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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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andrerseits auch wiederum das Leben in allen
seinen Aeußerungen bunter und reizvoller stimmt.
Leider giebt es Naturen, welche das Bewußtsein,
daß Alles in der Welt nur successiv und Nichts
simultan geschieht, einfach wahnsinnig machen kann.
Vielleicht gehöre ich zu diesen Naturen. Man hat
sich für ein Moment entscheiden müssen -- man
nimmt es heraus -- tausend andere drängen nach
-- die nächsten hat man schon in's Auge gefaßt --
das erste ist bewältigt -- man will zum zweiten,
das Einem schon entgegenblitzt, greifen -- und trifft
auf ein ganz fremdes --: die Kombination ist unter-
weilen eben eine völlig andere geworden. Das ist
Tragik
. Es läßt sich nichts in der Welt ganz
erfassen -- nichts erschöpfen ..."

Eine kleine Pause entstand. Hedwig lehnte am
Tische und nestelte gedankenversponnen an ihrem
Garnknäuel herum. Auch Adam war an den Tisch
getreten. Er sah dem Spiel ihrer weißen Finger
zu. Bunte Gedanken flogen durch seine Brust.

Und ein bezwingendes Träumen kam über ihn ...
ein bezwingendes Träumen, das doch zugleich ein
helles und klares Wachen war. Und es ergriff
ihn, zu diesem Weibe zwanglos von dem zu reden,
was ihn erfüllte ... zwanglos, so wie es in ihm
aufstieg und von ihm sich löste. Närrisch dünkten
ihn die Schranken, die sich die Menschen zwischen
einander aufbauen. Mit einem leisen Fingerdruck
stieß er sie nieder. Und er sprach zu dem Weibe,
das neben ihm stand --:

andrerſeits auch wiederum das Leben in allen
ſeinen Aeußerungen bunter und reizvoller ſtimmt.
Leider giebt es Naturen, welche das Bewußtſein,
daß Alles in der Welt nur ſucceſſiv und Nichts
ſimultan geſchieht, einfach wahnſinnig machen kann.
Vielleicht gehöre ich zu dieſen Naturen. Man hat
ſich für ein Moment entſcheiden müſſen — man
nimmt es heraus — tauſend andere drängen nach
— die nächſten hat man ſchon in's Auge gefaßt —
das erſte iſt bewältigt — man will zum zweiten,
das Einem ſchon entgegenblitzt, greifen — und trifft
auf ein ganz fremdes —: die Kombination iſt unter-
weilen eben eine völlig andere geworden. Das iſt
Tragik
. Es läßt ſich nichts in der Welt ganz
erfaſſen — nichts erſchöpfen ...“

Eine kleine Pauſe entſtand. Hedwig lehnte am
Tiſche und neſtelte gedankenverſponnen an ihrem
Garnknäuel herum. Auch Adam war an den Tiſch
getreten. Er ſah dem Spiel ihrer weißen Finger
zu. Bunte Gedanken flogen durch ſeine Bruſt.

Und ein bezwingendes Träumen kam über ihn ...
ein bezwingendes Träumen, das doch zugleich ein
helles und klares Wachen war. Und es ergriff
ihn, zu dieſem Weibe zwanglos von dem zu reden,
was ihn erfüllte ... zwanglos, ſo wie es in ihm
aufſtieg und von ihm ſich löſte. Närriſch dünkten
ihn die Schranken, die ſich die Menſchen zwiſchen
einander aufbauen. Mit einem leiſen Fingerdruck
ſtieß er ſie nieder. Und er ſprach zu dem Weibe,
das neben ihm ſtand —:

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[230/0238] andrerſeits auch wiederum das Leben in allen ſeinen Aeußerungen bunter und reizvoller ſtimmt. Leider giebt es Naturen, welche das Bewußtſein, daß Alles in der Welt nur ſucceſſiv und Nichts ſimultan geſchieht, einfach wahnſinnig machen kann. Vielleicht gehöre ich zu dieſen Naturen. Man hat ſich für ein Moment entſcheiden müſſen — man nimmt es heraus — tauſend andere drängen nach — die nächſten hat man ſchon in's Auge gefaßt — das erſte iſt bewältigt — man will zum zweiten, das Einem ſchon entgegenblitzt, greifen — und trifft auf ein ganz fremdes —: die Kombination iſt unter- weilen eben eine völlig andere geworden. Das iſt Tragik. Es läßt ſich nichts in der Welt ganz erfaſſen — nichts erſchöpfen ...“ Eine kleine Pauſe entſtand. Hedwig lehnte am Tiſche und neſtelte gedankenverſponnen an ihrem Garnknäuel herum. Auch Adam war an den Tiſch getreten. Er ſah dem Spiel ihrer weißen Finger zu. Bunte Gedanken flogen durch ſeine Bruſt. Und ein bezwingendes Träumen kam über ihn ... ein bezwingendes Träumen, das doch zugleich ein helles und klares Wachen war. Und es ergriff ihn, zu dieſem Weibe zwanglos von dem zu reden, was ihn erfüllte ... zwanglos, ſo wie es in ihm aufſtieg und von ihm ſich löſte. Närriſch dünkten ihn die Schranken, die ſich die Menſchen zwiſchen einander aufbauen. Mit einem leiſen Fingerdruck ſtieß er ſie nieder. Und er ſprach zu dem Weibe, das neben ihm ſtand —:

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/238>, abgerufen am 26.11.2024.