehr discret, be&#x017F;cheiden und nicht unge-<lb/>
wandt, der Dame &#x017F;eines Herzens allerlei kleine Zofen-<lb/>
dien&#x017F;te zu liefern. Er nahm ihr den Hut ab, knöpfte ihr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0303] „Endlich!“ rief Adam, tief aufathmend, aus und warf die Schlüſſel auf den Tiſch. „Nun mach' Dir's bequem, mein Lieb! Deine Kleider wirſt Du ſchon irgendwo unterbringen. Aber zunächſt wollen wir erſt 'mal die Fenſter hübſch zumachen .. und der neugierigen Welt ein Schnippchen ſchlagen ..“ Die Vorhänge waren zuſammengezogen. Das Morgenlicht, das ſchon recht deutlich und grenzen- reißend im Zimmer geſtanden, war wieder zu an- heimelnder, welliger Dämmerung graugeronnen. Adam warf einen Blick in den Spiegel. Seine Augen waren glanzlos, ſein Geſicht verquollen und un- natürlich geröthet. „Ja! Ja! das kommt von ſo 'was! .“ ſpöttelte er halblaut vor ſich hin. Nun ſchloß er ſein Cylinder- Bureau auf und warf dabei einen Blick ſeitwärts auf Hedwig. „Aber, Kind! Willſt Du denn da an der Thür ſtehen bleiben? Gefällts Dir ſo wenig bei mir? Es iſt doch gar nicht ſo übel hier! Leg Deinen Hut ab, bitte — Du haſt nun einmal A und B geſagt — jetzt mußt Du das ABC auch ganz herſagen — davon hilft Dir weder Gott noch Teufel los! Sieh' mich 'mal an, Hedwig! Na? Willſt nicht? Immer noch ſo ernſt und traurig? — Mein Lieb!“ Das hatte Adam in faſt innigem Tone ge- ſprochen. Er war zu Hedwig hingetreten und be- gann jetzt ſehr discret, beſcheiden und nicht unge- wandt, der Dame ſeines Herzens allerlei kleine Zofen- dienſte zu liefern. Er nahm ihr den Hut ab, knöpfte ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/303
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/303>, abgerufen am 25.11.2024.