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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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bei sich hat -- die gehören nun einmal zum Besuchs-
inventar derartiger Lokäler ..."

Nach einer kleinen Pause ließ sich Hedwig leise
vernehmen, und ihre Stimme hatte den Tonfall des
Vorwurfes, der Anklage: "Und da willst Du jetzt
mich hinführen, Adam, wo Du wohl schon öfter
mit -- mancher anderen Dame gewesen bist --?"

"Aber Hedwig! Du bekommst Rückfälle! Die
Sache ist doch einfach die -- wir geben doch weiß
Gott! kein ganz gewöhnliches, kein ganz communes
Verhältniß zusammen ab! Du weißt ja: ich habe
die ehrlichsten Absichten von der Welt Dir gegen-
über! Ob da nun aber so 'n paar Menschen ange-
tanzt kommen und uns mit demselben niedrigen
Maß messen, das sie bei sich selber anzulegen ge-
wohnt sind -- mein Gott, das kann uns doch
furchtbar gleichgültig sein! Daß Du an innerem
Werth verlörest, wenn Du Dich an einen Tisch mit
Menschen setz'st, welche so etwas wie -- meinetwegen!
wie: ,stigmatisirt', ,gebrandmarkt', die ausgestoßen
sind von der "Gesellschaft" -- das glaubst Du doch
selber nicht, Hedwig! Ich hätte übrigens nicht ge-
dacht, daß in der Praxis das Nachwirken von An-
schauungen, die Du intellektuell, theoretisch, längst
zum alten Eisen geworfen hast -- nicht wahr das
hast Du doch gethan? -- daß dieses Nachwirken
noch so intensiv bei Dir wäre! Es geht ja mir zum
Theil auch noch so -- gewiß! Aber darum gerade ärgert
mich diese Inconsequenz, ärgert mich dieser Zwiespalt
doppelt -- bei mir -- und leider auch bei Anderen .."

bei ſich hat — die gehören nun einmal zum Beſuchs-
inventar derartiger Lokäler ...“

Nach einer kleinen Pauſe ließ ſich Hedwig leiſe
vernehmen, und ihre Stimme hatte den Tonfall des
Vorwurfes, der Anklage: „Und da willſt Du jetzt
mich hinführen, Adam, wo Du wohl ſchon öfter
mit — mancher anderen Dame geweſen biſt —?“

„Aber Hedwig! Du bekommſt Rückfälle! Die
Sache iſt doch einfach die — wir geben doch weiß
Gott! kein ganz gewöhnliches, kein ganz communes
Verhältniß zuſammen ab! Du weißt ja: ich habe
die ehrlichſten Abſichten von der Welt Dir gegen-
über! Ob da nun aber ſo 'n paar Menſchen ange-
tanzt kommen und uns mit demſelben niedrigen
Maß meſſen, das ſie bei ſich ſelber anzulegen ge-
wohnt ſind — mein Gott, das kann uns doch
furchtbar gleichgültig ſein! Daß Du an innerem
Werth verlöreſt, wenn Du Dich an einen Tiſch mit
Menſchen ſetz'ſt, welche ſo etwas wie — meinetwegen!
wie: ‚ſtigmatiſirt‘, ‚gebrandmarkt‘, die ausgeſtoßen
ſind von der „Geſellſchaft“ — das glaubſt Du doch
ſelber nicht, Hedwig! Ich hätte übrigens nicht ge-
dacht, daß in der Praxis das Nachwirken von An-
ſchauungen, die Du intellektuell, theoretiſch, längſt
zum alten Eiſen geworfen haſt — nicht wahr das
haſt Du doch gethan? — daß dieſes Nachwirken
noch ſo intenſiv bei Dir wäre! Es geht ja mir zum
Theil auch noch ſo — gewiß! Aber darum gerade ärgert
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[258/0266] bei ſich hat — die gehören nun einmal zum Beſuchs- inventar derartiger Lokäler ...“ Nach einer kleinen Pauſe ließ ſich Hedwig leiſe vernehmen, und ihre Stimme hatte den Tonfall des Vorwurfes, der Anklage: „Und da willſt Du jetzt mich hinführen, Adam, wo Du wohl ſchon öfter mit — mancher anderen Dame geweſen biſt —?“ „Aber Hedwig! Du bekommſt Rückfälle! Die Sache iſt doch einfach die — wir geben doch weiß Gott! kein ganz gewöhnliches, kein ganz communes Verhältniß zuſammen ab! Du weißt ja: ich habe die ehrlichſten Abſichten von der Welt Dir gegen- über! Ob da nun aber ſo 'n paar Menſchen ange- tanzt kommen und uns mit demſelben niedrigen Maß meſſen, das ſie bei ſich ſelber anzulegen ge- wohnt ſind — mein Gott, das kann uns doch furchtbar gleichgültig ſein! Daß Du an innerem Werth verlöreſt, wenn Du Dich an einen Tiſch mit Menſchen ſetz'ſt, welche ſo etwas wie — meinetwegen! wie: ‚ſtigmatiſirt‘, ‚gebrandmarkt‘, die ausgeſtoßen ſind von der „Geſellſchaft“ — das glaubſt Du doch ſelber nicht, Hedwig! Ich hätte übrigens nicht ge- dacht, daß in der Praxis das Nachwirken von An- ſchauungen, die Du intellektuell, theoretiſch, längſt zum alten Eiſen geworfen haſt — nicht wahr das haſt Du doch gethan? — daß dieſes Nachwirken noch ſo intenſiv bei Dir wäre! Es geht ja mir zum Theil auch noch ſo — gewiß! Aber darum gerade ärgert mich dieſe Inconſequenz, ärgert mich dieſer Zwieſpalt doppelt — bei mir — und leider auch bei Anderen ..“

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/266>, abgerufen am 25.11.2024.