"Prost, Clemens!" versuchte Emmy sehr diplo- matisch zu trösten und abzulenken, dabei warf sie einen Blick auf Adam, als wollte sie sagen: "Siehst Du, so intim sind wir schon! Etsch!"
"Prost, Emmy!" kam Herr von Bodenburg nach und fuhr, als er das Glas wieder niedergesetzt, fort: "Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor --"
"Mein Gott, Herr Referendar -- Sie werden mir doch gestatten, Sie ein wenig zu bewundern! Und das thu' ich mit dem redlichsten Gemüthe von der Welt! Vorgestern -- es war doch vorgestern? -- ja! -- vorgestern also -- na! da noch durch die Brust geschossen -- ich meine: ohne weiter'n weiblichen Anhang -- und heute schon auf stolzen Rossen -- ich gratulire herzlichst --"
Emmy wurde unruhig und sah Adam an, wie drohend und zugleich gütlich abrathend, in diesem Stile fortzufahren.
Der Herr Doctor lächelte.
"Verzeihen Sie, mein Herr -- so viel ich sehe, befinden Sie sich doch selbst in Damengesellschaft -- wenn ich nicht irre, ist Ihre Begleiterin die Dame, die wir öfter im Cafe Caesar --"
"Sie haben ganz richtig gesehen, Herr Referendar. aber das hindert doch nicht -- ich meine: wenn ich auch momentan versehen bin -- Sie werden doch nicht glauben, daß ich so verzweifelt einseitig sei, um -- nun! -- nun! -- ich versichere Sie, mein Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch für ... wie soll ich sagen? -- für verflossene Lieb-
„Proſt, Clemens!“ verſuchte Emmy ſehr diplo- matiſch zu tröſten und abzulenken, dabei warf ſie einen Blick auf Adam, als wollte ſie ſagen: „Siehſt Du, ſo intim ſind wir ſchon! Etſch!“
„Proſt, Emmy!“ kam Herr von Bodenburg nach und fuhr, als er das Glas wieder niedergeſetzt, fort: „Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor —“
„Mein Gott, Herr Referendar — Sie werden mir doch geſtatten, Sie ein wenig zu bewundern! Und das thu' ich mit dem redlichſten Gemüthe von der Welt! Vorgeſtern — es war doch vorgeſtern? — ja! — vorgeſtern alſo — na! da noch durch die Bruſt geſchoſſen — ich meine: ohne weiter'n weiblichen Anhang — und heute ſchon auf ſtolzen Roſſen — ich gratulire herzlichſt —“
Emmy wurde unruhig und ſah Adam an, wie drohend und zugleich gütlich abrathend, in dieſem Stile fortzufahren.
Der Herr Doctor lächelte.
„Verzeihen Sie, mein Herr — ſo viel ich ſehe, befinden Sie ſich doch ſelbſt in Damengeſellſchaft — wenn ich nicht irre, iſt Ihre Begleiterin die Dame, die wir öfter im Café Caeſar —“
„Sie haben ganz richtig geſehen, Herr Referendar. aber das hindert doch nicht — ich meine: wenn ich auch momentan verſehen bin — Sie werden doch nicht glauben, daß ich ſo verzweifelt einſeitig ſei, um — nun! — nun! — ich verſichere Sie, mein Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch für ... wie ſoll ich ſagen? — für verfloſſene Lieb-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0288"n="280"/><p>„Proſt, Clemens!“ verſuchte Emmy ſehr diplo-<lb/>
matiſch zu tröſten und abzulenken, dabei warf ſie<lb/>
einen Blick auf Adam, als wollte ſie ſagen: „Siehſt<lb/>
Du, ſo intim ſind wir ſchon! Etſch!“</p><lb/><p>„Proſt, Emmy!“ kam Herr von Bodenburg nach<lb/>
und fuhr, als er das Glas wieder niedergeſetzt,<lb/>
fort: „Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor —“</p><lb/><p>„Mein Gott, Herr Referendar — Sie werden<lb/>
mir doch geſtatten, Sie ein wenig zu bewundern!<lb/>
Und das thu' ich mit dem redlichſten Gemüthe von<lb/>
der Welt! Vorgeſtern — es war doch vorgeſtern?<lb/>— ja! — vorgeſtern alſo — na! da noch durch<lb/>
die Bruſt geſchoſſen — ich meine: ohne weiter'n<lb/>
weiblichen Anhang — und heute ſchon auf ſtolzen<lb/>
Roſſen — ich gratulire herzlichſt —“</p><lb/><p>Emmy wurde unruhig und ſah Adam an, wie<lb/>
drohend und zugleich gütlich abrathend, in dieſem<lb/>
Stile fortzufahren.</p><lb/><p>Der Herr Doctor lächelte.</p><lb/><p>„Verzeihen Sie, mein Herr —ſo viel ich ſehe,<lb/>
befinden Sie ſich doch ſelbſt in Damengeſellſchaft<lb/>— wenn ich nicht irre, iſt Ihre Begleiterin die<lb/>
Dame, die wir öfter im Caf<hirendition="#aq">é</hi> Caeſar —“</p><lb/><p>„Sie haben ganz richtig geſehen, Herr Referendar.<lb/>
aber das hindert doch nicht — ich meine: wenn ich<lb/>
auch momentan verſehen bin — Sie werden doch<lb/>
nicht glauben, daß ich ſo verzweifelt einſeitig ſei,<lb/>
um — nun! — nun! — ich verſichere Sie, mein<lb/>
Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch<lb/>
für ... wie ſoll ich ſagen? — für verfloſſene Lieb-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[280/0288]
„Proſt, Clemens!“ verſuchte Emmy ſehr diplo-
matiſch zu tröſten und abzulenken, dabei warf ſie
einen Blick auf Adam, als wollte ſie ſagen: „Siehſt
Du, ſo intim ſind wir ſchon! Etſch!“
„Proſt, Emmy!“ kam Herr von Bodenburg nach
und fuhr, als er das Glas wieder niedergeſetzt,
fort: „Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor —“
„Mein Gott, Herr Referendar — Sie werden
mir doch geſtatten, Sie ein wenig zu bewundern!
Und das thu' ich mit dem redlichſten Gemüthe von
der Welt! Vorgeſtern — es war doch vorgeſtern?
— ja! — vorgeſtern alſo — na! da noch durch
die Bruſt geſchoſſen — ich meine: ohne weiter'n
weiblichen Anhang — und heute ſchon auf ſtolzen
Roſſen — ich gratulire herzlichſt —“
Emmy wurde unruhig und ſah Adam an, wie
drohend und zugleich gütlich abrathend, in dieſem
Stile fortzufahren.
Der Herr Doctor lächelte.
„Verzeihen Sie, mein Herr — ſo viel ich ſehe,
befinden Sie ſich doch ſelbſt in Damengeſellſchaft
— wenn ich nicht irre, iſt Ihre Begleiterin die
Dame, die wir öfter im Café Caeſar —“
„Sie haben ganz richtig geſehen, Herr Referendar.
aber das hindert doch nicht — ich meine: wenn ich
auch momentan verſehen bin — Sie werden doch
nicht glauben, daß ich ſo verzweifelt einſeitig ſei,
um — nun! — nun! — ich verſichere Sie, mein
Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch
für ... wie ſoll ich ſagen? — für verfloſſene Lieb-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/288>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.