Ge[s]chäft versuchte wieder einen kleinen Lebensauf- schwung. Dafür war denn die Meisterin dankbar gewesen .. und hatte in einer Stunde der Freude, Hoffnung und Seelenschwäche dem drängenden Ge- sell[e]n ihre Hand zugesagt. Die Hochzeit war auch ein[e]s Tages still, glanzlos, verschämt gefeiert -- un[d] Herr Salge somit Meister und Besitzer einer Bäc[k]erei geworden, die ihm, dem bisher ar- me[n] Burschen, doch immerhin eine gewisse Würde gab und ein bewußteres Auftreten gestattete. Ueber- die[s] war ja die Meisterin todtkrank .. ihr Lichtlein bre[n]zelte, zuckte und knarrte schon leise .. lange kon[n]te es nicht mehr brennen .. Eines Tages er- losc[h] es denn auch, und Herr Salge, der wacker ge- arbe[i]tet hatte und dem es auch gelungen war, seine Wa[a]re wieder mehr zu Ehre und Ansehen zu brin- gen, heirathete seine Dienstmagd, mit der er sich scho[n] vorher eingelassen hatte, und die sich eine nicht gan[z] kümmrige Summe aus ihren früheren Dienst- schaf[t]en zusammengespart. Die Stiefkinder kamen natü[r]lich früh aus dem Hause. Die Mädchen mußten sich mach ihrer Einsegnung bald nach auswärts ver- ding[e]n, Gustav wurde zum Nachbar Schlächter in die [L]ehre gethan: er konnte ja vielleicht dasselbe Glüc[k] haben, wie sein Stiefvater. Adams nahm sich als d[i]e Zeit dazu gekommen war, einer seiner Lehrer an [u]nd verschaffte ihm einen Platz im Gymnasial- Alu[m]nat der nächsten größeren Provinzialstadt: in dem [J]ungen schien etwas Mehr zu stecken, als in seinen Gesc[h]wistern .. und des Experiments, das noth-
Ge[ſ]chäft verſuchte wieder einen kleinen Lebensauf- ſchwung. Dafür war denn die Meiſterin dankbar geweſen .. und hatte in einer Stunde der Freude, Hoffnung und Seelenſchwäche dem drängenden Ge- ſell[e]n ihre Hand zugeſagt. Die Hochzeit war auch ein[e]s Tages ſtill, glanzlos, verſchämt gefeiert — un[d] Herr Salge ſomit Meiſter und Beſitzer einer Bäc[k]erei geworden, die ihm, dem bisher ar- me[n] Burſchen, doch immerhin eine gewiſſe Würde gab und ein bewußteres Auftreten geſtattete. Ueber- die[s] war ja die Meiſterin todtkrank .. ihr Lichtlein bre[n]zelte, zuckte und knarrte ſchon leiſe .. lange kon[n]te es nicht mehr brennen .. Eines Tages er- loſc[h] es denn auch, und Herr Salge, der wacker ge- arbe[i]tet hatte und dem es auch gelungen war, ſeine Wa[a]re wieder mehr zu Ehre und Anſehen zu brin- gen, heirathete ſeine Dienſtmagd, mit der er ſich ſcho[n] vorher eingelaſſen hatte, und die ſich eine nicht gan[z] kümmrige Summe aus ihren früheren Dienſt- ſchaf[t]en zuſammengeſpart. Die Stiefkinder kamen natü[r]lich früh aus dem Hauſe. Die Mädchen mußten ſich mach ihrer Einſegnung bald nach auswärts ver- ding[e]n, Guſtav wurde zum Nachbar Schlächter in die [L]ehre gethan: er konnte ja vielleicht daſſelbe Glüc[k] haben, wie ſein Stiefvater. Adams nahm ſich als d[i]e Zeit dazu gekommen war, einer ſeiner Lehrer an [u]nd verſchaffte ihm einen Platz im Gymnaſial- Alu[m]nat der nächſten größeren Provinzialſtadt: in dem [J]ungen ſchien etwas Mehr zu ſtecken, als in ſeinen Geſc[h]wiſtern .. und des Experiments, das noth-
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Geſchäft verſuchte wieder einen kleinen Lebensauf-
ſchwung. Dafür war denn die Meiſterin dankbar
geweſen .. und hatte in einer Stunde der Freude,
Hoffnung und Seelenſchwäche dem drängenden Ge-
ſellen ihre Hand zugeſagt. Die Hochzeit war auch
eines Tages ſtill, glanzlos, verſchämt gefeiert —
und Herr Salge ſomit Meiſter und Beſitzer einer
Bäckerei geworden, die ihm, dem bisher ar-
men Burſchen, doch immerhin eine gewiſſe Würde
gab und ein bewußteres Auftreten geſtattete. Ueber-
dies war ja die Meiſterin todtkrank .. ihr Lichtlein
brenzelte, zuckte und knarrte ſchon leiſe .. lange
konnte es nicht mehr brennen .. Eines Tages er-
loſch es denn auch, und Herr Salge, der wacker ge-
arbeitet hatte und dem es auch gelungen war, ſeine
Waare wieder mehr zu Ehre und Anſehen zu brin-
gen, heirathete ſeine Dienſtmagd, mit der er ſich
ſchon vorher eingelaſſen hatte, und die ſich eine nicht
ganz kümmrige Summe aus ihren früheren Dienſt-
ſchaften zuſammengeſpart. Die Stiefkinder kamen
natürlich früh aus dem Hauſe. Die Mädchen mußten
ſich mach ihrer Einſegnung bald nach auswärts ver-
dingen, Guſtav wurde zum Nachbar Schlächter in
die Lehre gethan: er konnte ja vielleicht daſſelbe
Glück haben, wie ſein Stiefvater. Adams nahm ſich
als die Zeit dazu gekommen war, einer ſeiner Lehrer
an und verſchaffte ihm einen Platz im Gymnaſial-
Alumnat der nächſten größeren Provinzialſtadt: in
dem Jungen ſchien etwas Mehr zu ſtecken, als in ſeinen
Geſchwiſtern .. und des Experiments, das noth-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/21>, abgerufen am 25.11.2024.
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