tragen -- ich -- ich -- -- hier hast Du mich -- ich kann Dich jetzt noch nicht lassen -- noch nicht -- Alles empört sich in mir gegen diesen Zwang -- die Jahre der Entsagung, der Erstarrung --: eine einzige Viertelstunde des Glücks soll sie ver- gessen machen -- eine einzige, winz'ge Viertel- stunde -- -- ich bin von Sinnen, Adam -- -- komm! -- komm! -- oder -- -- nein! -- nein! -- das nicht -- das doch nicht -- doch nicht -- -- aber -- aber -- warte! ich gehe mit Dir -- ich komme mit -- ich muß -- ich muß -- mag werden was will -- --"
Adam war von diesem elementaren Leidenschafts- ausbruche der "Dame seines Herzens" ... von diesem Ausbruche, in dem sich eine tolle Hingebungs- wuth, trunkenes Entzücken und eine fanatische Ver- zweiflung zugleich durchrangen ... mehr betroffen, als erfreut. Er hatte sich mit dem Gedanken, allein zu gehen, schon halb und halb vertraut gemacht. Ja! Er hatte sich seiner Freiheit eigentlich schon gefreut ... und allerhand Erwartungen daran ge- knüpft. Gewiß! Der Abend war ja noch ganz interessant geworden. Aber die letzten Scenen, die er soeben durchlebt, legten Adam doch allerlei Ver- pflichtungen für die Zukunft auf -- Verpflichtungen, die anzuerkennen, er sich im Grunde schon sträubte -- und die erfüllen zu wollen, es ihn doch merk- würdig reizte.
Hedwig war nach dem Flurraume gestürzt. Nun stand sie im Rahmen der offenen Thür, knöpfte ihr Jaquet zu und setzte ihren Hut auf.
tragen — ich — ich — — hier haſt Du mich — ich kann Dich jetzt noch nicht laſſen — noch nicht — Alles empört ſich in mir gegen dieſen Zwang — die Jahre der Entſagung, der Erſtarrung —: eine einzige Viertelſtunde des Glücks ſoll ſie ver- geſſen machen — eine einzige, winz'ge Viertel- ſtunde — — ich bin von Sinnen, Adam — — komm! — komm! — oder — — nein! — nein! — das nicht — das doch nicht — doch nicht — — aber — aber — warte! ich gehe mit Dir — ich komme mit — ich muß — ich muß — mag werden was will — —“
Adam war von dieſem elementaren Leidenſchafts- ausbruche der „Dame ſeines Herzens“ ... von dieſem Ausbruche, in dem ſich eine tolle Hingebungs- wuth, trunkenes Entzücken und eine fanatiſche Ver- zweiflung zugleich durchrangen ... mehr betroffen, als erfreut. Er hatte ſich mit dem Gedanken, allein zu gehen, ſchon halb und halb vertraut gemacht. Ja! Er hatte ſich ſeiner Freiheit eigentlich ſchon gefreut ... und allerhand Erwartungen daran ge- knüpft. Gewiß! Der Abend war ja noch ganz intereſſant geworden. Aber die letzten Scenen, die er ſoeben durchlebt, legten Adam doch allerlei Ver- pflichtungen für die Zukunft auf — Verpflichtungen, die anzuerkennen, er ſich im Grunde ſchon ſträubte — und die erfüllen zu wollen, es ihn doch merk- würdig reizte.
Hedwig war nach dem Flurraume geſtürzt. Nun ſtand ſie im Rahmen der offenen Thür, knöpfte ihr Jaquet zu und ſetzte ihren Hut auf.
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tragen — ich — ich — — hier haſt Du mich —
ich kann Dich jetzt noch nicht laſſen — noch nicht
— Alles empört ſich in mir gegen dieſen Zwang
— die Jahre der Entſagung, der Erſtarrung —:
eine einzige Viertelſtunde des Glücks ſoll ſie ver-
geſſen machen — eine einzige, winz'ge Viertel-
ſtunde — — ich bin von Sinnen, Adam — —
komm! — komm! — oder — — nein! — nein! —
das nicht — das doch nicht — doch nicht — — aber
— aber — warte! ich gehe mit Dir — ich komme mit
— ich muß — ich muß — mag werden was will — —“
Adam war von dieſem elementaren Leidenſchafts-
ausbruche der „Dame ſeines Herzens“ ... von
dieſem Ausbruche, in dem ſich eine tolle Hingebungs-
wuth, trunkenes Entzücken und eine fanatiſche Ver-
zweiflung zugleich durchrangen ... mehr betroffen,
als erfreut. Er hatte ſich mit dem Gedanken, allein
zu gehen, ſchon halb und halb vertraut gemacht.
Ja! Er hatte ſich ſeiner Freiheit eigentlich ſchon
gefreut ... und allerhand Erwartungen daran ge-
knüpft. Gewiß! Der Abend war ja noch ganz
intereſſant geworden. Aber die letzten Scenen, die
er ſoeben durchlebt, legten Adam doch allerlei Ver-
pflichtungen für die Zukunft auf — Verpflichtungen,
die anzuerkennen, er ſich im Grunde ſchon ſträubte
— und die erfüllen zu wollen, es ihn doch merk-
würdig reizte.
Hedwig war nach dem Flurraume geſtürzt. Nun
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/263>, abgerufen am 25.11.2024.
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