Adam trat auf seine Braut zu. "So gefällst Du mir, Kind! Das ist doch Leidenschaft, Verve, Temperament! Das ist doch Muth --!"
"Wo habe ich nur meine Handschuh' --?"
"Ach was -- Handschuhe! Heute Abend, Hed- wig -- ich bitte Dich!"
"Willst Du die Lampe ausdrehen --?"
"Wenn Du fertig bist --"
"Und recht leise, Adam -- ja --? Tritt recht leise auf, damit Papa Nichts hört! Es wäre ent- setzlich, wenn er -- --" Hedwigs Stimme ging doch wieder etwas heiser und stockend, stolpernd, sie fieberte gleichsam.
Adam ließ einen halbfertigen Seufzer fahren. Es war ihm gar nicht behaglich zu Sinn. Seine arme, unvorsichtig hingeopferte Freiheit! Das kleine Wesen that ihm sehr leid. --
Die Treppenstufen knarrten und knackten recht impertinent. Adam tappte und tastete sich unbe- holfen vorwärts. Er wurde ärgerlich. Nun blieb er stehen, suchte nach seinem Feuerzeuge und ließ ein Streichholz aufflammen.
"Um Gotteswillen! -- lösch aus -- schnell!" fiel Hedwig ... wie zum Tode erschrocken ... ein.
"Na aber -- das ist doch --" knurrte der ge- maßregelte Herr Doctor. Und neues Dunkel war um die Beiden zusammengeronnen. Sie standen auf einem Treppenabsatze.
"Nimm Dich in Acht, Adam -- falle nicht! -- es ist hier etwas steil --"
Adam trat auf ſeine Braut zu. „So gefällſt Du mir, Kind! Das iſt doch Leidenſchaft, Verve, Temperament! Das iſt doch Muth —!“
„Wo habe ich nur meine Handſchuh' —?“
„Ach was — Handſchuhe! Heute Abend, Hed- wig — ich bitte Dich!“
„Willſt Du die Lampe ausdrehen —?“
„Wenn Du fertig biſt —“
„Und recht leiſe, Adam — ja —? Tritt recht leiſe auf, damit Papa Nichts hört! Es wäre ent- ſetzlich, wenn er — —“ Hedwigs Stimme ging doch wieder etwas heiſer und ſtockend, ſtolpernd, ſie fieberte gleichſam.
Adam ließ einen halbfertigen Seufzer fahren. Es war ihm gar nicht behaglich zu Sinn. Seine arme, unvorſichtig hingeopferte Freiheit! Das kleine Weſen that ihm ſehr leid. —
Die Treppenſtufen knarrten und knackten recht impertinent. Adam tappte und taſtete ſich unbe- holfen vorwärts. Er wurde ärgerlich. Nun blieb er ſtehen, ſuchte nach ſeinem Feuerzeuge und ließ ein Streichholz aufflammen.
„Um Gotteswillen! — löſch aus — ſchnell!“ fiel Hedwig ... wie zum Tode erſchrocken ... ein.
„Na aber — das iſt doch —“ knurrte der ge- maßregelte Herr Doctor. Und neues Dunkel war um die Beiden zuſammengeronnen. Sie ſtanden auf einem Treppenabſatze.
„Nimm Dich in Acht, Adam — falle nicht! — es iſt hier etwas ſteil —“
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Adam trat auf ſeine Braut zu. „So gefällſt
Du mir, Kind! Das iſt doch Leidenſchaft, Verve,
Temperament! Das iſt doch Muth —!“
„Wo habe ich nur meine Handſchuh' —?“
„Ach was — Handſchuhe! Heute Abend, Hed-
wig — ich bitte Dich!“
„Willſt Du die Lampe ausdrehen —?“
„Wenn Du fertig biſt —“
„Und recht leiſe, Adam — ja —? Tritt recht
leiſe auf, damit Papa Nichts hört! Es wäre ent-
ſetzlich, wenn er — —“ Hedwigs Stimme ging
doch wieder etwas heiſer und ſtockend, ſtolpernd, ſie
fieberte gleichſam.
Adam ließ einen halbfertigen Seufzer fahren.
Es war ihm gar nicht behaglich zu Sinn. Seine
arme, unvorſichtig hingeopferte Freiheit! Das kleine
Weſen that ihm ſehr leid. —
Die Treppenſtufen knarrten und knackten recht
impertinent. Adam tappte und taſtete ſich unbe-
holfen vorwärts. Er wurde ärgerlich. Nun blieb
er ſtehen, ſuchte nach ſeinem Feuerzeuge und ließ
ein Streichholz aufflammen.
„Um Gotteswillen! — löſch aus — ſchnell!“
fiel Hedwig ... wie zum Tode erſchrocken ... ein.
„Na aber — das iſt doch —“ knurrte der ge-
maßregelte Herr Doctor. Und neues Dunkel war
um die Beiden zuſammengeronnen. Sie ſtanden auf
einem Treppenabſatze.
„Nimm Dich in Acht, Adam — falle nicht! —
es iſt hier etwas ſteil —“
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/264>, abgerufen am 25.11.2024.
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